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Das Salz der Erde /The salt of the earth

Sebastiao Salgado hat den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels bekommen. In der Laudatio hat Wim Wenders zur näheren Charakterisierung der Art des Photographierens bei Salgado das alte deutsche Wort `ein Bild aufnehmen´ als Metapher herangezogen. Das heißt, dass man das, was man fotografiert an sich ran lässt eine ähnliche Unterscheidung wie sie verschiedene Fotografen im Englischen zu machen versuchen indem sie statt to `take pictures´ to `make pictures´ sagen im `nehmen´ von Bildern steckt darin dass man sich nicht auf sein Thema auf sein Gegenüber einlässt sondern das Bild nimmt und damit verschwindet.

Um mich einlassen zu können, muss das, was ich fotografiere etwas mit mir zu tun haben oder ich muss mich darauf einlassen, es in mich aufnehmen. Aus dieser Haltung heraus entsteht auch ein Engagement. Ich fange an mich auf mein Gegenüber einzulassen und ende damit, dass ich mich dafür einsetze unabhängig davon ob es sich um Menschenrechte handelt wie bei Salgado oder um Bienchen und Blümchen oder die Erhaltung von Jugendstil-Architektur.  

Persönlich bin ich kein Fan von Salgado aber ich habe, wenn ich Bilder von ihm gesehen habe, immer große Hochachtung vor seiner Kunst empfunden doch relativ abstrakte Themen in Bildern greifbar zu machen. Im Mai war ich in Paris und habe am Trocadero die Ausstellung `Déclarations´ (siehe Bild oben) angeschaut. Es war eine Art Werkschau und hat mir Lust gemacht, mir seine Bücher anzuschauen (seine Bücher sind das Werk seiner Frau).

Salgado selbst hat in seiner Rede in seiner bescheidenen Art gedankt und sich als investigativer Fotograf bezeichnet, sein Werk als Essay über die Armen und Benachteiligten und sein Engagement als Friedensarbeit. Wie sehr er sich inzwischen mit seinem Sujet identifiziert brachte er zum Ausdruck, indem er sagte, dass er den Preis nicht für sich selbst sondern stellvertretend für Alle annimmt, für deren Rechte er sich einsetzt. `Licht auf Ungerechtigkeit zu werfen´ sei sein Ansatz und deshalb spielt Ästhetik natürlich eine Rolle in seiner Arbeit aber sie ist nur ein Mittel. Es geht nicht, wie es in den letzten Tagen und Wochen oft zu hören war um eine Ästhetisierung der Armut.

Er verriet auch wie man solche Fotos machen kann. Man braucht Zeit. Man muss  Zeit mit den Menschen verbringen, auch etwas für Sie tun dann bekommt man die Bilder geschenkt und muss sie nicht rauben.

Salgado hat nicht nur die Ausbeutung in den Ländern Südamerikas und Afrikas dokumentiert er hat auch hier im Westen  diejenigen fotografiert, die bei unserem rasanten Fortschritt unter die Räder gekommen sind. Und er ist den Strömen der Flüchtlinge gefolgt, die versuchen in Länder zu gelangen in den die Lebensbedingungen scheinbar besser sind, was letztlich angesichts des globalen kapitalistischen Systems wohl eine Illusion bleiben wird.

Zurzeit engagierte er sich für den Erhalt des Regenwaldes in Brasilien. Er hat dort mit seiner Frau und Anderen eine Organisation gegründet, die sich zum Ziel gesetzt hat bei der Aufforstung des Regenwaldes zu helfen oder zumindest am Beispiel zu zeigen, dass dies möglich ist.

Er hat auch zugegeben dass er bei seiner Arbeit große Zweifel an der Idee der Friedfertigkeit der Menschen bekommen hat aber er ist trotz einiger Rückschläge Optimist geblieben indem er klar sagt „es muss einen anderen Weg geben“.

Sebastiao Salgado has been awarded the `Peace Prize´ of the German Book Trade. In his laudatory speech, Wim Wenders used the old German word `ein Bild aufnehmen´ as a metaphor for the closer characterization of the way Salgado took photographs. This means that you let come close to you what you photograph. This makes a similar distinction to what different English speaking photographers try to make by saying to `to take pictures´ instead of `to make pictures´ instead of to `take pictures´ in `taking´ pictures you don’t get involved with your subject but take the picture and disappear with it.

In order to get involved, what I photograph must have something to do with me or I must get involved with it, I must take it in. Out of this attitude, a commitment also emerges. I start to get involved with my counterpart and end with the fact that I am committed to it regardless of whether it is human rights like Salgado or bees and flowers or the preservation of Art Nouveau architecture. 

Personally, I am not a fan of Salgado, but every time when I have seen pictures of him, I always had great respect for his art, to make relatively abstract themes tangible in pictures. In May I was in Paris and watched the exhibition `Déclarations´ (see above) at the Trocadero. It was a kind of overview show and made me want to look at his books (his books are the work of his wife).

In his own speech Salgado thanked in his modest way and called himself an investigative photographer, his work an essay on the poor and disadvantaged and his commitment peace work. He expressed the extent to which he now identifies with his subject by saying that he does not accept the prize for himself but on behalf of everyone for whose rights he stands up. `To shed light on injustice´ is his approach and therefore aesthetics naturally plays a role in his work but it is only a means. It isn´t , as it has often been heard in recent days and weeks an aestheticization of poverty.

He also revealed how such photos can be taken. You need time. You have to spend time with people, you have to do something for them too, then you get the pictures for free and you don’t have to rob them.

Salgado has not only documented the exploitation in the countries of South America and Africa he has also photographed here in the West those who have fallen under the wheels of our rapid progress. And he has followed the streams of refugees who are trying to get to countries where living conditions seem to be better, which in the end will remain an illusion in view of the global capitalist system.

At present he is committed to the preservation of the rainforest in Brazil. Together with his wife and others he founded an organization which aims to help with the reforestation of the rainforest or at least to show by example that this is possible.

He also admitted that in his work he had great doubts about the idea of the peaceableness of people but despite some setbacks he remained an optimist by clearly saying “there must be another way”. 

4 Comments

  1. Jürgen W

    Ich habe Hochachtung vor Salgados technischer Exzellenz, aber Kunst ist das meiner Meinung nach nicht, und meiner Meinung nach geht der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels an den Falschen.

    • Rolf Noe

      Hallo Jürgen, es würde mich schon interessieren wie Du deine Ansicht begründest. Ich hab die Verleihung eigentlich nur als Anlass genommen mich mal ein wenig näher mit Salgado zu beschäftigen. Ich hab den Preis als so eine Art lifetime award verstanden aber man kann sich ja schon fragen, ob der Einsatz für den Frieden in der zurückliegenden Sozialreportagephotographie oder im Einsatz für Regenwald und Naturschutz gesehen wird. Vieleicht ist es aber auch gar nicht so trennscharf sondern meint die gesamte Persönlichkeit, so wie sie im Film von Wim Wenders dargestellt wird.

  2. Harald S.

    Die Metapher von Wim Wenders „ein Bild aufnehmen“, spricht mich sehr an. Sie steht für das, was man die innere Haltung des Fotografen nennen kann.
    Momentan ist es genau das, was mich beim Fotografieren motiviert: Wie gelingt es mir, mich auf die Menschen oder die Dinge einzulassen, die ich fotografiere. Wenn es gelingt, dann geschieht etwas sehr Schönes. Menschen zeigen sich ohne „Masken“ und Dinge beginnen zu „erzählen“.
    Für mich beginnt spätestens hier die engagierte Fotografie und es endet die Hobby-Fotografie.

    • Rolf Noe

      Es ist nicht ungefährlich sich auf diese Reise zu begeben. Ich weiß nicht ob du den Wenders-Film über Salgado gesehen hast, aber da wird doch sehr deutlich, dass Du, wenn du dich existentiell auf so ein Projekt einläßt, eben auch existentiell drin hängst. Das Salgado sich durch das Projekt Genesis wieder aus dem Verzweiflung über die Brutalität der Menschen rausziehen konnte ist, denke ich, nicht selbstverständlich. Aber man gönnt es ihm natürlich.

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