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Ästhetik oder Technik als Motivation/ Motivated by aesthetics or technology

„Photography is never an end in itself, and once it ceases naively to express social relationships it is obliged to rely on a system of norms which are sometimes those of art, and sometimes those of technology“

Robert Castel and Dominique Schnapper*

In ihrer Untersuchung `Ästhetische Ambitionen und soziale Sehnsüchte – Der Photoclub als eine sekundäre Gruppe´ * teilen Robert Castel and Dominique Schnapper die befragten Photoclubs in zwei Hauptkategorien ein. Diejenigen, die sich vom `knipsen´ und vom `Familienalbum´ distanzieren wollen und eine, wie auch immer geartete `höhere´ Ästhetik anstreben und Diejenigen, die sich eher aus Faszination für die technische Seite der Photographie zusammentun um dieser Leidenschaft gemeinsam zu frönen. Die Clubs der ersten Art verorten Sie meist in den größeren Städten und in der `petite bourgeoisie´. Sie eint die diffuse Vorstellung, durch Teilhabe an der Kunst es dem Großbürgertum gleichtun zu können, das die Kunst als selbstverständlichen Teil ihre Lebens versteht.

Die zweite Art von Club findet sich eher auf dem Land bzw. in der Kleinstadt und diese Arbeiter und Angestellten sind relativ frei von der Not zu definieren was noch zur Kunst gehört und welcher ästhetischen Theorie man folgt.

Keine Ahnung ob das heute, ein halbes Jahrhundert später, so noch stimmt. Was es noch gibt, und das kann ich aus eigener Erfahrung und der Beobachtung von ein paar Clubs drum rum sagen ist der Streit oder wenigstens die Unsicherheit über den Status der eigenen Produktion. Ist das nun Kunst oder kann es ins Album der Erinnerungen einsortiert werden? Die Abgrenzung vom gewöhnlichen Knipser ist sicher auch noch ein Beweggrund in einen Club zu gehen. Vielleicht heute sogar noch mehr denn je , denn die Bilder sind allgegenwärtig und währen nur ein paar Augenblicke.

Das ist aber denke ich ein durchaus positiver Beweggrund. Gemeinsam daran zu arbeiten seine Fähigkeiten (sowohl technisch als auch ästhetisch) weiter zu entwickeln ist eine gute Sache. Sich durch die Organisation von Vorführungen oder Ausstellungen in der Gemeinde einen `Kunststatus´ zu erarbeiten ist mühsam aber über die Jahre auch befriedigend.

Was ich auch nicht weiß ist, ob es überhaupt noch so viele Clubs gibt, die sich ganz allgemein der Photographie widmen? Es gibt auf jeden Fall viele Clubs, die sich spezialisiert haben, auf `fine art´, auf PS-Composings, auf Model-Photographie oder auf bestimmte Genres wie Landschaften, Macros oder dokumentarische Photographie.

In unserem lokalen Club gab es auch Auseinandersetzungen über die Richtung. Da ging es z.B. darum ob der Club allgemein und für Alle offen bleibt oder ob man sich z.B auf Multimedia-Schauen spezialisiert.  Also letztlich auch um die Frage , wie man sich präsentiert. Das lief ein paar Jahre erfolgreich mit dem jährlichen zeigen der Produkte in Form von Präsentationen, war dann aber auch wieder vielen Club-Freunden zu einseitig und auch zu stressig. Inzwischen hat sich gezeigt dass auch mit einer Ausstellung erfolgreich auf die Arbeit des Clubs aufmerksam gemacht werden konnte. Gerade läuft ein Kalenderprojekt und der Konsens geht dahin offen zu bleiben und sich nicht auf eine Richtung zu spezialisieren.

Sich nicht zu spezialisieren hat aber auch Nachteile. Eine gelegentliche Ausstellung wird nur schwer das Qualitäts-Niveau erreichen dass ein Club wie z. B. die Fotogruppe Königsbach erreicht, der sich schon seit Jahrzehnten im Ausstellen übt.

Da wir sehr wenig über unsere Hardware diskutieren würde ich unseren Club in dieser Hinsicht eindeutig in die erste Kategorie einsortieren aber weniger die Ambitionen auf Teilhabe an der Kunstwelt als die Abgrenzung von Otto Normalknipser als Triebfeder der nun schon fast zehnjährigen Club- Zusammengehörigkeit vermuten. Inwieweit dies gelungen ist kann jeder für sich beurteilen wenn er die Bilder des letzten Monats mal gemütlich durchschaut.

In their study ‘Aesthetic Ambitions and Social Desires – The Photoclub as a Secondary Group’ *, Robert Castel and Dominique Schnapper split the interviewed photo clubs into two main categories. Those who want to distance themselves from ‘snapping’ and from the ‘family album’ and strive for a ‘higher’ aesthetic of some kind and those who, out of fascination for the technical side of photography, join together to share this passion. The clubs of the first kind are usually located in the larger cities and in the ‘petite bourgeoisie’. They are united by the vague idea of ​​being able to catch up with the bourgeoisie that understands art as a natural part of its life by participating in art.

The second type of club is more rural or small-town, and these workers and employees are relatively free of the need to define what belongs to art and which aesthetic theory to follow.

No idea if that’s still true today, half a century later. What is stil there in the clubs, and I can tell from my own experience and the observation of a few clubs around, is the dispute or at least the uncertainty about the status of their own production. Is that art or can it be sorted into the album of memories? The demarcation from the ordinary clippers is certainly also a reason to go to a club. Maybe even more today than ever, because the pictures are omnipresent and last only a few moments.

But that is a very positive motive. Working together to develop one’s skills (both technically and aesthetically) is a good thing. Developing an ‘art status’ by organizing screenings or exhibitions in the community is laborious but satisfying over the years.

What I do not know is whether there are still many clubs dedicated to photography in general? In any case, there are many clubs that specialize in fine arts, PS composing, model photography or certain genres such as landscapes, macros or documentary photography.

In our local club there were also disputes about the direction. There it went, for example about whether the club is open to everyone and whether it specializes in multimedia shows, for example. So, ultimately, the question of how to present yourself. This was successful for a couple of years with the annual showcasing of the products in the form of presentations, but was then too many club friends too one-sided and too stressful. In the meantime, it has become clear that an exhibition has also been successful in drawing attention to the work of the club. A calendar project is currently underway and the consensus is to stay open and not to specialize in one direction.

But not to specialize has disadvantages. An occasional exhibition will be difficult to reach the quality level that a club such as the photo group Königsbach achieved, who has been practicing exhibitions for decades.

Since we discuss very little about our hardware, I would clearly classify our club in this regard in the first category but less ambitioned to participate in the art world as the demarcation from Otto Normalknipser as the mainspring of the now almost ten years club togetherness. To what extent this is successful, everyone can judge for themselves if he looks comfortably through the pictures of the last month times .

* in: „Pierre Bourdieu et. al., Photography – a middle brow art (1990)“ im Original “Un art moyen (1965)” was ein wenig missverständlich mit „Eine illegitime Kunst (1981)“ ins Deutsche übersetzt wurde. Ich bitte die Rückübersetzungen aus dem Englischen zu entschuldigen, da ich keine deutsche Ausgabe besitze.

4 Comments

  1. JOHNDOE

    Habe noch nie etwas von diesen beiden Personen gehört. Es scheinen aber Personen zu sein, die von ihrem fotografischen Wissen und ihren fotografischen Fähigkeiten überzeugt zu sein scheinen. Wahrscheinlich sind es aber auch sehr arme Personen, die gar kein Hobby haben. Viele Mitglieder in Fotoclubs betreiben dies ja rein als Hobby. Die einen betreiben das Hobby intensiver als andere. Hier spielen vor allem das vorhandene Budget und die zur Verfügung stehende Zeit eine Rolle. Nicht zu vergessen, wie Harald S. schon erwähnt hat, der soziale Rahmen solcher Treffen. Wie sieht es mit den ganzen Fussballclubs aus. Werden diese auch so beurteilt, nur weil sie nicht auf Bundesliga-Niveau spielen. Auch hier kennen die Mitglieder ihre Fähigkeiten, aber auch hier geht es noch um andere Dinge.

    • Rolf Noe

      Robert Castel und Dominique Schnapper waren zwei Soziologen im Team des bekannten Soziologen und Philosophen Pierre Bourdieu dessen Verdienst darin besteht einer der Ersten gewesen zu sein, der die Photographie wissenschaftlich untersucht hat. Diese Untersuchungen sind jetzt fünfzig Jahre alt und natürlich hat sich seither einiges getan. Aber zum einen gibt es nach wie vor wenige soziologische Untersuchungen zu diesem Thema zum anderen ist es hier im blog zwangsläufig unsere Perspektive von vergangenen Schriften her einen Blick auf unsere Gegenwart zu wagen. Diese Soziologen haben ja eben nicht einfach Urteile über ihre Untersuchungsgegenstände gefällt, sondern haben diese Thesen aus Selbstaussagen von Photoclubmitgliedern jener Zeit herausgearbeitet. Und Sie haben, das wird aus dem Vorwort von Bourdieu deutlich, darauf verzichtet das Thema zu psychologisieren und ihre Ergebnisse sozusagen aus der Feldforschung gewonnen. Sie konnten genau die von Dir und Harald eingebrachte soziale Funktion dieser Treffen sehr schön zeigen, aber eben auch den Unterschied zu der sozialen Funktion in der Familie oder Kleingruppe, wo die Bilder hauptsächlich der Bestätigung der Zusammengehörigkeit und der Selbstvergewisserung als Gemeinschft gedient haben.
      Meine Frage war ja eben genau die, ob es heute noch so ist, deswegen freue ich mich auch über eure Kommentare, die dazu Stellung nehmen.

  2. Harald S.

    Robert Castel and Dominique Schnapper lassen an beiden Sorten Photoclubs kein gutes Haar, wenn ich sie richtig verstehe. Clubs, die sich der Kunst zuwenden scheitern, weil sie es nicht schaffen, zur Kunst aufzusteigen, und die technisch orientierten Clubs betreiben sinnfreien Zeitvertreib. Sich vom dokumentarischen und sozial bezogenen Fotografieren zu lösen, ist ihrer Ansicht nach naiv. Nach dieser Lesart ist der Knipser, der nur für das Familienalbum Bilder macht, ein authentischer und legitimer Fotograf, da sein Schaffen dokumentarisch und sozial bezogen ist. Und sowohl reine Ästhetik ohne gesellschaftlichen Bezug als auch Technikfetischismus sind somit irrelevant.
    Ich finde, dass ein Fotoclub nicht zwingend auf eines von beiden Modellen (oder auf beide) reduziert werden muss. Es gibt da durchaus noch andere Aspekte. Da ist beispielsweise der soziale Rahmen des Clubs selbst und seine Verankerung in seiner Kommune. Der von Rolf genannte lokale Fotoclub, genauer etliche seiner Mitglieder, engagieren sich in sozialen Projekten, seien es Kinderfreizeiten oder ander und dolumentieren diese Veranstaltungen. Zum anderen gibt es keine Vorschriften, worüber man im Club, bei dem ich auch mitmache, diskutieren darf oder soll. Momentan ist die Tendenz bei den Clubtreffen, dass man sich gegenseitig unterstützt, ein besseres Verständnis für das eigene fotografische Schaffen zu gewinnen.

    • Rolf Noe

      Lieber Harald, es ist schon interessant dass Du versuchst die Clubs gegen diese Gespenster der Vergangenheit zu verteidigen. Die Einteilung ist eigentlich wertfrei und zudem aus den Selbstaussagen der damaligen Clubleute extrahiert. Daher sehe ich deine Verteigigung als eine Aussage in der Richtung dass die genannten Beweggründe heute nicht mehr diese Rolle spielen. Das mag schon sein, aber das ist ja eben genau die Reflexion, die ich versuche damit anzustoßen. Wie ist es bei mir? Wie ist es in meinem Club oder in meiner Photo-peer-group?

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