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Auch Dreck / Even Dirt

Einer der Grundsätze nach denen sich meine fotografische Produktion, aber auch dieser Blog ausrichtet ist, dass es alles wert ist, betrachtet zu werden. Ich werde mich damit ausdrücklich gegen die “schöne Fotografie” ohne das Schöne deshalb zu verachten oder zu ignorieren. Ich leugne nur einfach, dass es mehr Recht hat, meine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen als etwas Unauffälliges oder gar Unschönes. Ich leugne auch, dass das Großartige mehr Aufmerksamkeit verdient als das Unauffällige. Würden wir es auch so mit unseren Mitmenschen halten wäre die Welt ein schönerer Ort.

Ich bin auch nicht auf der Seite jener, die das hässliche das Abartige ausstellen, um Aufmerksamkeit zu generieren. Ich kann meine Aufmerksamkeit darauf richten, aber es hat genauso wenig oder viel Anziehungskraft wie das Schöne oder Großartige.

In der Serie über unseren Ausflug an den Baggersee Weinheim taucht z. B. das obige Bild auf und beleuchtet einen bestimmten Aspekt der dortigen Situation, der in schönen Landschaftsaufnahmen of ausgeblendet wird. Es erinnert ein wenig an meine allererste serielle Arbeit, die beim Fotoherbst 2001 ausgestellt war.

In ihrer Studie `Pouvoirs de l´horreur´ hat die französische Tiefenpsychologin Julia Kristeva den Begriff des `Abjekts´ eingeführt. Darunter versteht sie Themen/Objekte, auf die der einzelne Mensch mit einer solch massiven Ablehnung reagiert, dass jene Abjekte dauerhaft nicht zum Gegenstand der Kommunikation gemacht werden können. Interessant in diesem Zusammenhang – weil man damit vielleicht besser versteht, warum von solchen Darstellungen auch eine Art Faszination ausgeht – ist der Eindruck, dass es auch kollektive Abjekte gibt, also Gegenstände oder Darstellungen von Gegenständen, die sich dazu eignen bei vielen Menschen diese Mischung aus Faszination und Abscheu hervorzurufen.

Es gibt einige Beispiele von Künstlern, die mit dieser Ambivalenz `spielen´. Eine würde ich gerne hier hervorheben. Cindy Sherman hat in ihrem Buch mit dem bezeichnenden Titel `Untitled Horrors´ neben anderen Scheußlichkeiten auch farbenfrohe Bilder verschimmelter Essensreste dem geneigten Leser vor Augen gebracht.

Nan Goldin und andere Photograph/innen haben sich den weniger schönen Seiten des menschlichen Zusammenlebens zugewandt und ich denke, dass einige dieser Impulse wichtig waren, um zumindest die künstlerische Fotografie von der Fixierung auf das Schöne, Großartige und Exotische abzubringen.

Es macht etwas mit dem Betrachter, wenn er mit Schmutz oder Elend konfrontiert wird. Wenn der Betrachter dazu bereit ist, sich auch mit seinen dunklen Seiten auseinanderzusetzen ist das sicher wertvoll – für den Rest bleibt die helle Seite die schönen Bilder und die Verdrängung dessen was nicht ins Bild passt.

One of the principles that guide my photographic production, but also this blog, is that everything is worth looking at. I will thus explicitly oppose “beautiful photography” without therefore despising or ignoring the beautiful. I am simply denying that it has any more right to attract my attention than something unremarkable or even unattractive. I also deny that the magnificent deserves more attention than the inconspicuous. If we did the same with our fellow human beings, the world would be a nicer place.

I am also not on the side of those who exhibit the ugly the abnormal in order to generate attention. I can focus my attention on it, but it has as little or as much appeal as the beautiful or the magnificent.

In the series about our trip to the quarry pond in Weinheim, for example, the above picture appears and highlights a certain aspect of the situation there that is faded out in beautiful landscape shots. It reminds me a little of my very first serial work, which was exhibited at the Fotoherbst 2001.

In her study ‘Pouvoirs de l’horreur’, the French psychologist Julia Kristeva introduced the concept of the ‘abject’. By this she means subjects/objects to which the individual reacts with such a massive rejection that those abjects cannot be made the subject of communication in the long term. Interesting in this context – because it may help us to better understand why such representations also exert a kind of fascination – is the impression that there are also collective abjects, i.e. objects or representations of objects that are suitable for evoking this mixture of fascination and disgust in many people.

There are several examples of artists who ‘play’ with this ambivalence. I would like to highlight one here. In her book with the significant title ‘Untitled Horrors’, Cindy Sherman has brought colourful pictures of mouldy food scraps, among other horrors, before the eyes of the willing reader.

Nan Goldin and other photographers have turned their attention to the less beautiful aspects of human interaction and I think that some of these impulses have been important in moving at least artistic photography away from a fixation on the beautiful, the magnificent and the exotic.

It does something to the viewer when confronted with dirt or misery. If the viewer is prepared to deal with his or her dark side, that is certainly valuable – for the rest, the bright side remains the beautiful pictures and the suppression of what does not fit into the picture.

*** Translated with the help of www.DeepL.com/Translator ***

Sowas will Niemand gerne sehen, auch wenn es noch so schön bunt ist und mit Grünzeug garniert  Nobody wants to see something like that, even if it is so beautifully colourful and garnished with greenery.

2 Comments

  1. Andreas

    Danke für die Anregungen! War ein Grund, mal die Untitled Horrors wieder aus dem Regal zu ziehen. Ich muss zugeben, die Bilder darin drängen dazu, schnell umzublättern …
    Im Grunde geht es ja doch um zwei unterschiedliche Kategorienpaare, Schönheit — Hässlichkeit und Abstoßend — Anziehend. Etwas Hässliches kann man immer noch so inszenieren, dass es schöner wird, so wie du das in deiner Müllcollage mit den Vignetten gemacht hast, das Abstoßende attraktiv zu machen, dürfte deutlich schwerer fallen.
    Solange der Hundehaufen als Hundehaufen erkennbar bleibt, wird er ekelig sein, gleichgültig wie viel Mühe sich der Hund gegeben hat, eine formschöne Wurst zu produzieren (gleichgültig, wie viel Mühe ich mir mit der Inszenierung gebe). Ich verstehe was davon, ich begutachte jeden Tag zweimal die Hinterlassenschaften unseres Cocker Spaniels … 😉
    Gruß, Andreas

    • Rolf Noe

      Vielen Dank für deine Expertise in Sachen Wegranddekorationen 🙂
      Die Gegensatzpaare sind hilfreich, wenn man sich fragt, was man eigentlich erreichen will.
      Mir ging es ein Stück weit darum zu verstehen, warum ich mich von der Photographie des `Schönen´ abgewandt habe.
      Sicher nicht um Abstoßendes zu `verewigen´.

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