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25 Jahre Photographiegeschichte in Schömberg / 25 Years of Photo History in Schömberg

Diesmal möchte ich anstatt eines Berichtes meine Rede veröffentlichen, die ich bei der Vernissage der Ausstellung „Das Beste aus 25 Jahren Fotoherbst“ am 12.10.25 im Rathaus in Schömberg gehalten habe. Wer mehr zu den Serien wissen will, muss sich die Ausstellung anschauen. Sie läuft bis Ende November.

Es war mir ein persönliches Anliegen diese Retrospektive „Das Beste aus 25 Jahren Fotoherbst“ ins Leben zu rufen. Aus drei verschiedenen Gründen. Einmal um den Schömberger Fotoherbst nicht sang- und klanglos in der Versenkung verschwinden zu lassen, dann um zu zeigen, was für ein Schatz an serieller Reise- und Reportagephotographie sich hier in einem Vierteljahrhundert angesammelt hat und nicht zuletzt auch, um zu feiern, dass dieses Photo-Event meine Biographie in den letzten 25 Jahren entscheidend bereichert hat.

2001 habe ich mit einer Bildstrecke über Marken-Müll in der Natur am Fotoherbst teilgenommen und wurde im Schaufester der Tankstelle ausgestellt.

Heut stehe ich hier und bin dankbar, dass es mit der tatkräftigen Hilfe der Gemeinde, einem treuen Sponsor und vieler ehemaliger und zukünftiger Fotoherbsthelfer gelungen ist, die Geschichte des Schömberger Fotoherbst noch einmal lebendig werden zu lassen. Begleiten Sie mich also gerne auf einer kleinen Zeitreise hier im Rathaus der Gemeinde Schömberg:

Beim ersten Fotoherbst 1998 siegte Annette Hornischer mit ihrer Serie „Ein russischer Sommer“. In der Art wie die Menschen dort gezeigt werden, kommt für mich die inzwischen bitter enttäuschte Hoffnung zum Ausdruck, es könne Frieden geben zwischen Russland und dem Rest Europas.

Ebenfalls mit einer klassischen Reportage in Schwarzweiß gewann Peter Granser aus Stuttgart den Jurypreis 1999. Die auf den britischen Inseln zur Perfektion verfeinerte Kunst des Dienens wird in einer Butler-Schule gelehrt, die hier in eindrücklichen Bildern gezeigt wird.

Sozialkritische Aspekte kommen im Jahr 2000 deutlich zum Ausdruck, aus dem wir zwei Serien zeigen. Einmal New York mit einem Blick aus den Kellerwohnungen derjenigen, die sich das Wohnen weiter oben nicht leisten können von Ulrich Dahlinger und eine mit versteckter Kamera aufgenommene Reportage von Michael Herold aus einer der gefährlichsten Straßen Bogotas in Kolumbien. Hier wird es mit einer Kombination von Schwarzweiß und Farbbildern zum ersten Mal bunt bei den Prämierungen. Lange galt nämlich Schwarzweiß als dokumentarisch wertvoller und objektiver als die triviale Farbphotographie.

Barbara Boensch zeigt in ihrer Serie „Orchesterprobe“ von 2001 eindrückliche Aufnahmen der Proben der Dortmunder Philharmoniker. Hier ist der Verzicht auf Farbe –ähnlich wie bei der Butler-Schule – dem Thema geschuldet.

2002 und 2003 scheinen es den Jurymitgliedern Serien angetan zu haben, die sich an literarischen Vorlagen orientieren. Heinz Wohner besuchte schwedische Orte, die in den Kriminalromanen von Henning Mankell eine Rolle spielen und Jochen Könnecke folgt Heinrich Böll mit fast 50 Jahren Abstand auf seiner Irlandreise.

Eine sehr anrührende Geschichte von einem portugiesischen Auswanderer, der in seine Heimat zurückkehrt, um ein altes Hotel wieder in Schwung zu bringen, erzählt Stephanie Pilick in ihrer Serie „O Facho“ in einer sehr stimmungsvoll in den Farben sich zurückhaltenden Serie.

Die Menschen stehen im Mittelpunkt einer Serie mit der Ulrich Erbe den Jurypreis für Amateure 2005 bekommen hat. Er begleitet eine damals noch nomadisch lebende Familie im Niger-Delta.

Im Jahre 2006 gewinnt eine Serie die drastisch auf die Umweltzerstörung unter anderem durch die intensive Landwirtschaft hinweist. Oliver Wolf zeigt in seiner vorwiegend blauen Serie „Aralsk“ einen Ort, der ursprünglich am Ufer des Aral-Sees gelegen hat, zum Zeitpunkt der Reportage aber schon fast 100km von dem ausgetrockneten See entfernt war.

This time, instead of a report, I would like to publish the speech I gave at the opening of the exhibition ‘The Best of 25 Years of Fotoherbst’ on 12 October 2025 at the town hall in Schömberg. If you want to know more about the series, you’ll have to visit the exhibition. It runs until the end of November.

It was a personal matter of importance to me to bring this retrospective, ‘The Best of 25 Years of Fotoherbst,’ to life. There were three reasons for this. Firstly, to prevent Schömberg’s Fotoherbst from disappearing into obscurity without a trace; secondly, to show what a treasure trove of serial travel and reportage photography has been accumulated here over a quarter of a century; and last but not least, to celebrate the fact that this photo event has enrich my life over the last 25 years.

In 2001, I took part in Fotoherbst with a series of photographs about branded rubbish in nature, which was exhibited in the petrol station’s display window.

Today, I stand here and am grateful that, with the active help of the community, a loyal sponsor and many former and future Fotoherbst helpers, we have succeeded in bringing the history of Schömberg’s Fotoherbst back to life. So please join me on a little journey through time here in the town hall of the municipality of Schömberg:

Annette Hornischer won the first Fotoherbst in 1998 with her series ‘A Russian Summer’. The way the people are portrayed there expresses what has since become a bitterly disappointed hope that there could be peace between Russia and the rest of Europe.

Peter Granser from Stuttgart also won the jury prize in 1999 with a classic black-and-white reportage. The art of service, refined to perfection in the British Isles, is taught at a butler school, which is shown here in impressive pictures.

Socially critical aspects are clearly expressed in 2000, from which we are showing two series. One is New York, with a view from the basement apartments of those who cannot afford to live higher up, by Ulrich Dahlinger, and the other is a reportage by Michael Herold, filmed with a hidden camera on one of the most dangerous streets in Bogota, Colombia. Here, for the first time, the awards ceremony is colourful, with a combination of black-and-white and colour images. For a long time, black and white was considered more valuable and objective for documentary purposes than trivial colour photography.

In her 2001 series ‘Orchestra Rehearsal’, Barbara Boensch shows impressive photographs of the Dortmund Philharmonic Orchestra rehearsing. Here, as with the Butler School, the absence of colour is due to the subject matter.

In 2002 and 2003, the jury members seemed to be taken with series based on literary works. Heinz Wohner visited Swedish locations that play a role in Henning Mankell’s crime novels, and Jochen Könnecke follows Heinrich Böll on his trip to Ireland almost 50 years later.

Stephanie Pilick tells a very moving story of a Portuguese emigrant who returns to his homeland to revive an old hotel in her series ‘O Facho’, which is very atmospheric and restrained in its use of colour.

People are the focus of a series that won Ulrich Erbe the 2005 Jury Prize for Amateurs. He accompanies a family in the Niger Delta who were still living a nomadic lifestyle at the time.

In 2006, a series that dramatically highlights environmental destruction, including that caused by intensive agriculture, wins the award. In his predominantly blue series ‘Aralsk’, Oliver Wolf shows a place that was originally located on the shores of the Aral Sea, but at the time of the reportage was already almost 100 km away from the dried-up lake.

Vor der Eröffnung - auf der Galerie (dies und Titelbild von Harald Spies)

Nach der Wiederaufnahme des Fotoherbsts 2009 (zu sehen im Haus Bühler) gewann Joanna Nottebrock zum ersten Mal den Jurypreis für Profis mit ihrer Serie „Binnenschiffer“. Man darf dabei hautnah den Alltag einer Familie auf einem Rheinschiff miterleben.

Eine einzigartige, etwas aus dem Rahmen fallende Serie konnte die Jury 2011 überzeugen. Olaf Kreinsen zeigte mit seinen in Schwarzweiß gehalterten Bilder aus Lourdes einen ganz besonderen Sinn für Humor, was in der dokumentarischen Photographie eher selten vorkommt.

Wieder mit einer Geschichte zum Thema Umweltzerstörung konnte Oliver Mezger 2013 den Preis für Amateure gewinnen. In „Apres Ski“ zeigt er die Wüstenlandschaften, die der Wintersport in den Alpen hinterlässt.

Eine extrem berührende Reportage von Insa Hagemann und Stefan Finger führte 2015 vor Augen welche verheerenden Spuren der Sextourismus auf den Philippinen hinterlassen hat. Die weitgehend hellhäutigen und dadurch gekennzeichneten Kinder der Sexarbeiterinnen haben größte Schwierigkeiten, sich in das dortige Leben zu integrieren.

Aus 2017 zeigen wir zwei Serien, die sich beide mit den Arbeitsbedingungen im asiatischen Raum befassen. Michael Paramonti, der auch zweimal beim Fotoherbst erfolgreich sein konnte zeigt Arbeiter beim Schwefelabbau in einem Krater auf Java und Sandra Hoyn zeigt mit viel Einfühlungsvermögen das Leben von Sexarbeiterinnen in Pakistan aus ihrer eigenen Perspektive.

Wie eine Abwendung von den schweren Themen der letzten zwei Durchgänge des Fotoherbstes wirken dabei die Siegerserien von 2019.  Trotzdem sind sowohl die „Winterreise“ von Christoph von Haussen als auch die „Kleine Reise unter Tage“ von Monika Egerer Reportagen und haben etwas mit Reisen zu tun, allerdings Reisen in das nähere Umfeld, auf die Alb und nach München.

Dafür wird 2021 wieder in die Ferne geschweift. Einmal nach Norwegen, mit der Serie „Räne“ von Claudia Neubert, die den Jugendlichen, die dort mit alten Amischlitten versuchen ihren Alltag etwas aufregender zu gestalten, ein Denkmal gesetzt hat, und einmal in der Serie „Recycling“ von Dr. Eric Coldiz nach Bangla Desh zu den Abwrackdocks für Ozeanriesen, sozusagen in den Hinterhof unseres Wohlstandes.

2023 beim letzten Schömberger Fotoherbst gewann Birgit Hantke aus Berlin den Preis für Amateure mit ihrer einfühlsamen und sehr sorgfältig ausgearbeiteten Serie „Langa“, die uns den Alltag in einem Township in Südafrika nahe bringt.

Im gleichen Jahr konnte Robert Rutöd mit seiner von Litauen erzählenden Serie „Berg der Kreuze“ den Jurypreis für Profis erringen. Die Serie erzählt auch implizit vom Widerstand gegen die Aggressionen Russlands gegen seine nördlichen Nachbarn und schließt damit ein wenig den Kreis zur ersten Serie von 1998.

Ich habe hier, um die Sache nicht noch mehr zu überfrachten, auf nähere Angaben zu den Autoren der Serien verzichtet. Diese lassen sich aber bequem über die QR-Codes auf den Serien-Beschreibungen aus dem Netz ziehen. Auch tiefergehende zeitgeschichtliche oder kunsthistorische Bezüge herzustellen, überlasse ich jedem Einzelnen. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und wünsche einen angenehmen Rundgang durch die Ausstellung.

After the resumption of Fotoherbst 2009 (on display at Haus Bühler), Joanna Nottebrock won the jury prize for professionals for the first time with her series ‘Binnenschiffer’ (Inland Waterway Transporters). It allows viewers to experience the everyday life of a family on a Rhine boat up close.

A unique, somewhat unconventional series impressed the jury in 2011. Olaf Kreinsen‘s black-and-white images from Lourdes revealed a very special sense of humour, which is rather rare in documentary photography.

Oliver Mezger won the prize for amateurs in 2013 with another story on the theme of environmental destruction. In ‘Apres Ski’, he shows the desert landscapes left behind by winter sports in the Alps.

An extremely moving report by Insa Hagemann and Stefan Finger in 2015 highlighted the devastating impact of sex tourism in the Philippines. The children of sex workers, who are mostly fair-skinned and therefore stand out, have great difficulty integrating into life there.

From 2017, we are showing two series, both of which deal with working conditions in Asia. Michael Paramonti, who has also been successful twice at Fotoherbst, shows workers mining sulphur in a crater on Java, and Sandra Hoyn shows the lives of sex workers in Pakistan from their own perspective with great empathy.

The winning series from 2019 seem like a departure from the heavy themes of the last two Fotoherbst festivals. Nevertheless, both Christoph von Haussen‘s ‘Winterreise’ and Monika Egerer‘s ‘Kleine Reise unter Tage’ are reportages and have something to do with travel, albeit travel to the nearby Alb and Munich.

In 2021, however, the focus will once again be on distant lands. First to Norway, with Claudia Neubert‘s series ‘Räne’, which pays tribute to the young people who try to make their everyday lives a little more exciting with old Amish sleds, and then to Bangladesh in Dr Eric Coldiz’s series ‘Recycling’, to the scrapyards for ocean liners, the backyard of our prosperity, so to speak.

In 2023, at the last Schömberg Photo Autumn, Birgit Hantke from Berlin won the amateur prize with her sensitive and very carefully crafted series ‘Langa’, which brings us closer to everyday life in a township in South Africa.

In the same year, Robert Rutöd won the jury prize for professionals with his series ‘Hill of Crosses’, which tells the story of Lithuania. The series also implicitly tells of the resistance against Russia’s aggression towards its northern neighbours, thus closing the circle somewhat with the first series from 1998.

In order not to overload the presentation, I have refrained from providing further details about the authors of the series. However, these can be easily accessed online via the QR codes on the series descriptions. I leave it up to each individual to make more in-depth references to contemporary history or art history. Thank you for your attention, and I hope you enjoy your tour of the exhibition.

Translated with the help of  DeepL.com 

3 Comments

  1. Horst Hirning

    Lieber Rolf,
    schade, dass diese lange Erfolgsgeschichte, die mit deinem Engagement verbunden ist, zu Ende geht.
    Viele Grüße und große Anerkennung
    Horst

    • Rolf Noe

      Danke, es gibt ja Hoffnung auf eine Weiterführung des Fotoherbstes in Pforzheim statt in Schömberg. Der Fotoherbst hatte schon einmal eine schwere Krise (zwischen 2006 und 2009), die er auch überwunden hat. Damals bin ich eingestiegen und wir haben mit anderen Freiwilligen ermöglicht, das Projekt weiterzuführen. Zurzeit ist eine ähnliche Situation. Wir haben Leute, die das gerne weitermachen wollen, wir haben einen Trägerverein und wir haben auch schon Unterstützung von der Stadt Pforzheim, jetzt müssen wir es nur noch auf die Beine stellen.

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