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Bildanalytische Fotografie und sprachanalytische Philosophie / Imageanalytic photography and analytic philosophy of laguage

You can take them when they come and you can take them when they go (two of unlimited possibilities)
Du kannst Sie knipsen, wenn sie kommen, und Du kannst Sie knipsen, wenn sie gehen (zwei von unbegrenzt vielen Möglichkeiten)

Manchmal frage ich mich, wie ich eigentlich zu meinen Themen komme. Vieles bei meinen Suchbewegungen im Netz oder im Bücherwald und in den Zeitschriften nehme ich wahr aber es gibt mir keinen Anstoß. Und manchmal klingt’s. Meist kann ich noch nicht mal genau sagen warum. So bin ich kürzlich beim Durchschauen einer älteren Zeitschrift (Camera Austria 135/2016) auf den Namen Tim Rautert gestoßen und auf einen Artikel über seine Ausstellung `Bildanalytische Fotografie´ in Leipzig im Jahre 2016.

 Ah, spannend.

Es dauert dann immer eine ganze Weile sich in diese akademischen Gedankengänge einzudenken. Manchmal hilft die Biografie oder ein Blick ins Wiki  um nicht den Überblick zu verlieren. Dann bin ich Corona bedingt in einer der Online-Galerien zur Biennale 2020 auf drei Dyptiche von ihm gestoßen. `Harpers Bazar´ ist eine wilde Collage auf zwei Rahmen verteilt, `Osaka´ sind zwei Dyptiche, die jeweils zwei Bilder derselben Situation so zusammenstellen, dass ein Gesamteindruck von Szenen der Weltausstellung entsteht. Auf diesen Bildern sind jeweils außen die Filmränder zu sehen. Dadurch öffnet sich dann noch eine Ebene die nicht weniger verwirrend ist. Was haben diese konkreten Bilder denn mit den geschilderten Gedanken zu tun? Inwiefern reflektieren die Bilder selbst ihre Bedingungen oder sind Sie auf begleitende Reflektionen angewiesen. Oder anders gefragt spricht es mich direkt an oder  ist ein halbes Studium erforderlich um es mir zu erschließen.

Was mich dann direkt angesprochen hat ist das Titelbild des demnächst bei Steidl erscheinenden Buches über die `Bildanalytische Fotografie´ das tatsächlich so was wie eine Grammatik der Bilderzeugung erahnen lässt richtig rum versus falsch rum bzw.  Alles versus Detail. Es sind vier Bilder auf den ersten beiden hält er selber die kamera einmal richtig rum und einmal verkehrt rum und auf den zwei direkt darunter befindlichen ist eine ein Bild, wahrscheinlich das bei dem Experiment entstandene, eine Landschaft die einmal richtig rum und einmal verkehrt rum dargestellt wird.

In einem kleinen Band über die `Bildanalytische Photographie´ von Spector Books  wird von Linda Conze und Rebecca Wilton auch die Frage diskutiert ob es, wie Rautert es andeutet, so etwas wie eine Grammatik der Bilder geben kann? Hier kommt mir dann unerwartet mein 40 Jahre zurückliegendes Studium der Philosophie und Linguistik zu Hilfe und ich denke an den späten Ludwig Wittgenstein und von daher kann man eine Ahnung bekommen, was Rautert möglicherweise mit seiner Ausstellung andeuten wollte. Zum einen, dass für Photos wie für Sätze gilt, dass ihre Bedeutung zur Gänze davon abhängt welcher Gebrauch davon gemacht wird. Zum zweiten, dass das Einzelbild nur selten in der Lage ist aus sich selbst heraus eine klare Bedeutung zu generieren, dass es aber in einer Serie oder in einem Kontext (z.b. Bild in der Zeitung oder in einem Kunstkatalog) ein reiches Bedeutungsspektrum entfalten kann. Das entspricht Wittgensteins dictum dass der Satz die kleinste Einheit der Semantik ist, dass also Worte, Silben, Laute nur im Verbund in der Lage sind Bedeutung zu generieren. So rum wird ein Schuh draus, so rum wird klar warum Rautert mit Serien arbeitet und mit Texten im Bild, am Bild und in Zusammenhang mit dem Bild oder den Bildern.

Sometimes I wonder how I actually get to my topics. I somehow notice a lot of my search movements in the net or in the book forest and in the magazines, but it doesn’t give me an impulse. And sometimes it rings a bell. Mostly I can’t even say exactly why. Recently, while looking through an older magazine (Camera Austria 135/2016) I came across the name Tim Rautert and an article about his exhibition `Bildanalytische Fotografie´ in Leipzig in 2016.

 Ah, exciting.

It always takes a long time to get into the swing of academic thought. Sometimes a biography or a look at the wiki  helps to keep track. Then thanks to Corona, I came across three dyptiches in one of the online galleries for the 2020 Biennial. `Harper’s Bazaar´  is a wild collage spread over two frames, `Osaka´ are two dyptiques, each of which combines two images of the same situation to create an overall impression of scenes from the world exhibition. On the outside of each of these pictures, the edges of the film are visible. This opens up a level that is no less confusing. What do these specific pictures have to do with the thoughts described? To what extent do the pictures themselves reflect their conditions or are they dependent on accompanying reflections. Or in other words, does it speak directly to me or does it require half a study to make it accessible to me.

What then again appeals to me directly is the cover picture of Steidl’s forthcoming volume on ‘Image Analytical Photography’, which actually suggests something like a grammar of image generation: right side up versus upside down or everything versus detail. There are four pictures: on the first two he himself holds the camera once right side up and once upside down and on the two directly below there is one picture, probably the one taken during the experiment, a landscape that is shown once right side up and once upside down.

In a small volume on the image analytical photography of Spector Books . Linda Conze and Rebecca Wilton also discuss the question whether there can be, as Rautert suggests, something like a grammar of images? This is where my study of philosophy and linguistics, 40 years ago, unexpectedly comes to my aid and I think of the late Ludwig Wittgenstein and from there one can get an idea of what Rautert possibly wanted to suggest with his exhibition. On the one hand, it is true for photographs as well as for sentences that their meaning depends entirely on the use made of them. Secondly, that the individual image is rarely able to generate a clear meaning from itself, but that it can develop a rich spectrum of meaning in a series or in a context (e.g. picture in a newspaper or in an art catalogue). This corresponds to Wittgenstein’s dictum that the sentence is the smallest unit of semantics, that words, syllables and sounds are only able to generate meaning when combined. This way around it makes sense, this way around it becomes clear why Rautert works with series and with texts in the picture, on the picture and in connection with the picture or pictures.

Translated with the help of www.DeepL.com/Translator

Denkmal in Norwegen, das sehr schön Wittgensteins Idee der Sprachhandlung illustriert
Monument in Norway, which beautifully illustrates Wittgenstein’s idea of meaning as use

4 Comments

  1. Andreas

    Danke für den Artikel und die Buchtipps. An dem Thema kaue ich zufällig auch gerade ziemlich herum. Ich glaube, es war (mal wieder) Barthes, der Fotografie den Rang als Sprache abgesprochen hat, weil sie keine Grammatik besitzt. Das zu lesen, hat mich damals sehr gekränkt (vor allem, weil ich eine meiner allerersten “ernsthaften” Fotoarbeiten Barthes sozusagen gewidmet hatte). Insofern freue ich mit auf das Buch von Conze und später vielleicht noch das von Steidl.

    Kontext ist natürlich das A und O, wenn man etwas so verstehen will, wie es geäußert wurde. Ob man dazu immer Serien braucht? Ein guter Titel, höre ich immer wieder, würde ebenfalls ausreichenden Kontext herstellen.

    LG, Andreas

    • Rolf Noe

      Ja, Andreas. Es müssen nicht Serien sein, aber Serien sind ein gutes Mittel den Kontext innerhalb des Mediums herzustellen.
      Das kann aber genauso durch Sprache (Titel, Erläuterung etc.) und Präsentation erfolgen. Das Thema mit der grammatik ist für mich noch nicht ganz
      entschieden und hängt sehr davon ab was man unter Grammatik verstehen will. Die Syntax von Photographien ist natürlich deutlich weniger strengen Regeln
      unterworfen als die sporachlicher Äußerungen. Und wenn man meine Analogie Einzelbild=Wort & Bildserie=Satz ersnt nimmt ist es ja auch Unsinn dem Einzelbild eine
      Syntax andichten zu wollen. Zudem spricht Barthes über analoge Bilder. Aber dazu demnächst mehr hier im blog…

  2. Harald S.

    Schön, dass Du am Ende des Textes noch eine sanfte Landung hingelegt hast. Mir ist zwischendurch schon ein Bisschen schwummerig geworden 😉 Um den letzten Gedanken im Artikel aufzugreifen: das massenhafte Einzelbild wäre demnach also so etwas wie ein Zeichen der Srachlosigkeit, ein unartikuliertes Gestammel…

    • Rolf Noe

      Darüber hab ich auch nachgedacht. Und wenn man das zeigen als Handlung zugrundelegt dann
      schallt es aus dem Stream immer nur monoton: “Schau!”, “Schau!”, “Schau!”, “Schau!”, “Schau!” , “Schau!” , “Schau!” , “Schau!” , “Schau!” , “Schau!”, “Schau!”, “Schau!”, “Schau!”, “Schau!”, “Schau!”, “Schau!”, “Schau!”, “Schau!”, “Schau!”, “Schau!”………………………………………

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