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Die Welt ist eitel / The world is vain

Twin Creeks Gold Mine III, Nevada, USA, ( 100 x 100 cm ) copyright Bart van Damme

Keinesfalls sollte man den Titel im alten barocken Sinne von Vanitas/Vergänglichkeit verstehen, oder doch? Eher im moderneren psychologischen Sinne von `selbstverliebt´. Heute wird man vielleicht sagen „Selfie-Mentalität“ sprechen. Es herrscht eitel Sonnenschein, allüberall.

Bekannt ist vielleicht der Gedanke, dass wir Menschen letztlich nur dazu da sind unseren Genen das Überleben zu ermöglichen. Sie haben uns so programmiert, dass wir uns brav vermehren (zum Teil mehr als uns guttut) und wir geben brav den Wirt und machen unseren Job. Was wenn wir Fotografen auch nicht so autonom sind wie wir denken sondern nur ein gigantischer Spiegel in dem sich die Welt betrachtet und seufzend zu sich selbst sagt: “ach was war ich mal schön”. Also doch ein wenig Barock oder ein Versuch der Vergänglichkeit zu entgehen? Verrückter Gedanke?

Naja, eher eine Hinführung auf die Frage der Autorschaft, die wir auch schon gelegentlich gestreift haben. Ist jemand, der auf den Auslöser drückt und der Welt somit hilft ein Fragment ihrer selbst zu konservieren ein Autor? Ich meine definitiv nein! Bilder sind heute nichts als Rohstoff sowie Worte oder Sätze. Erst wenn wir anfangen sie in der Welt zu verwenden werden Sie kommunikativ und wir werden zum Urheber. Dieser Prozess beginnt mit der Auswahl. Welche Werte benutze ich? Welche Bilder möchte ich zeigen? Dann sollte noch eine Intention dazu kommen. Was will ich mit diesen Sätzen erreichen? Was will ich mit diesen Bildern zeigen/bewirken? Erst so treten die Bilder aus der Sphäre heraus, in der sie nur sinnlos in den Apparaten kursieren und diese am Laufen halten.

Ich möchte keineswegs die Fotografie in ihrer Erinnerungsfunktion schmälern. „Schau mal, so habe ich als Baby ausgeschaut“ oder „…an der Ecke stand doch vor 50 Jahren noch der Kiosk“. All das hat seinen Platz und seinen Sinn. Aber dieser (ursprüngliche ?) Zweck der Photographie gehört letztlich auch in den Bereich der Selbstbespiegelung und der Konservierung von Augenblicken.

Das ein Kunstwerk keinen Autor im Sinne eines Erschaffenden braucht, aber durchaus Jemanden, der es aus dem Strom der Dinge oder aus dem Strom der Bilder herausgreift und es effektvoll präsentiert, hat als erster Marcel Duchamp mit seinem `objet trouvé ´gezeigt. Sein Pissoir zeigt einen Weg auf, der heute noch erfolgreich begangen werden kann und begangen wird.

Harald hat mir dazu ein passendes Beispiel geliefert. Ich folge auch schon länger Bart van Damme auf flickr, aber mir ist seine `satellite art´ genannte Serie irgendwie entgangen. Das sind faszinierende, graphisch überwältigende Bilder zusammengesetzt aus unzähligen Screenshots von Satellitenbildern der Erde. Überraschende Draufsichten, die zum Betrachten und Assoziieren einladen. Eine Nabelschau der Erde, durch den wachsam auswählenden Blick des Photographen, dem unüberschaubaren Archiv von Satellitenbildern entrissen und für eine Präsentation in einer Ausstellung in Rahmen gebannt. Die Ausstellung hat Anfang 2019 im ZERP in Rotterdam  stattgefunden und ist sicher ein Erlebnis gewesen.

Auch hier kann ich mir nicht verkneifen die Perspektive zu wechseln und mir die eitle Gaia  dabei vorzustellen, wie sie sich in ihrem kleinen Handspiegel betrachtet. Keine Ahnung, was sie über diese Spuren auf ihrer Haut so denkt.

By no means should the title be understood in the old baroque sense of vanitas/transience, or should it? Rather in the more modern psychological sense of `selflove’. Today one might say ‘selfie mentality’. It’s all sunshine, everywhere.

What is perhaps familiar is the idea that we humans are ultimately only there to enable our genes to survive. They have programmed us to reproduce (sometimes more than is good for us) and we dutifully play host and do our job. What if we photographers are not as autonomous as we think, but only a gigantic mirror in which the world looks at itself and sighs and says to itself: “oh, I used to be so beautiful”. So a little baroque after all, or an attempt to escape transience? Crazy thought?

Well, rather a lead-in to the question of authorship, which we have also touched on occasionally. Is someone who presses the shutter release and thus helps the world to preserve a fragment of itself an author? I mean definitely no! Today, images are nothing but raw material as well as words or sentences. Only when we start using them in the world do they become communicative and we become the author. This process begins with choice. What values do I use? What images do I want to show? Then there should be an intention. What do I want to achieve with these sentences? What do I want to show/achieve with these images? Only in this way do the pictures step out of the sphere in which they only circulate meaninglessly in the apparatus and keep it running.

I don’t want to diminish the memory function of photography at all. “Look, that’s how I looked as a baby” or “…there was still a kiosk on that corner 50 years ago”. All this has its place and its purpose. But this (original?) purpose of photography ultimately also belongs to the realm of self-reflection and the preservation of moments.

Marcel Duchamp was the first to show that a work of art does not need an author in the sense of a creator, but someone who takes it out of the stream of things or out of the stream of images and presents it effectively, with his ‘objet trouvé’. His urinal shows a path that can still be successfully followed today and is still being followed.

Harald has provided me with a fitting example of this. I have also been following Bart van Damme on flickr for some time, but I somehow missed his series called ‘satellite art’. These are fascinating, graphically overwhelming images composed of countless screenshots of satellite images of the earth. Surprising top views that invite us to look at them and make associations. An umbilical view of the earth, snatched from the unmanageable archive of satellite images by the vigilant eye of the photographer and captured in frames for presentation in an exhibition. The exhibition took place in early 2019 at ZERP in Rotterdam and has certainly been an experience.

Again, I can’t help but change perspective and imagine the vain Gaia looking at herself in her little hand mirror. I don’t know what she thinks about these marks on her skin.

Translated with the help of www.DeepL.com/Translator

Container Terminal, Yangtsekanaal, Maasvlakte, NL – copyright Bart van Damme

2 Comments

  1. Klaus

    Gryphius:
    Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden.
    Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein; …..
    (noch aus der Schul hängengeblieben)

    • Rolf Noe

      Gebe zu, dass das Gedichtlein auch bei mir im Hintergrund rum waberte. Als ich es dann nachgeschlagen hab, war ich eher ernüchtert. Kurz und eigentlich recht flach. Zumindest aus heutiger Sicht…

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