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Camera obscura & laterna magica

`camera obscura lisboa´  by leorolim is licensed under CC BY-NC-SA 2.0

Warum wir alles anders sehen seit wir wissen dass wir durch ein Loch sehen.

Ich wollte in diesem Versuch der Argumentation von Friedrich Kittler folgen,  der in seinen Vorlesungen um die Jahrtausendwende sehr schön aufgezeigt hat, woher wir unsere Art die Welt zu sehen medientheoretische herleiten können.

Die `camera obscura´, die nichts anders ist als eine Lochkamera, eine Blackbox mit einem Loch drin wurde laut Kittler von Filippo Brunnelleschi schon im 14ten Jahrhundert zum ersten Mal eingesetzt, um ein Motiv abzumalen. Vorher war das Sehen von Bildern eine eher zweidimensionale Angelegenheit. Die Bilder brauchten einen festen Ort in Felsenhöhlen, Tempeln oder Kirchen und klebten zweidimensional an der Wand. Man stellte sich das sehen ein wenig vor, wie einen Scheinwerfer vor der das Bild abscannt und damit sieht. Erst mit der `camera obscura´ und anderen Hilfsgeräten der Wandmaler wurde es möglich den Aspekt, dass in der Ferne alles kleiner wird ins Bild zu holen. Der Blick durchs Loch ermöglichte diesen Sprung in die Bildkultur der Neuzeit.

Die `laterna magica´ hingegen ist einfach die Umkehrung der `camera obscura´. Ein von einer Kerze beleuchtetes Bild wird durch ein Loch in die Wand geworfen. Die `magische Laterne´ ist damit die Ahnherrin alle Unterhaltungsmedien vom Theater mit seiner Guckkastenbühne, über Kino und Fernsehen bis hin zu YouTube und Mega-Lightshows wie die Schlosslichtspiele in Karlsruhe (https://www.schlosslichtspiele.info/ ).

Wenn man jetzt noch das Loch mit Linsen ausstattet wird auch deutlich dass die `camera obscura´ die Vorfahrin aller bildeinfangenden Geräte ist. Letztlich hat sich auch hier die Perspektive nicht wesentlich verändert. Der Jäger starrt durch ein Loch bis er auf den Knopf drückt und die Bilder werden dann durch ein Loch an die Wand geworfen.

Lassen wir uns von dem glänzenden Flächen des Displays oder des Monitors nicht täuschen. Das Loch ist eben elektronisch geworden. Die Linsen sind kaum mehr größer als das gleichnamige Lebensmittel aber die Flächen werden immer größer. Die ganze Welt wird zur Projektionsfläche aber auch diese von uns angebeteten Flächen werden nach wie vor mit dem selben `Trick´ erzeugt wie in der `camera obscura´. Diese Perspektive ist uns  inzwischen so vertraut, dass wir meinen Sie bilde die Wirklichkeit ab.

Irgendwie ist es heute noch faszinierend, sich so eine Camera live anzuschauen. Vor allem dann wenn man drin spazieren gehen kann. Im passenden wikipedia-Artikel  sind Einige der öffentlich zugänglichen Einrichtungen dieser Art, auch hier in Deutschland, aufgeführt. Ich selbst habe mir vor zwei Jahren den Dunkelraum mit Stadtblick auf dem `Castelo de San Jorge´ in Lissabon angeschaut.

Noch spannender ist die experimentelle Camera obscura in der „Photographers galery“ in London. Diese kann ich besonders empfehlen sich anzuschauen, zumal Sie mit einer drehbaren Linse mit Rundumblick ausgestattet ist und eine verschiebbare Projektionsfläche hat, so dass man auch auf die Distanz , die man betrachten will, scharfstellen kann.

Leider hab ich von beiden Besuchen kein einziges Bild gemacht. Ein sicheres Zeichen, dass mich das Erlebnis in seinen Bann gezogen hat.

Why we see differently since we know that we see everything through a hole.

In this attempt, I wanted to follow the argumentation of Friedrich Kittler, who, in his lectures at the turn of the millennium, showed very nicely how we can derive media theory from our way of seeing the world.

The ‘camera obscura’, which is nothing other than a pinhole camera, a black box with a hole in it, was, according to Kittler, first used by Filippo Brunnelleschi as early as the 14th century to paint a motif. Before that, seeing pictures was a rather two-dimensional affair. The pictures needed a fixed place in rock caves, temples or churches and stuck to the wall in two dimensions. One imagined seeing a little bit like a spotlight in front of which the picture was scanned and thus seen. Only with the ‘camera obscura’ and other auxiliary devices of the wall painters it became possible to bring the aspect that everything becomes smaller in the distance into the picture. The view through the hole made this leap into the pictorial culture of modern times possible.

The ‘laterna magica’ on the other hand is simply the reversal of the ‘camera obscura’. A picture illuminated by a candle is thrown through a hole onto the wall. The ‘magic lantern’ is thus the ancestor of all entertainment media from the theatre with its peep-box stage, cinema and television to YouTube and mega light shows such as the Schlosslichtspiele in Karlsruhe.
If you now equip the hole with lenses, it also becomes clear that the ‘camera obscura’ is the ancestor of all image capturing devices. In the end the perspective has not changed much. The hunter stares through a hole until he presses the knob and the images are then thrown through a hole onto the wall.

Let’s not be fooled by the shiny surfaces of the displays or monitors. The hole has just become electronic. The lenses are hardly bigger than the food of the same name (lentils) but the surfaces are getting bigger and bigger. The whole world becomes a projection surface but even these surfaces we adore are still created with the same ‘trick’ as in the ‘camera obscura’. This perspective has become so familiar to us that we think it represents reality.

Somehow it is still fascinating today to watch such a camera live. Especially when you can walk inside it. In the fitting wikipedia article  some of the publicly accessible facilities of this kind, also here in the United Kingdom, are listed. Two years ago, I myself took a look at the darkroom with city view at the ‘Castelo de San Jorge’ in Lisbon.

Even more exciting is the experimental camera obscura at the ‘Photographers galery’ in London. I can recommend to have a look at it, especially since it is equipped with an turnable lens with a panoramic view and a movable projection surface, so that you can focus on the distance you want to look at.

Unfortunately I did not take a single picture of both visits. A sure sign that the experience has fascinated me.

Translated with the help of www.DeepL.com/Translator

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3 Comments

  1. Harald S.

    Vielen Dank für diesen kurzen aber gehaltvollen Exkurs in die Medientheorie. Mir scheint es da eine Artk von Rückkopplungseffekt zu geben. Wir verändern die Medien, die verändern unsere Wahrnehmung, was neue Medien hervorbringt, die unsere Wahrnehmung wieder verändert, und so weiter…

  2. Harald S.

    Das Sehen und die Bilder sind fei zwei verschiedene Sachen. Und das Sehen der Bilder nochmal eine andere. Hat sich durch die Kamera Obscura nun das Sehen allgemein verändert oder die Wahrnehmung der Bilder?

    • Rolf Noe

      So bescheiden kommen sie daher die großen Fragen, lieber Harald. Es sind ja scheinbar mindestens drei verschiedene Fragen, die du stellst. Haben sich nur die Bilder verändert, oder auch das Sehen oder sogar auch die Art wie wir das sehen ,sehen? Letztlich haben wir zur Beantwortung nur zwei sichere Quellen . Die Bilder, wie sie sich im Laufe der Zeit verändern. Und unsere heutige Sicht der Dinge. Wie man früher gesehen hat können wir uns nur indirekt erarbeiten. Daß es einen Unterschied gibt zwischen einer Maria mit Gotteskind auf einer Ikone oder Kirchenwand und ” Maria das Jesuskind prügelnd” von Dali springt sozusagen fraglos ins Auge. Wenn man sich dann fragt warum sich die Bilder verändert haben gibt es einmal die naive ahistorische Sicht, die besagt dass das Sehen schon immer so war wie heute, dass aber unsere Darstellungsmöglichkeiten sich geändert haben. Mit anderen Worten, die Mönche waren einfach zu blöde um perspektivisch zu malen. Dagegen tendiere ich dazu mich auf die Seite von McLuhan und den Strukturalisten/Poststrukturalisten zu schlagen, die sagen wir verändern uns mit unseren Werkzeugen/Medien und unsere Werkzeuge/Medien verändern uns. Es ist wohl ein Wechselspiel, das sich Recht schön beobachten läßt, wenn man eine transmediale Perspektive einnimmt. Kittler z.B. stellt die Frage, warum sich Die vorromantische/vorklassische Literatur so schlecht verfilmen läßt und kommt darauf, das man vor der Romantik einfach keine szenischen Darstellungen findet. Das wiederum könnte was damit zu tun haben dass es vorher keine Guckkasten- Medien gab und deswegen diese Sichtweise auch in deriLiteratur nicht auftaucht. Wenn man den Erzählwurm aber erstmal in Szenen umschreiben muss wird es mühsam. Die These also ist, dass zum einen die Medien bestimmen wie wir die Welt sehen, dass aber auch unsere Denk- und Wahrnehmungsmöglichkeiten bestimmen welche Medien wir zu entwickeln in der Lage sind.

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