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Das sprechende Bild / Pictures talking to you

Angeregt durch die Kommentare von Thomas B. zum Bewertungsthema „Nice picture“  möchte Ich mich nochmal einem Thema zuwenden, das ich bisher nur gestreift und z.T. sogar negativ dargestellt habe. Das Bild, das ohne Titel und Subtext in der Lage ist, für sich selbst zu sprechen. Thomas bezeichnete die besondere Eigenschaft eines solchen Bildes als `Tiefe´. Ich tue mich ein wenig schwer mit dem Begriff der Tiefe aber ich kann mir diese spezifische Eigenschaft als eine Art Potential vorstellen, das ein Bild aus der Sicht des Betrachters haben kann. Nämlich den Betrachter anzusprechen und vielleicht sogar mit Ihm in eine Art Dialog einzutreten.

Aber was ist dieses Ansprechen? Das Bild ist stumm. Ist es unmittelbar emotional (punctum). Ist es etwas mysteriöses, ein Rätsel, ein Rebus, das den Betrachter dazu anhält darüber nachzudenken? Oder vielleicht `nur´ ein interessantes Thema, vielleicht etwas Exotisches (studium), dass Einen dazu einlädt, sich damit zu beschäftigen. Ich vermute, dass es alles das sein kann und manchmal mehr als nur eines dieser Eigenschaften gleichzeitig.

Warum aber genießen solche Bilder, die ohne großes Drumrum (Titel, Text, Erklärung, Kontext…) auskommen so ein hohes Ansehen? Vielleicht weil das so selten, und in unserer Zeit möglicherweise noch seltener geworden ist. Oder geben wir den Bildern einfach nicht mehr die Zeit uns anzusprechen, uns zu verwundern und uns zum Nachdenken anzuregen?

Das ist dann allerdings eine Frage des Präsentationskontextes. In einer Ausstellung kann man verweilen, ein Buch kann man immer wieder zur Hand nehmen.

Kann sowas auch im Rahmen der Bilderschleudern im Internet vorkommen? Ich denke dass es selten ist aber es kann vorkommen. Erst kürzlich hatte ich so ein Erlebnis bei einem meiner seltenen Besuche in der `fotocommunity´. Da fand ich ein Bild  (siehe oben) zu dem ich inzwischen zwei Mal zurückgekehrt (ist schon mal gut, wenn das geht; auf facebook oder instagram gelingt mir das oft erst gar nicht). Ich habe das Bild auch Harald  gezeigt, weil ich wissen wollte ob es nur mir so geht und er hat, obwohl nicht ganz so begeistert wie ich, bestätigt, dass das Bild `was hat´. Für mich hat das Bild schon ohne Titel eine ganze Reihe an Assoziationen und Bedeutungsebenen gezeigt mit denen ich Lust hatte mich auseinander zu setzen. Das muss ja nicht gleich Jedem so gehen.

Und das ist abschließend zu diesem Thema zu sagen: Wenn eine Bild das bei vielen Menschen schafft, dann kann man vielleicht mit Fug und Recht behaupten, dass es Tiefe hat.

Inspired by the comments of Thomas B. on the evaluation topic “Nice picture” I would like to turn again to a topic that I have so far only touched and partly even negative. The image that is able to speak for itself without a title or subtext. Thomas described the peculiarity of such a picture as ‘depth’. I’m a bit heavy on the concept of depth, but I can think of this specific property as a kind of potential that a picture can have from the viewer’s point of view. Namely to approach the viewer and maybe even enter into a kind of dialogue with Him.

But what is this response? The picture is mute. Is it immediate emotional (punctum), is it something mysterious, a riddle, a rebus that makes the viewer think about it? Or maybe ‘just’ an interesting topic, maybe something exotic (study) that invites you to deal with it. I suspect that it can be all of this and sometimes more than one of these properties at the same time.

But whydo such images,  without much trappings (title, text, explanation, context …) get such a high reputation? Maybe because it’s so rare, and maybe even rarer in our time. Or are we just not giving the pictures the time to talk to us, to make us wonder and think?

However, that is then a question of the presentation context. You can linger in an exhibition, you can always pick up a book.

Can something like that occur in the frame of the image slingshots on the internet? I think that it is rare but it can happen. Recently, I had such an experience during one of my rare visits to the `fotocommunity‘. Since I found a picture (see above) to which I returned meanwhile two times  (it´s already good if that works, on facebook or instagram I often do not even succeed). I also showed the picture to Harald, because I wanted to know if it was just me and he, although not quite as enthusiastic as I, confirmed that the picture has ‘something’. For me, the picture even without the title has shown a whole range of associations and levels of meaning with which I wanted to confront myself.

That does not have to be the same for everyone. And this is to conclude on this topic: If a picture does that for many people, then you can probably justifiably claim that it has depth.

4 Comments

  1. Klaus

    Großartiges Foto!
    Trotz meiner Abneigung gegen M.H.: Vielleicht ist ein Werk ein Werk wenn wie hier unsere Welt aufstellt! 😉
    Die andere Seite: Ein Foto als Projektionsfläche für gewisse Inhalte in unseren Köpfen, also eine Art beliebiger Rohrschachvorgabe? Sagt das Foto also mehr über den Betrachter als über sich aus?
    Die Projektionsfläche ist umso kleiner, je eindeutiger und spezifischer ein Foto ist, z.B. eine bestimmte Person, ein bestimmtes Gebäude, ein “eindeutiger” Titel? Wobei mir jetzt Sander einfällt, Fotos mit eindeutigen Berufsbezeichnungen…

  2. Harald S.

    Nachdem ich Rolf gegenüber erwähnt habe, dasss das Bild für mich “etwas hat”, will ich hier etwas deutlicher werden. Der krasse Gegensatz zwischen der mühsam aufrecht erhaltenen Fassade und dem kalten Klotz dahinter hat mich zuerst angesprochen. Dann ist da der leere Raum hinter der Fassade. Das hat mich sofort an die Haltung erinnert, die manche Menschen zeigen: Hauptsache, die Fassade steht…
    Im Hintergrund steht eine alte Windmühle. So sind drei Epochen mit ihren Bauwerken im Bild. Irgendwie kommt mir vor, als seien alle drei letzlich nur Fassaden.

    • Rolf Noe

      Als ich von mehreren Bedeutungsebenen sprach ging es tatsächlich an der Oberfläche um Die historischen Fassaden, die erhalten werden um zu sugerieren, dass sich eigentlich gar nicht so viel verändert hat. Ich denke an Leipzig 1994; ich konnte das bei meinen Spaziergängen durch die Stadt gut beobachten wie Historisches hinterrbaut wurde. Aber es geht noch weiter. Ich denke da an Warschau oder die neue Altstadt von Frankfurt, wo Fassaden gar nicht erst erhalten werden müssen weil man den Fake einfach so hinstellen kann und es fühlt sich fast an wie damals. Darunter natürlich unser Spiel mit unseren sozialen Rollen, dass wir aufrecht erhalten müssen obwohl dahinter die Angst schon die Festungen hochgezogen hat. Was man im Job alles zu leisten vermag, obwohl man hinter der Fassade schon reichlich in Trümmern liegt. Was auch viel Spiel für Interpretation gibt, ist der leere Raum zwischen Fassade und Festung. Ließe sich da auch leben? Sieht nicht so aus. Die Windmühle im Hintergrund wirkt fast schon ein wenig surrealistisch in diesem Kontext. Ich denke an die vielen sinnlosen Kämpfe, die DonQuichotte-Ritte gegen deren stillstehende Flügel. Das scheinbare Monster in uns, das wir zu bekämpfen glauben müssen.
      Bischen dick aufgetragen? Nee ich könnt noch mehr rausziehen aus dem Bild. Aber vieleicht will ja noch Jemand anderes seine Assoziationen zum besten geben. Würde mich freuen.

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