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Herbstgedanken / Autumn thoughts

Jetzt ist es raus. Es wird 2025 keinen Wettbewerb zum „Schömberger Fotoherbst“ geben. Das ist schade, denn der Fotoherbst ist einer der wenigen Wettbewerbe, bei dem es um Bilderserien aus der Reise- und Reportage-Photographie geht. Der Schömberger Fotoherbst hat seit 1998 siebzehn Mal stattgefunden, zuerst jährlich und später als Biennale.

Ob und wie es 2027 weitergehen wird, wissen wir noch nicht. Das Team ist motiviert weiterzumachen, doch das wird schwierig in einer Gemeinde, die sich das nicht mehr leisten kann. Dank der engagierten Hilfe vieler ehrenamtlicher Photo-Freunde und Freundinnen war der Schömberger Fotoherbst schon immer eher eine ‚Low Budget‘-Veranstaltung mit Kosten im niedrigen fünfstelligen Bereich. Aber auch das kann sich Schömberg nicht mehr leisten. Es ist hier leider wie überall so, dass bei Kürzungen zuerst die Kultur betroffen ist. Kultur wird als Luxus angesehen. Dabei ist Kultur ein Grundnahrungsmittel.

So viel sei zum Trost verraten: Es wird im Herbst eine Ausstellung geben, aber eben keinen Wettbewerb und auch kein großes Festival mit Outdoor-Ausstellung wie gewohnt.

Angesichts dieser Situation möchte ich gerne mal überlegen, ob so ein Wettbewerb in serieller Photographie überhaupt noch zeitgemäß ist. Die Sehgewohnheiten, die seriell angeordnete Photographie mehrheitsfähig gemacht haben, kommen historisch gesehen aus der großen Zeit der illustrierten Zeitschriften, die zur Bebilderung ihre Artikel Photographen in alle Welt geschickt hat. Viele dieser Serien würden dann auch im Profibereich des Wettbewerbs eingereicht. Die andere Quelle dieser Photoserien sehen sind die Individualreisen von denen auch Amateure spannende Geschichten mitgebracht haben und bringen. Um diese dann im Wettbewerb einreichen zu können.

Now it’s out. There will be no ‘Schömberger Fotoherbst’ competition in 2025. That’s a shame, because the ‘Schömberger Fotoherbst’ is one of the few competitions that focuses on photo series from travel and reportage photography. The Schömberger Fotoherbst has taken place seventeen times since 1998, first annually and later as a biennial.

We don’t yet know whether and how it will continue in 2027. The team is motivated to continue, but this will be difficult in a community that can no longer afford it. Thanks to the dedicated help of many volunteer photo enthusiasts and friends, the Schömberger Fotoherbst has always been more of a ‘low budget’ event with costs in the low five-figure range. But Schömberg can no longer afford that either. Unfortunately, like everywhere else, culture is the first to be affected by cutbacks. Culture is seen as a luxury. But culture is a staple food.

I can tell you this much as a consolation: there will be an exhibition this autumn, but not a competition or a big festival with an outdoor exhibition as usual.

In view of this situation, I would like to consider whether a competition in serial photography is still in keeping with the times. Historically speaking, the viewing habits that have made serial photography popular come from the great era of illustrated magazines, which sent photographers all over the world to illustrate their articles. Many of these series were then also submitted to the competition by  professional photographers.

The other source of these photo series are individual journeys from which amateurs have also brought and continue to bring back exciting stories. These are then submitted to the competition.

Wenn man sich die Entwicklung seit 1998 anschaut, muss man natürlich zugeben, dass der Bedeutungsverlust der Illustrierten, wie überhaupt aller Printmedien dazu geführt hat, dass es immer weniger professionelle Photographen gibt, die gut dafür bezahlt werden in der Welt herumzureisen.

Wo serielle Photographie immer noch eine große Rolle spielt, ist die künstlerische Photographie. Insgesamt und das habe ich vor allem am Beispiel des Wüstenrotpreises schon berichtet, sind künstlerische und dokumentarische Photographie schon lange keine Gegensätze mehr, sondern beide Aspekte spielen z.B. bei Serien, die für Ausstellungen zusammengestellt werden, eine große Rolle.

Ein anderer nicht unwichtiger Aspekt ist, die narrative Kraft von Bild-Serien. Narratives ist ja etwas, was heutzutage sehr hochgeschätzt wird. Oder ist es eher so wie Byung-Chul Han behauptet, dass die Sehnsucht nach Narrativen vor allem damit zu tun hat, dass diese zunehmend aussterben. Die Fragmentierung der Text und Bildwelten durch die neuen Medien und sozialen Netzwerke hat uns den roten Faden aus der Hand genommen. Die dort veröffentlichten Sequenzen sind ja eher als hochfrequentes Aufschlagen von Bruchstücken, denn als zusammenhängende Erzählung strukturiert. Brauchen wir also wieder mehr „Erzählungen“, weil uns diese langsam abhandenkommen, oder ist serielles Erzählen mit Bild-Serien Schneegestöber von gestern?

If you look at the development since 1998, you have to admit that the loss of importance of magazines, like all print media in general, has meant that there are fewer and fewer professional photographers who are well paid for travelling around the world.


Where serial photography still plays a major role is in artistic photography. All in all, and I have already reported on this using the example of the Wüstenrot Prize, artistic and documentary photography are no longer opposites, but both aspects play a major role in series that are put together for exhibitions, for example.


Another not unimportant aspect is the narrative power of image series. Narrative is something that is highly valued nowadays. Or is it rather the case, as Byung-Chul Han claims, that the longing for narratives has more to do with the fact that they are increasingly dying out. The fragmentation of text and image through the new media and social networks has taken the common thread out of our hands. The sequences published there are structured more as high-frequency incoming fragments than as a coherent narrative.

So do we need more ‘narratives’ again because we are slowly losing them, or is serial storytelling with image series an old worn out hat?

Eines der Bilder aus meiner Serie “Große Marken im Nordschwarzwald” meiner einzigen erfolgreichen Teilnahme am Schömberger Fotoherbst, bevor ich  2009 ins Orgateam gegangen bin und somit nicht mehr mitmachen konnte. / One of the pictures from my series “Great brands in the northern Black Forest” from my only successful participation in the Schömberger Fotoherbst before I joined the organizing team in 2009 and was therefore no longer able to take part.

9 Comments

    • Rolf Noe

      Ja, aber es wird ja weiter gehen. Noch ist nicht ganz klar wie, aber ich werde berichten.

  1. DereL

    Es gibt in der Geschichte der Fotografie ein “vor der Serie”, eine dominierende “Hoch-Zeit” der fotografischen Serie und nun ein “Ausfransen” der fotografischen Präsentationen und überhaupt von dem, was man heute noch fotografisch nennt, wie es Klaus Honnef beschreibt. Also ein Nebeneinander traditioneller Präsentationsformen vom Einzelfoto, zu Serien und dem Experimentieren mit neuen medialen Präsentationsformen. Für letzteres steht z. B. Hito Steyerl, mit Serien arbeitet z. B. Juergen Teller jetzt noch erfolgreich, zuletzt mit seinem Werk “Auschwitz, Birkenau”. Andere, wie z. B. der Fotograf Jörg Gläscher, bekannt von seine fotografischen Dokumentationen politischer und gesellschaftlicher Themen in Zeitschriften und Magazinen, hat sich ganz von der Fotografie zurückgezogen. “Ich habe keine Fragen mehr an der Fotografie – sie bietet mir keine Antworten mehr”, sagt er zur Begründung. Stattdessen malt und zeichnet er.
    Es stimmt, die allgemeinen Sehgewohnheiten und damit die allgemeinen Seherwartungen verändern sich. Sehen will gelernt sein, braucht Zeit und es gibt vielfältige sowie eingängige Alternativen zu klassischen fotografischen Serien. Sie werden nicht verschwinden, aber zu einer der vielen fotografischen Nischen werden. Man kann es auch Vielfalt des Fotografischen nennen.

    • Rolf Noe

      Danke für deinen Beitrag, kann ich voll unterschreiben. Ich wäre blind, wenn ich angesichts der allgegenwärtigen digitalen Umwelt glauben würde, dass diese Serien mehr sind als eine weitgehend aus dem journalistischen in den künstlerischen Bereich abgewanderte Ausdrucksform. Aber gerade hier lohnt es sich meiner Ansicht nach unzeitgemäß zu sein und auf eine Nische statt auf den Trend zu setzen. Es lohnt sich, glaube ich, diese Nische zu pflegen, Räume zu schaffen, in der Sie sich entwickeln kann und Anreize zu schaffen sich auf diese Art mit der Welt zu beschäftigen. Das ist der Plan für unser Projekt des “Neuen Fotoherbsts”, von dem ich hoffentlich bald mehr berichten kann.

  2. Uwe H.

    Fotoserien sind – betreibt man Fotografie ernsthaft, egal ob als „Profi“ oder als Amateur – m.E. ein MUSS. Denn dafür ist konzeptuelles Arbeiten erforderlich. Einzelfotos, gute und oft auch weniger gute, gibt es en masse. Dank Facebook, Instagram und was es da noch so gibt. Damit werden auch andere Fotowettbewerbe geflutet. Aber mit (seriellen) Fotografien oder gar einem Ausstellungswürdigen Projekt/Portfolio eine Geschichte erzählen zu wollen (und können) bleibt dabei leider zu oft auf der Strecke.

    Ein Grund, weshalb sich der von mir seit 2019 als Vorsitzender geleitete Landesverband Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern im DVF ( Deutscher Verband für Fotografie) in den von ihm angebotenen Wettbewerben für Serien stark macht und gemeinsam mit dem Magazin SCHWARZWEISS alle 2 Jahre einen Wettbewerb für serielle SW-Fotografie ausrichtet (https://www.dvf-berlin.org/seiten/sw-wettbewerb_2025.html).

    Also bitte nicht die serielle Fotografie vom Schönberger Fotoherbst, wenn der Wettbewerb dann hoffentlich wieder ausgerichtet wird, ausschließen. Ganz im Gegenteil.

    • Rolf Noe

      Danke für deinen starken Einwand. Das ist ganz genau auch meine Meinung. Wenn es etwas zu retten gilt vom Schömberger Fotoherbst, dann ist es der Wettbewerb für serielle Photographie. Und wenn die Sterne günstig stehen und die Sponsoren die Geldbeutel nicht zugenäht haben, dann werden wir das auch schaffen.

  3. kopfundgestalt

    Bild-Serien stelle ich mir schwierig vor heutzutage.
    Ein Besucher einer solchen Ausstellung müsste vorgewarnt/eingestellt werden, daß er sich die Zeit für Serien nimmt. Im MMK-Frankfurt huschte ich meistens schnell über die Fotos dort. Man nimmt sich kaum mehr die Zeit.

    • Rolf Noe

      Genau deswegen muss man dagegen halten! Mit Serien und mit Ausstellungen, die Zeit zum Betrachten zumindest anbieten.

      • kopfundgestalt

        Manche verstehen das und schauen genau hin.

        Was schade ist, daß ein Museum allermeist eine FÜLLE von Objekten anbietet, für das es keine andere Reaktion gibt, als durchzurennen.

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