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America and „The Americans“

Civil Rights March on Washington, D.C. (Dr. Martin Luther King, Jr.) NARA_cc

Ich war beim ersten Anschauen enttäuscht. Ich hatte mir “The Americans” von Robert Frank  in der neuesten Auflage gekauft, weil es oft als Meilenstein in der Amerika-Photographie gefeiert wird, aber die Bilder wirken auf mich zufällig (soll vielleicht so sein) und qualitativ nicht besonders gut (das Buch stammt aus den 50er Jahren). Da half es auch nicht, dass das Vorwort von Jack Kerouac geschrieben wurde, neben Allen Ginsberg und W. S. Burroughs, einer der drei Halbgötter meiner Jugendjahre und Wegbereiter dessen, was wir heute als Hippie-Kultur einordnen. In der Auseinandersetzung mit meiner Enttäuschung fiel mir ein anderes Buch über Amerika ein. Eines der ersten, wenn nicht das erste, Photobuch dass ich je besessen habe. Es ist das Buch „Bilder aus Amerika“ von Jakob Holdt, das 1977 in Kopenhagen erstmal veröffentlicht wurde. Genau genommen kein Photobuch, sondern ein Report über Armut, Hunger und Unterdrückung im Amerika der 60er und 70er Jahre. Holt hatte die Idee, wie sein Namensvetter und Landsmann Jakob Ries mehr als ein halbes Jahrhundert vor ihm, mit Bildern Missstände aufzuzeigen. Er lebt über viele Jahre als Vagabund vor allem bei armen (meist schwarzen) Leuten und finanzierte die Filme für seine einfache Kamera mit Blutspenden. Dementsprechend sind die Bilder nicht besonders gut, aber eindrucksvoll. Der Text ist nachträglich aus Briefen und anderen Aufzeichnungen Holts zusammengetragen worden. Weder die Bilder noch der Text allein geben viel her, aber zusammen geben Sie ein eindrucksvolles Bild vom Nachleben der Sklaverei im Gewande der Lohnarbeit. Die Darstellung der Situation bleibt natürlich in ihrer Zeit verhaftet. Holt benutzt das N-Wort ganz selbstverständlich, was heute nicht mehr denkbar ist und er reflektiert sein Impuls zu helfen nicht, sondern leitet ihm aus seinem politischen Engagement her. Auch ein Zeichen der Zeit. Auf die Gefahr hin Äpfel mit Birnen zu vergleichen, möchte ich noch ein Buch über die USA aus den 60er Jahren hinzuziehen „JFK, a photografic Memoir“ von Lee Friedlander. Es wurde erst 2013 veröffentlicht, enthält aber Bilder aus den 60er Jahren. Wie auch in „The Americans“ tauchen farbige Menschen auf – in Alltagssituationen, aber die Absicht scheint zu sein zu zeigen, dass sie auch `Americans´ sind bzw. auch zu den Fans von JFK gehört haben. Aber das war eben lange vor „Black Panther“ und noch viel länger vor „Black Lives Matter“.

Ein Buch zum Thema, das ich mir noch nicht angeschaut geschweige denn angeschafft habe, das aber Stephen Shore  als eine seiner primären Inspirationen in seinem neuen Buch erwähnt und sogar abbildet, sind die „American Photographs“ von Walker Evans, der auch Robert Frank inspiriert haben soll. Diese amerikanischen Traditionslinien bzw. die Entwicklung des Amerika-Bildes im Spiegel der bekannten und weniger bekannte Photobücher ist sicher ein Thema, in das ich erst reinschnuppere. Aber es ist hochinteressant vor allem dann, wenn man auch die Gender- und Colorfragen von heute eine wenig mit bedenkt. Das geht auch ohne plumpe Retro-Verurteilungen.

Mit einem abenteuerlichen Sprung in die Gegenwart möchte ich noch ein Buch erwähnen, das sich sicher in diese Tradition einfügt, indem es die gar nicht mehr so vereinten Staaten von Amerika ungeschminkt zur Ansicht bringt. Es ist das Buch „American Mirror“ von Philip Montgomery. Leider kann ich mir nicht alle Bücher kaufen, die ich gern mal anschauen würde. Deswegen musste ich es auf YouTube durchblättern. Es scheint ein sehr starkes Buch zu sein und berührt viele wunde Punkte im heutigen Amerika.

Richtig emotional parkend wurde das Thema der Unterdrückung der Schwarzen in den USA für mich zum ersten Mal durch die Szene im Film über Miles Davis, in der er bei einem Konzert vor die Tür geht, um Eine zu rauchen und von zwei strunzdummen Cops erst angemacht und dann festgenommen wird. Da kocht mir als Miles-Davis-Fan jedes Mal, wenn ich dran denke, die Wut auf, auch wenn meine Zeitgenossen wahrscheinlich sagen werden, dass ich nur ein alter weißer Mann bin und nicht das Recht habe, mir irgendwelche Opferrollen anzueignen.

I was disappointed when I first saw it. I had bought the latest edition of “The Americans” by Robert Frank because it is often celebrated as a milestone in American photography, but the pictures seem random to me (maybe that’s how it’s supposed to be) and not particularly good in quality (the book dates from the 1950s). It didn’t help that the foreword was written by Jack Kerouak, along with Allen Ginsberg and W. S. Burroughs, one of the three demigods of my youth and a pioneer of what we now classify as hippie culture. In coming to terms with my disappointment, I remembered another book about America. One of the first, if not the first, photo book I ever owned. It is the book “Pictures from America” by Jakob Holdt, first published in Copenhagen in 1977. Strictly speaking, it is not a photo book, but a report on poverty, hunger and oppression in America in the 60s and 70s. Like his namesake and compatriot Jakob Ries, Holt had the idea of using pictures to highlight grievances more than half a century before him. For many years he lived as a vagabond, mainly among poor (mostly black) people, and financed the films for his simple camera with blood donations. Accordingly, the pictures are not particularly good, but impressive. The text has been compiled retrospectively from letters and other notes by Holt. Neither the pictures nor the text alone reveal much, but together they give an impressive picture of the afterlife of slavery in the guise of wage labour. The portrayal of the situation remains, of course, rooted in its time. Holt uses the N-word as a matter of course, which is unthinkable today, and he does not reflect on his impulse to help, but derives it from his political commitment. Also a sign of the times. At the risk of comparing apples and oranges, I would like to add a book about the USA from the 1960s “JFK, a photographic memoir” by Lee Friedlander. It was only published in 2013, but contains pictures from the 1960s. As in “The Americans”, people of colour appear – in everyday situations, but the intention seems to be to show that they are also Americans or were also fans of JFK. But that was long before “Black Panther” and even longer before “Black Life matters”.

One book on the subject that I have not yet looked at, let alone bought, but which Stephen Shore mentions and even shows as one of his primary inspirations in his new book, is the “American Photographs” by Walker Evans, who is also said to have inspired Robert Frank. These American lines of tradition or the development of the image of America as reflected in the well-known and lesser-known photo books is certainly a topic I am only just getting into. But it is fascinating, especially if you also consider the gender and colour issues of today. This can be done without heavy-handed retro condemnations.

With an adventurous leap into the present, I would like to mention another book that certainly fits into this tradition, in that it brings the not-so-united states of America to view in an unvarnished way. It is the book “American Mirror” by Philip Montgomery. Unfortunately, I can’t buy all the books I’d like to have a look at. That’s why I had to flip through it on YouTube. It seems to be a very powerful book and touches many sore points in America today.

The topic of the oppression of black people in the USA became really emotional for me for the first time through the scene in the film about Miles Davis, in which he goes outside the door of a concert to smoke one and is first accosted and then arrested by two stupid cops. As a Miles Davis fan, it makes me furious every time I think about it, even though my contemporaries will probably say that I’m just an old white man and don’t have the right to assume any victim roles.

Translated with the help of www.DeepL.com/Translator

Wandbild Portrait George Floyd von Eme Street Art im Mauerpark(Berlin) / Mural Portrait George Floyd by Eme Street Art in Mauerpark (Berlin)_creative commons

1 Comment

  1. kopfundgestalt

    Ich war mal in den Neunzigern im Süden der USA.
    Unsere Reiseleeiterin meinte bei der Ankunft in der Kleinstadt: “Wissen Sie, was die Attraktion heute ist? Daß Sie ankommen!”
    Ich ging trotzdem an den Mississipi runter und siehe da: Da war ein Volksfest.
    In einem alten Bahnhofsgelände spielte eine Kapelle.
    Ich kaufte mir ein Bier in einem langen Plastikschlauch.
    Was ich sah und was mich verwunderte, war, daß die schwarze Bevölkerung für sich saß und die weiße.
    Heutzutage würde mich das kaum verwundern, aber damals störte mich das sehr.

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