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Haben Schock-Photos ausgedient? / Shock-photos do they still work?

                                                  “Photography for me is not looking, it’s feeling. If you can’t feel what you’re looking at, then you’re never going to get others to feel anything when they look at your pictures.”
~ Don McCullin~

Neben dem `Nature Photo Award´ ist der `World Press Photo award´ seit 62 Jahren einer der wichtigsten Preise im Bereich der Pressephotographie. Nicht der Reportagephotographie! Diese kann insofern von der Pressephotographie  abgegrenzt werden als es sich dort um Serien und hier in der Regel um Einzelphotos handelt. Das berühmte Bild auf der Titelseite unserer Tageszeitung (sofern wir noch Eine abonniert haben)

Spätestens seit den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts gibt es in der Presse eine Tradition der Schock-Photos. Die Journalisten und Kriegsberichterstatter hatten im Gegensatz zu heute relativ freien Zugang zu Ereignissen und brachten nicht selten Bilder mit die schwer zu verdauen waren. Dem kam entgegen, dass dem zeigen von Ungeheuerlichkeiten eine aufklärerische oder gar erzieherische Wirkung zugeschrieben wurde. Barthes versuchte hier schon früh entgegen zu halten indem er davor warnt Schock-Photos im Brechtschen Sinne als Mittel einzusetzen. Auch John Berger befasst sich in seinem kurzen Essay `Fotographien der Agonie´ mit der Wirkung der Vietnam-Bilder von Don McCullin. Er zeigt dass der Betrachter, wenn er mit seiner Betroffenheit ohne Erklärung und Handlungsmöglichkeiten alleingelassen wird, die Wirkung eher  ausbleibt, oder nach und nach zu Abstumpfung führt wie wir inzwischen recht gut wissen. Werden solche Bilder später als historisches Zeugniss gezeigt, wie z.B. letztes Jahr zum 50ten `Geburtstag´ von 1968 die Bilder von den Pariser Revolten und Straßenschlachten, die Gilles Caron  damals gemacht hatte, verlieren Sie vollends die schockierende Wirkung und werden zu Zeugnissen der Geschichte.

Als dieses Jahr des Pressephoto des Jahres gekürt wurde war ich zuerst etwas verwirrt, das es nicht in der gewohnten Manier mit Blut und Tod spielte sondern situativ emotional ansprechend wirkte. Ein weinendes Mädchen vor den Beinen ihrer Mutter, die von einem Grenzpolizist durchsucht wird. Von John Moore. Klarer Bezug, deutliche Botschaft vor allem wenn man dann erfährt dass es sich um die mexikanische Grenze im Süden der USA handelt.  Nachdem ich mir die anderen Kandidaten für die Auswahl angeschaut hatte wurde klar, dass es nicht am Mangel an Schock-Photos lag, dass dieses Bild gewählt wurde. Vielleicht eher als ein Signal der Jury, dass auch weniger offensichtliche Bilder eine starke Wirkung haben können.

Wer sich die Bilder anschaue möchte kann die s in vielen verschiedenen Städten, diesmal auch in Süddeutschland in Balingen tun. Dort läuft ab 27.6.19 die World Press Photo Exhibition 2019.

In addition to the `Nature Photo Award´, the ‘World Press Photo Award’ is one of the most important prizes in the field of press photography for 62 years. Not the reportage photography! This can be distinguished from the press photography insofar as it is about series and there usually about single photos. The famous picture on the front page of our daily newspaper (if you have subscribed one)

At least since the sixties of the last century there is a tradition of shock-photos in the press. The journalists and war correspondents, in contrast to today, had relatively free access to events and not infrequently brought images home that were difficult to digest. This was helped by the fact that the showing of monstrosities was attributed as an enlightening or even educational effect. Barthes tried to counter this early on by warning against using shock photos in the Brechtian sense as a means. John Berger’s short essay `Photographs of Agony ‘ also looks at this effect using the Vietnam images of Don McCullin  as an example. He shows that the viewer, if he is left alone with his concern without explanation and options for action, the effect rather fails, or gradually leads to blunting as we now know by now quite well. If such pictures are later shown as historical testimony, e.g. Last year on the 50th ‘Birthday’ of 1968, the images of the Paris revolts  and street battles that Gilles Caron  had taken at that time, you completely lose the shocking effect and become testimonies of History.

When this year’s press photo of the year was elected (https://www.worldpressphoto.org/collection/photocontest/winners/2019), I was at first somewhat confused that it did not play with blood and death the way we are used to, but emotionally appealing to the situation. A crying girl in front of her mother’s legs being searched by a border policeman. By John Moore. Clear reference, clear message especially if one then learns that it is the Mexican border in the south of the USA. After looking at the other candidates for the selection, it became clear that it was not the lack of shock photos that this image was chosen. Perhaps more as a signal from the jury that also less obvious pictures can have a strong effect.Anyone who wants to look at the pictures can do it in many different cities, this time also in southern Germany in Balingen. There will be the World Press Photo Exhibition 2019 starting from 27.6.19

2 Comments

  1. Rolf Norgaard

    Ja, das wird ein Grund sein. Aber auch der Glaube daran, dass damit etwas bewirkt werden kann schwindet glaube ich. Wir haben ja ein Beispiel an dem man erforschen könnte, ob sich solche Photos auswirken. Das sind die Shock-photos auf den Tabakprodukten. Ich h weiß leider nicht, ob es dazu empirische Studien gibt, aber selbst wenn man wie ich vermute rausfinden würde, dass Sie nicht wirken, wüsste man noch nicht ob das daran liegt, dass es einfach schlechte oder ungeeignete Bilder sind oder ob sie einfach zu. klein sind um ein Wirkung zu erzielen.

  2. Harald S.

    Es mag noch einen anderen Grund geben, weshalb schockierende Fotos nicht mehr so häufig in der Presse zu sehen sind. Die Macht der Presse ist durch die Veränderungen in der Medienlandschaft geschwächt. Die Marketingleute wollen ihre Anzeigen nicht in der Nähe unappetitlicher Bilder platziert wissen.

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