Nach dem informationsüberladenen Beitrag von letzter Woche mal was Lockeres. Eine weitere Bildbetrachtung aus drei verschiedenen Perspektiven. Wobei alle drei Betrachter oder vielmehr zwei Betrachter und ein „content provider“ von der Sorte „ältere Herren“ sind und somit keinen repräsentativen Durchschnitt der Bevölkerung abbilden, sondern eher einen nicht unreflektierten „elder male gaze“. Harald hat das Bild rumgeschickt.
Michaels Kommentar:
Oh, ein Wimmelbild. Es gibt einiges zu entdecken oder zu entziffern. Übermächtig springt der Busen ins Auge, prall und sinnlich….. Mit Abstand und längerem Hinschauen erscheint dann die Trägerin der Sinnlichkeit in der Baumkrone. Der Fotograf (Harald?) scheint sich zu strecken, um das Bild festzuhalten (wer kann es ihm verdenken). Kurzzeitig versuche ich, die Häuser zu erraten, vergeblich.
Das Foto wird sich nicht im Gedächtnis eingraben. Dann schon eher der Busen 😉
Rolfs Kommentar:
Mutter Erde nährt alles an ihrem Busen, ob nun Natur oder Kultur. Wobei der Baum eher zu ihr zu gehören scheint, während die Häuser sich eher wie Klamotten anfühlen bzw. sich dem bisschen, was sie anhat, nahtlos als Fortsetzung anbieten. Das Gold des Haar- und Halsschmuckes findet sich in einem Lichtstreif wieder, der allerdings weit über dem Horizont schwebt.
Die Haare wirken auf den zweiten Blick wie Schlangen. Daher bekomme ich langsam Zweifel, ob es sich nicht doch um das Haupt der Medusa handelt und er güldene Halsschmuck sozusagen die bevorstehende Enthauptung andeutet. Da heißt es, Augen abwenden. Aber wie?
Betrachtet man den Busen (und das ist ehrlich gesagt sowieso der Bereich, auf den der Blick sofort hereinfällt) möchte man (wenn es nicht schon zu spät wäre) gerne kurz zurückschrecken, erinnert die zarte Umhüllung der Drüsenorgane doch verdächtig an ein Spinnennetz – und zack schon ist der Blick gefangen. Der Intellekt treibt ihn aufwärts, schließlich ist es nicht ganz unwichtig auch das Gesicht zu betrachten. Wenn nicht die Zweige des aus dem Adamsapfel erwachsenden Baumes es verlebendigen würden, könnte man fast den Verdacht bekommen, es handle sich um eine Schaufensterpuppe oder zumindest um ihr lebendiges Äquivalent, ein Mannequin.
Die Augen sind potenzierter Himmel, Leerheit inmitten von Leerheit. Sie schützen vor der Welt. Ob der Zweig, der im linken oberen Eck kreuzt, etwas zu dem Bild beiträgt oder ihm etwas nimmt, kann ich nicht so auf Anhieb sagen. Eher Zweiteres, wobei ich nicht weiß, ob eine leere Ecke nicht auch den Blick ablenken würde. Die leere Ecke rechts ist klein genug, um es nicht zu tun.
Überhaupt wo bleibt der `negative space´, wo soll mein Auge denn bitte verweilen könnte, wo soll es sich verkriechen, um der Anziehungskraft der mächtig nach unten ziehenden Wölbungen zu entgehen – keine Chance. Wir sind ausgeliefert.
Haralds Auflösung: Mutter Natur
Das Foto entstand vor mehr als 20 Jahren in Karlsruhe. Ort ist der Passagehof. Es zeigt den Blick auf das Schaufenster eines Erotikshops. Im Fenster spiegeln sich die Häuser gegenüber, Bäume, Autos und, rechts unten, der Fotograf.
Das Foto gehört zu einer Reihe von thematischen Selbstportraits. Der Titel ist selbstironisch und spielt mit dem Begriff „am Busen der Natur“. Der Busen gehört zu einer Schaufensterpuppe in besagtem Shop. Das Gesicht der Puppe und der Baum verschmelzen zu einem mystisch anmutenden Wesen.
After last week’s information-packed post, here’s something a little more relaxed. Another view of the picture from three different perspectives. Whereby all three viewers, or rather two viewers and a ‘content provider’, are of the ‘older men’ variety and thus do not depict a representative average of the population but rather a not unreflected ‘elder male gaze’. Harald sent the picture around.
Michael’s comment:
Oh, a hidden object picture. There’s a lot to discover or decipher.
The breasts jump out at you, plump and sensual…..
With distance and a longer look, the bearer of sensuality appears in the treetop.
The photographer (Harald?) seems to be stretching to capture the image (who can blame him).
I briefly try to guess the houses, but in vain.
The photo won’t stick in my memory. The bosom will 😉
Rolf’s comment:
Mother Earth nourishes everything from her bosom, whether nature or culture. Whereby the tree seems to belong more to her, while the houses feel more like clothes or offer themselves seamlessly as a continuation of what little she has on. The gold of the hair and neck jewellery is reflected in a streak of light that hovers far above the horizon.
At second glance, the hair looks like snakes. That’s why I’m beginning to doubt whether it isn’t the head of Medusa after all, and the golden neck jewellery hints at the imminent beheading, so to speak. You have to avert your eyes. But how?
If you look at the breasts (and to be honest, this is the area that immediately catches your eye anyway), you would like to recoil for a moment (if it wasn’t already too late), as the delicate covering of the glandular organs is suspiciously reminiscent of a spider’s web – and then your gaze is caught. The intellect drives it upwards, after all it is not unimportant to look at the face. If it weren’t for the branches of the tree growing out of the Adam’s apple that bring it to life, you could almost suspect it was a mannequin or at least its living equivalent, a mannequin.
The eyes are potentised heaven, emptiness in the midst of emptiness. They protect from the world. I can’t say straight away whether the branch crossing in the top left-hand corner adds something to the picture or takes something away from it. Rather the latter, although I don’t know whether an empty corner would distract the eye. The empty corner on the right is small enough not to do so.
Where is the ‘negative space’ anyway, where should my eye be able to linger, where should it crawl away to escape the attraction of the powerful downward curves – no chance. We are at their mercy.
Harald’s solution: Mother Nature
The photo was taken more than 20 years ago in Karlsruhe. The location is the Passagehof. It shows view of the window of an erotic shop. Reflected in the window are the houses opposite, trees, cars and, at the bottom right, the photographer.
The photo is part of a series of thematic self-portraits. The title is self-deprecating and plays with the term ‘on the bosom of nature’. The bosom belongs to a mannequin in the shop in question. The mannequin’s face and the tree
merge into a mystical-looking creature.
Content provider ist schon mal ein gutes Wort. Ja, der Busen ist schon mal ein sicherer Hingucker, alles weitere aber ein intellektuelles Spiel, in dem Bewunderer des Busens auch meist gut bewandert sind.