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20 Jahre „Gute Aussichten“ / 20 years of “Good Prospects”

2019 sind mir die “Guten Aussichten” zum ersten Mal begegnet. Bei einem Abstecher vor oder nach dem Familienweihnachten in die Deichtorhallen. Viel ist davon nicht mehr übrig. Ich kann mich an das labberige Begleitheft erinnern, das sich mir nicht sogleich erschließen wollte, aber das waren ja junge Leute und Künstler, die dürfen sowas. Insofern konnte ich auch bei unserem Besuch in der Städtischen Galerie Karlsruhe, wo der zwanzigste Jahrgang „Gute Aussichten 2023-24“ mitsamt einer Retrospektive über die ganzen 20 Jahre gezeigt wird, nicht anhand der Bilder rausfinden in welchem Jahr ich die Ausstellung in Hamburg gesehen hatte.

So eine Retrospektive ist eine schwierige Angelegenheit. Meinen Begleitern H&M wollte sich der Sinn einer Zusammenstellung von Einzelbildern mit Titel und Namen des Autors nicht so richtig erschließen. Zumal die Arbeiten alle ursprünglich als Serie gezeigt worden waren. Außerdem waren die Bilder dieser Ausstellung auch von relativ kleinem Format. Alles verständlich, wenn man 20 Jahre sozusagen am Stück zeigen möchte.

Ich habe mir ein Spiel daraus gemacht und nach inzwischen erfolgreichen Photo-Künstler:innen gesucht, die seinerzeit schon in der Jugenddisziplin in der Auswahl waren. Gefunden habe ich zweifelsfrei Alwin Lay (2013-14) den wir in Eberdingen-Nussdorf  gesehen haben und Andrea Grützner (2014-15) deren „Erbgericht“ ich aus den Fotonews kenne und deren gleichnamiges Buch ich mir schon mal fast gekauft hätte, weil sie wirklich neue Wege des Ausdrucks gefunden hat. Bekannte Namen sind auch Philip Goldbach (2005), der in der Darktaxa-Ausstellung in Regensburg dabei gewesen war und Birte Kaufmann (2013 bis 14) deren Serie „The Travellers“ ich in Stuttgart gesehen habe. Das ist jetzt keine Riesen-Ausbeute, aber das Entdecken hat mir Spaß gemacht.

Das einzige Einzelbild, das schlagartig sowohl bei mir als auch bei meinen Begleitern gewirkt hat, war “Die Macht der Bilder” (2008) von Markus Georg. Er hatte auf einer Wäscheleine hängende Wäschestücke so photographiert, dass man beim ersten Hinsehen dachte, es sei ein Bild von Stonehenge. So geprägt sind unsere Seh-Gewohnheiten.

Die Präsentation der letztjährig (2023/24) Auserwählten war auf jeden Fall sehr ansprechend. Massimiliano Corteselli setzt mit seiner Arbeit „Kontrabassso“ (2023) gleich am Anfang schon hohe Maßstäbe. Seine dunkel gehaltenen, großformatigen, in Arrangements (Tryptichon, Dyptichon  und über Eck) angebrachten Bilder umkreisen Themen wie Waldbrände im Mittelmeerraum, die in ihrer Uneindeutigkeit sowohl als göttliche Strafe als auch als absichtlich gelegt gelesen werden können. Die Bilder hängen in massiven Stahl-Rahmen an der Wand, beeindrucken aber nicht nur dadurch.

I came across the good prospects for the first time in 2019. On a trip to the Deichtorhallen before or after the family Christmas. There’s not much left of it. I remember the flabby accompanying booklet, which didn’t immediately make sense to me, but these were young people and artists, they’re allowed to do that. In this respect, when we visited the Städtische Galerie Karlsruhe, where the twentieth year of “Gute Aussichten 2023-24” was being shown together with a retrospective covering the entire 20 years, I couldn’t find out from the pictures in which year I had seen the exhibition in Hamburg.


A retrospective like this is a difficult matter. My companions H&M didn’t really want to understand the meaning of a compilation of individual pictures with the title and name of the author. Especially as the works had all originally been shown as a series. In addition, the pictures in this exhibition were also relatively small in size. All understandable if you want to show 20 years in a row, so to speak.


I made a game of it and looked for now successful photo artists who were already in the selection in the youth discipline at the time. Without a doubt, I found Alwin Lay (2013-14), who we saw in Eberdingen-Nussdorf and Andrea Grützner (2014-15), whose “Erbgericht”  I know from the Fotonews and whose book of the same name I almost bought because she really found new ways of expression. Other well-known names are Philip Goldbach (2005), who was part of the Darktaxa exhibition in Regensburg and Birte Kaufmann (2013 to 14), whose series “The Travellers” I saw in Stuttgart. It’s not a huge haul, but I enjoyed discovering them.


The only single image that had an immediate effect on both me and my companions was “The Power of Images” (2008) by Markus Georg. He had photographed pieces of laundry hanging on a washing line in such a way that at first glance you thought it was a picture of Stonehenge. This is how our viewing habits are shaped.


The presentation of last year’s chosen ones (2023/24) was definitely very appealing. Massimiliano Corteselli set high standards right from the start with his work “Kontrabassso” (2023). His dark, large-format pictures (triptych, diptych and corner arrangement) revolve around themes such as forest fires in the Mediterranean region, which in their ambiguity can be read both as divine punishment and as deliberately set. The pictures hang on the wall in solid steel frames, but this is not the only impressive aspect.

Ein ebenso interpretationsoffenes Thema hat sich Maya Vieth ausgesucht. Ihre als mäanderndes Narrativ gehängte Arbeit heißt “Während wir schlafen, ziehen die Wölfe ums Haus”. Mit verschiedenen Medien umkreist sie das Thema, das unterschiedlichste Emotionen triggern kann.

Maya Vieth has chosen a theme that is just as open to interpretation. Her meandering narrative work is entitled “While we sleep, the wolves roam around the house”. Using various media, she circles around the theme, which can trigger a wide range of emotions.

In der Arbeit von Lia Meret Lehmkuhl geht es um Sehnsucht und die unerreichbar fernen Objekte die sie sich sucht. Am Beispiel einer virtuellen Kunstfigur namens ‚Betty Blizz‘ versucht sie diese digitale Falle aus Konsum, Manipulation. Fremd- und Selbstoptimierung durchschaubar zu machen.

Lia Meret Lehmkuhl‘s work is about longing and the unattainably distant objects she seeks. Using the example of a virtual art figure called ‘Betty Blizz’, she tries to make this digital trap of consumption, manipulation, external and self-optimization transparent. external and self-optimization.

Als letztes möchte ich Lea Greub mit ihrer Arbeit ” No Georgian Dreams” erwähnen, die versucht, ähnlich wie Andrea Diefenbach, am alltäglichen Leben und an den Träumen der Georgier aufzuzeigen, wie das Leben an der Grenze zwischen der westlichen Konsumwelt und dem immer noch von der sowjetischen Vergangenheit geprägten Alltag so aussieht. Auf der einen Seite Verlockung, auf der andern Bedrohung, aber auch auf der anderen Seite Sicherheit durch Ideologie und auf der einen Orientierungslosigkeit. Wovon also träumen?

Finally, I would like to mention Lea Greub with her work “No Georgian Dreams”, which, like Andrea Diefenbach, attempts to show what life is like on the border between the western consumer world and everyday life, which is still characterized by the Soviet past, through the everyday life and dreams of Georgians. On the one hand temptation, on the other threat, but also on the other security through ideology and on the one hand disorientation. So what to dream of ?

Es gibt noch mehr zu sehen. Unter anderem einen mysteriösen Raum, in dem nur ein einziges Bild gezeigt und besprochen wird, also ruhig hingehen in die Ausstellung und schauen, was es noch so zu entdecken gibt unter den Auserwählten der letzten zwei Jahre.  Wir sind anschließend noch ins ZKM rübergegangen, hatten aber mehr Hunger auf ein gutes Essen an der Bar als auf noch eine Ausstellung.

There is more to see. Among other things, a mysterious room in which only one single picture is shown and discussed, so go to the exhibition and see what else there is to discover among the selected works of the last two years. Afterwards we went over to the ZKM, but we were more hungry for a good meal at the bar than for another exhibition.

2 Comments

  1. Joachim Kuolt

    Lieber Rolf,
    Du schreibst oben “…und Birte Kaufmann (2013 bis 14) deren Serie „The Travellers“ ich in Stuttgart gesehen habe:” Nun, ich bin mir ziemlich sicher, dass Du die Serie auch 2013 schon in Schömberg gesehen hast… 😉

    Liebe Grüße
    Joachim

    • Rolf Noe

      Erwischt, Stuttgart war halt in 2023, da ist die Erinnerung ein wenig frischer. Liebe Grüße zurück!

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