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Durch Worte verstärkte Bilder / Pictures fortified by words

“The contemplation of things as they are, without substitution or imposture, without error or confusion, is in itself a nobler thing than a whole harvest of invention”

Francis Bacon Novum Organum, 1620 (quotation hung on the wall of Dorothea Lange’s studio)

Seit ich vor einiger Zeit mal einen, damals kostenlosen, Kurs des MOMA mit Sarah Meister  über die Geschichte der amerikanische Photographie mitgemacht habe bekomme ich immer wieder  Informationen rund um Photographie im MOMA. Das ist nicht uninteressant, da die amerikanische Photographie des 20ten Jh. kaum ohne den Hintergrund ihrer Entwicklung zu verstehen ist.

Eine der bedeutendsten Ausstellungen, die dem Virus zum Opfer gefallen sind ist die Ausstellung   „Bilder und Worte“ über Dorothea Lange im MOMA in New York. Kuratiert wurde diese von Sarah Meister. Wer nicht nach New York jetten kann (und das kann zurzeit kaum Jemand) wird vielleicht daran interessiert sein den Katalog „Words and Pictures“ zu erwerben. Ein Essay daraus kann man in der Paris Review online schon mal lesen. Wer sich mehr für den biographischen Hintergrund von Dorothea Lange interessiert könnte in diesem Video fündig werden.

Sarah Meister erklärt in ihrem Video, was der Hintergrund dieser Ausstellung ist. Es wird einmal bewusst der Blick auf die, die Bilder begleitenden, Worte gelegt. Dorothea Lange soll einmal gesagt haben:

„Alle Bilder können durch  Worte verstärkt werden (All Photographs can be fortified by words).“

Hier wird vielleicht noch einmal deutlich, dass Sie obwohl ihre Bilder ganz zweifellos auch ohne Worte recht ausdrucksstark sind darauf vertraut, dass die Worte den Bildern eine klarere Richtung geben. Das ist etwas, das aus einer Haltung erwächst, die entweder aus dem persönlichen heraus eine klare Absicht (a cause) verfolgt oder aus einer Auftragslage heraus einer Absicht dient.

Was für begleitende Worte das sein können, zeigt ein anderes kleines Video. Hier bekommen die Portraitierten eine Stimme anhand der Notizen, die Dorothea Lange zu den Bildern gemacht hat. Diese Notizen waren Teil des Auftrags den Sie zusammen mit ihrem Bodyguard und späteren Mann Paul Taylor ausführen sollten. Es handelte sich anfangs um Feldforschung und die Photographien sollten die Ergebnisse unterstützen. Sehr schön in dem Video sind auch die Ausschnitte aus einem Interview mit der uralten D. Lange. Man nimmt ihr ab, das Sie ihre Bilder aufrichtig in den Dienst der Sache gestellt hat. Es ging ihr wie Lewis Hines (von dem in unserer Gäste-Galerie ein paar Kinder-Bilder zu sehen sind) im Wesentlichen um die Bekämpfung der Armut, der Kinderarbeit und der Folgen von Dürren und anderen Katastrophen, die die in der Landwirtschaft arbeitenden immer hart treffen.

Hier kommt auch die FSA, die farm security administration ins Spiel. Während Sie ihr berühmtes Bild von Florence Owens Thompson, der „migrant mother“, machte arbeitete Lange im Auftrag dieser Organisation. H. Lethen zeigt im Kapitel `Die Madonna des New Deal´ in seinem Buch „Der Schatten des Fotografen“,  dass dokumentarische Photographie immer nur einen Teil der Realität abbildet. Der größere Teil wird ausgeblendet. So verschweigt sowohl das Bild als auch der Titel, dass es zu der `migrant mother´ noch einen `migrant father´  gab, der die Familie nur kurz verlassen hatte weil der Kühler des Wagens, in dem die Familie sich auf den Weg gemacht hatte, kaputt gegangen war. Ein Bild mit Mama, Papa und den Kleinen wäre sicher weniger wirksam gewesen. Es gibt außerdem eine ganze Serie von sechs Bildern von der Mutter mit ihren Kindern und die Gründe, warum Lange  dieses Eine ausgesucht hat sind natürlich nicht mehr nachvollziehbar- aber wahrscheinlich ist, dass es den Absichten von Lange und ihren Auftraggebern die Not darzustellen am besten entsprochen hat. Und es hat ja auch unmittelbar Wirkung gezeigt und seither nicht mehr aufgehört zu wirken. Mir liegt nichts ferner, als die Not kleinzureden, die damals dort herrschte aber ich frage mich aus heutiger Sicht was eigentlich diese sozial engagierte dokumentarische Photographie von Werbebotschaften abheben soll die mit, zugegebener Weise geschönten, Bildern und entsprechenden Texten für den Verkauf bestimmter Waren eintreten. Selbst das Argument, dass Lange den Geschundenen eine Stimme gibt, verfängt für mich nicht ganz, da die kleinen Sätze die Lange zu den Bildern notiert hat und die von den Betroffenen stammen sollen, ja auch wieder  ausgewählt und für die `Sache´ passend zurechtgestutzt wurden. Deswegen gehen sie ja auch so sehr `ans Herz´. Im außermoralischen  Sinne ist das auch nur Werbung – für eine `gute Sache´ eben.

Since I took part in a course of the MOMA with Sarah Meister on the history of American photography, which was free of charge at the time, I have been receiving information about photography in the MOMA again and again. This is not uninteresting, because the American photography of the 20th century is hardly to understand without the background of its development.

One of the most important exhibitions that fell victim to the virus is the exhibition “Pictures and Words” about Dorothea Lange at the MOMA in New York. It was curated by Sarah Meister. If you can’t jet to New York (and hardly anyone can at the moment), you might be interested in buying the catalogue “Words and Pictures” for now. An essay from it can be read in the Paris Review online. If you are more interested in the biographical background of Dorothea Lange, you might find it in this video .

Sarah Meister explains in her video, what the background of this exhibition is. The words accompanying the pictures are deliberately placed in the foreground. Dorothea Lange is said to have once said:

“All pictures can be fortified by words.”

Here it becomes perhaps once again clear that although her pictures are undoubtedly quite expressive even without words, she trust that the words give the pictures a clearer direction. This is something that arises from an attitude that either pursues a clear intention (a cause) from a personal point of view or serves an intention from an order situation.

Another small video shows what kind of accompanying words these can be. Here, the portrayed people get a voice based on the notes that Dorothea Lange made on the pictures. These notes were part of the assignment she was to carry out together with her bodyguard and later husband Paul Taylor. In the beginning it was field research and the photographs were meant to support the results. Very nice in the video are also the excerpts from an interview with the ancient D. Lange. She is believed to have put her pictures sincerely in the service of her cause. Like Lewis Hines (of whom you can see a few children’s pictures in our guest gallery), she was essentially concerned with the fight against poverty, child labour and the consequences of droughts and other disasters that always hit those working in agriculture hard.

This is also where the FSA, the farm security administration, comes into play. While she was making her famous picture of Florence Owens Thompson, the “migrant mother”, Lange worked for this organization. H. Lethen shows in the chapter ‘The Madonna of the New Deal’ in his book “The Photographer’s Shadow” that documentary photography always depicts only a part of reality. The larger part is faded out. Thus both the picture and the title conceal the fact that in addition to the ‘migrant mother’ there was also a ‘migrant father’ who had only left the family for a short time because the radiator of the car in which the family had set out on their journey broke down. A picture with mum, dad and the little ones would certainly have been less effective. There is also a whole series of six pictures of the mother with her children and the reasons why Lange chose this one are of course no longer understandable – but it is likely that it best suited Lange’s intentions and those of her clients to depict the hardship. And it also had an immediate effect and has not stopped working since then. Nothing is further from my mind than to belittle the misery that prevailed there at the time, but I ask myself from today’s perspective, what is actually meant to distinguish this socially committed documentary photography from advertising messages that are admittedly embellished with beautyfied pictures and corresponding texts to promote the sale of certain goods. Even the argument that Lange gives the aggrieved people a voice does not quite catch my attention, because the small sentences that Lange wrote down to the pictures and which are supposed to come from the people affected, were indeed selected again and trimmed down to fit the ’cause’. That is why they touch ‘the heart’ so much. In the extra-moral sense, this is also only advertising – but for a ‘good cause’.

Translated with the help of www.DeepL.com/Translator

Dorothea Lange bei der Arbeit / Dorothea Lange on the job

Quelle/Source: Library of congress

2 Comments

  1. Harald S.

    Vor vielen Jahren hatte ich ein freundschaftliches Streitgespräch mit einem Maler und Bildhauer. Es ging um die Frage, was war zuerst da – das Bild oder das Wort. Als gestaltender Künstler bezog Karl seine „natürliche“ Position, als Journalist ich die meine. Wir fanden natürlich keine Übereinkunft, aber die Diskussion brachte uns tief in das Gelände der Sinne und zu den magischen Orten von vermuteten Ur-Worten und Ur-Bildern. Was wir damals nicht fanden war die Erkenntnis, dass Worte und Bilder nicht notwendigerweise Gegensätze sein müssen.

    Die Art und Weise, wie wir heute Bilder sehen, ist durch jahrhundertelange kulturelle Entwicklung und die daraus resultierenden Konventionen geprägt. Bilder können wir außerhalb unseres kulturellen Kontextes vermutlich gar nicht verstehen und wir deuten Bilder von außerhalb unserer Kultur stets um, wir übersetzen sie.

    Was Texte mit Bildern machen, können wir heute angesichts der virulent um sich greifenden Verwirrung gut erkennen. Sie geben die Richtung vor, in die Bilder gedeutet werden. Die scheinbare Eindeutigkeit von Bildern ist eine Illusion.

    • Rolf Noe

      Das bringt mich drauf zu diesem Thema Mal einen Blick drauf
      zu werfen, wie in den Trollfabriken Bilder ausgesucht werden,
      um mit einem neuen Text vesehen, gefühlte Wahrheiten in die Bäuche
      gutgläubiger Alternativer zu pflanzen.Das nervt mich nämlich zur Zeit gewaltig;
      dass scheinbar Vernünftige Leute, die sich bisher darauf beschränkt haben ihre
      Kinder nicht oder nur wenig zu impfen, heute glauben, dass ihnen eine geheime Weltverschwörung hinter dem Deckmantel
      von Corona und unter der Schützenhilfe von G5-Strahlen, Kontrollchips injizieren will.Mit dem globalen Dorf von McLuhan
      Ist eben nicht nur die Nähe und leichte Kommunikation sondern auch der Aberglaube und die diffuse Angst der mittelalterlichen Dörfer
      wieder aufgetaucht – und das weltweit.

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