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Der Botanische Garten Karlsruhe / The Botanical Gardens at Karlsruhe

Der Botanische Garten Karlsruhe an einem Frühlingsmorgen / The Botanical Gardens Karlsruhe on an early spring morning

Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich eine kleine Auszeit bei Flickr genommen, um vertieft der Frage nachzugehen, warum ich überhaupt fotografiere. Das Resultat war, dass ich mir sehr viel klarer wurde, was ich mit dem Fotografieren will und was ich nicht will.

Was ich will:

  • Weiterhin projektbezogen arbeiten
  • Das fotografieren, zu dem ich einen persönlichen Bezug habe
  • Stärker dokumentarisch und narrativ arbeiten
  • Meine eigenen formalen und gestalterischen Vorgaben definieren und einhalten
  • Meine ästhetischen Ansprüche weiterentwickeln und umsetzen
  • Das verborgene Schöne finden und zeigen

Was ich nicht (mehr) will

  • Andere Fotografen nachahmen
  • Berühmte Orte und Dinge fotografieren
  • Die Werbe-Ästhetik als Vorbild nehmen
  • Die Form über den Inhalt stellen
  • Die neueste Technik als unverzichtbar ansehen

Seither versuche ich konsequent projektorientiert zu arbeiten. Das zeigt sich etwa darin, dass ich überwiegend Bildserien veröffentliche. Alle diese Serien sind in meinen Lebensbezügen verankert. Meine tiefe Liebe für die Natur zeigt sich meinen Pflanzenbildern. Zudem fokussiere ich mich auf meinen aktuellen Wohnort Pforzheim (seit 1996) und die nähere Umgebung sowie andere Orte, die mir etwas bedeuten. Der Bezug muss nicht immer nur lokal gegeben sein. Es können auch andere Bezüge sein, etwa kultureller oder politischer Art.

Der innere und äußere Ort
Es gibt Orte, die Teil der inneren Topografie sind. Selbst wenn sie äußerlich aufgehört haben zu existieren, im Gedächtnis, ja ich glaube sogar fast im Gedächtnis des Körpers sind sie ständig anwesend.

Ein solcher Ort ist für mich der Karlsruher Schlossgarten, speziell der Botanische Garten. Vor allem aber  die Pflanzenschauhäuser sind für mich ich eine Oase paradiesischer Ruhe und Schönheit. Zum ersten Mal habe ich den Park beim Schloss zur Bundesgartenschau 1967 besucht. Meine Mutter lebte damals in Karlsruhe, ich nicht allzu weit entfernt in Baden-Baden. Meinen Wohnort habe ich seitdem viele Male gewechselt. Es gab zwei längere Auslandsaufenthalte und Arbeitsplätze in vielen deutschen Städten. Zwischendurch lebte ich mehrmals für einige Zeit in Karlsruhe. Ich nahm jede Gelegenheit wahr, Karlsruhe  zu besuchen. Wann immer ich mich dort aufhielt, besuchte ich den Botanischen Garten.

Sinnend und meditierend saß ich oft stundenlang unter breiten Bananenblättern, zwischen Orchideen und Papyrus. Ich hörte das Zwitschern der asiatischen Reisfinken in der kleinen Voliere und das leise Plaudern des dünnen Wasserstrahls, der aus dem Mund der sandsteinernen Blattmaske in das tiefe, kühle Brunnenbecken mit den kleinen Goldfischen fiel. Wenn ich lange genug stillsaß, kamen hin und wieder die freilaufenden Zwergwachteln aus ihrem Versteck.

Der Ort hat mir viele Einsichten der inneren Art geschenkt und ist mir über die Jahrzehnte hinweg ans Herz gewachsen. Es ist ein Ort, der für mich gleichermaßen außerhalb wie innerhalb von mir existiert.

Fotoprojekt Botanischer Garten Karlsruhe
Natürlich habe ich immer wieder im Botanischen Garten Karlsruhe fotografiert. Doch konzeptionell arbeite ich daran erst seit relativ kurzer Zeit. Das im Frühjahr dieses Jahres begonnene Fotoprojekt ist der Versuch, meinen „inneren Ort“ sichtbar zu machen. Formales Ziel ist eine fast hyperrealistische Darstellung, ähnlich wie auf Stichen des 19. Jahrhunderts. Entsprechend technisch aufwendig sind die Bilder. Mehrere hochauflösende Aufnahmen bringe ich mit Fokus-Stacking zu durchgehender Schärfe. Kontrast, Schärfe und Tonwertkorrekturen optimiere ich relativ aufwendig, um auch noch die kleinsten Einzelheiten sichtbar zu machen. Störende Elemente wie Blumendrähte oder Heizungsrohre retuschiere ich sorgfältig weg. Ich habe erst wenige solche Bilder erstellt. Das Projekt ist noch nicht abgeschlossen.

Almost exactly a year ago, I took a little break from Flickr to investigate more deeply the question of why I even take pictures. As a result I became much clearer about what I want to do with photography and what I do not want.

What I want:
• Continue to work on a project-related basis
• Taking the picture I personally relate to
• Work more documentary and narrative
• Define and adhere to my own formal and creative requirements
• Develop and implement my aesthetic requirements
• Find and show the hidden beauty

What I do not want (anymore)
• Imitate other photographers
• Take pictures of famous places and things
• Using advertising aesthetics as a model
• Place the shape over the content
• Consider the latest technology as indispensable

Since then I have been trying to work consistently project-oriented. This is reflected, for example, in the fact that I mostly publish picture series. All these series are anchored in my life references. My deep love for nature shows up in my plant pictures. In addition, I focus on my current home Pforzheim (since 1996) and the surrounding area and other places that mean something to me. The reference does not always have to be local. It can also be cultural or political.

The Inner And Outer Place
There are places that are part of the inner topography. Even if they externally ceased to exist, in memory, I almost believe even in the memory of the body itself, they are constantly present.
One such place for me is the Karlsruhe Palace Gardens, especially the Botanical Garden. Above all, the greenhouses are an oasis of paradisiacal peace and beauty to me. For the first time I visited the park near the castle for the Federal Garden Show in 1967. At that time my mother was living in Karlsruhe, I lived not too far away in Baden-Baden. Since then, my place of residence changed many times. There were two longer stays abroad and jobs in many German cities. In between, I lived several times in Karlsruhe. I took every chance to visit the town. Whenever I was there, I went to the Botanical Garden.
Mindful and meditative, I often sat for hours under broad banana leaves, between orchids and papyrus. I heard the chirping of the Asian rice finches in the small aviary and the soft chattering of the thin stream of water falling from the mouth of the sandstone leaf mask into the deep, cool fountain basin with the tiny goldfish. If I sat still long enough, now and then the free-roaming dwarf quail came out of hiding.
The place has given me many insights of the inner nature and has grown dear to me over the decades. It is a place that exists for me both outside and inside of me.

Photo Project Botanical Gardens Karlsruhe
Of course, I have repeatedly photographed in the Botanical Garden Karlsruhe. But conceptually I’ve been working on it for a relatively short time. The photo project that started in the spring of this year is an attempt to make my “inner place” visible. Formal goal is an almost hyper realistic representation, similar to 19th century engravings. Accordingly, the pictures are technically elaborate. Several high-resolution shots I bring to consistent sharpness using focus stacking techniques. I optimize contrast, sharpness and tonal corrections to make even the smallest details visible. I carefully retouch disturbing elements such as flower wires or heating pipes. I have only created a few such pictures yet. The project is still going on.

2 Comments

  1. Rolf Noe

    Erstmal herzlichen Glückwunsch. Du hast den 50sten Post zu unserem blog beigetragen.
    Es macht mich ein wenig neidisch zu sehen dass Du einen “locus amoenus” hast, den man immer wieder aufsuchen kann und der auch über verschiedenste Änderungen hinweg (so wie wir auch) sich doch auch immer treu bleibt, mit anderen Worten sowas wie Identität sich leistet.
    Wenn ich überlege, welche Orte für mich so eine Rolle spielen, dann fällt mir einmal ein kleiner Bach in der Wüste (vermutlich Marocco) ein, der von Rhododendren gesäumt, eisam vor sich hin plätschert. Selbst wenn ich diesen Ort wieder finden könnte wäre er dieser Ort nicht mehr (aber gut das scheint ein Thema von mir zu sein). Es ist also eher eine Art Phantom-Bild und ich hätte selbst wenn ich eine Kamera dabei gehabt hätte wahrscheinlich überwältigt von der Zusammenkunft von Einsamkeit und Sehnsuchtsort kein Bild davon gemacht.

    • Harald S.

      Einen Ort für sich zu gewinnen funktioniert nicht immer. Vor einigen Jahren hatte ich zwei Aufenthalte in Norditalien. Für jeweils mehrere Wochen hatte ich in Varese zu tun. Mein dortiger Aufenthaltsort war ein Schulungszentrum im Norden der Stadt, in der Nähe des Sacro Monte di Varese. Das Haus hatte einen kleinen, parkartigen Garten mit alten Pinienbäumen. Der Blick ging weit über die Stadt und den gleichnamigen See. Vor allem wenn Herbstnebel wehten, schien der Ort wie verzaubert. Mit großer Vorfreude reiste ich zu meinem zweiten Aufenthalt an. Doch der Ort hatte jeden Zauber verloren und schien mir fremd und abweisend.

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