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Intuition und Komposition / Intuition and composition

Consulting the rules of composition before taking a photograph is like consulting the laws of gravity before going for a walk.

Edward Weston

Nun, dies schließt mehr oder weniger nahtlos an den Beitrag `Weniger ist die Message´ und an einen Kommentar von Andreas an, der diesem Gedanken den der Gestaltung entgegenhält.

Ich werde versuchen zu zeigen, dass die Selektion natürlich immer nur im Dienste der Gestaltung eine Rolle spielt. Aber was heißt Gestaltung?

Es gibt zwei Arten von Lehrbüchern wenn es um das Thema Gestaltung geht; die Einen gehen das Thema systematisch an und arbeiten sich durch alle möglichen Gestaltungselemente durch. Das beginnt mit dem Punkt, der Aufmerksamkeit auf sich zieht, entweder gewollt oder störend. Es geht weiter mit der Linie, die den Blick führt, idealerweise ins Bild hinein. Meist endet es bei den Flächen, die idealerweise im Verhältnis des goldenen Schnittes zueinander stehen sollten. Als wäre das Photographieren  ein Spiel mit dem Geometriebaukasten.

Natürlich ist es wichtig sich mit der Rolle von Gestaltungselementen auseinander zu setzen, aber Niemand wird auf der Suche nach Punkten, Linien und Flächen photographieren gehen. Man entdeckt diese Elemente wenn man gelernt hat danach zu schauen meist auf den fertigen Produkten seiner Bemühungen und ärgert sich meist dies oder jenes beim Abdrücken nicht bedacht zu haben. So kann man sich der Sache annähern.

Die zweite Art von Ratgebern rät dem geneigten Leser seiner Intuition zu folgen, Photographieren als Meditation anzusehen und ansonsten den bestmöglichen Selbstausdruck zu suchen. Das klingt alles sehr gut aber so funktioniert es auch nicht wenn man zum Photographieren geht. Zumindest nicht solange das Empfinden für Linien und Proportionen nicht schon gut geschult ist. Es sind ganz konkrete Entscheidungen zu treffen, die zu einem Photo führen. Zuerst die Frage, wo bleibe ich stehen und erwäge ein Bild zu machen oder wo gehe ich hin, will da gute Bilder zu machen sind. Dann vor Ort die Frage nach dem Ausschnitt, den ich wähle und dem Zeitpunkt, zu dem ich den Zeigefinger krümme. Bei der Wahl des Ausschnittes kommt noch die Feinarbeit hinzu. Kommt Dies noch ins Bild, muss Jenes ausgeblendet werden? Welche Brennweite passt zu meiner Wahl etc. Hier hilft auch nochmal ein Blick auf die Gestaltungselemente. Wie laufen die Linien ins Bild, gibt es störende Punkte oder helle Flächen und wirkt das Ganze ausgewogen oder spannend.

All diese Entscheidungen kann ich vom Intellekt her oder aber auch intuitiv treffen. So oder so muss ich auf einen Gewissen Erfahrungsschatz zurückgreifen, der sich aus der Betrachtung von Bildern speist,  der Betrachtung der eigenen Bilder, derjenigen, von berühmten Photographen,  von `Naturtalenten´ wie Vivian Maier, auf Photo-Plattformen oder, warum nicht, denen, die sich in Zeitungen und sonstigen bildbenutzenden Medien sich tummeln.

Ohne eine Auseinandersetzung mit den Bildinhalten und der Frage inwiefern diese von den Gestaltungselementen unterstützt werden wird man seinen Blick nicht schulen können.

Man kann Gestaltung nicht aus einem Buch lernen aber Bücher können natürlich dabei hilfreich sein, seinen Blick zu schulen und laufend weiter zu entwickeln. Es braucht die eigene Auseinandersetzung und, wenn möglich auch die Rückmeldung von Anderen (aber davon ein ander Mal)

Well, this fits more or less seamlessly with the post ‘Less is the Message’ and a comment by Andreas, who opposes that to the idea of composition.

I will try to show that selection, of course, always plays a serving role in the composition. But what does composition mean?

There are two types of textbooks when it comes to composition; Some approach the topic systematically and work their way through all sorts of design elements. It starts with the point that attracts attention, either intentional or distracting. It continues with the line that leads the view, ideally into the picture. Mostly it ends with the surfaces, which should ideally be in the ratio of the golden section to each other. As if the photographing was a game of geometry.

Of course, it is important to deal with the role of composing elements, but nobody will go photographing in search of points, lines and surfaces. One discovers these elements when one has learned to look after them mostly on the finished products of his efforts and usually is annoyed by not having cosidered this or that, when bending the finger. So you can approach this  quest.

The second type of guidebook advises the reader to follow his intuition to look at photography as a meditation and otherwise seek the best possible self-expression. It all sounds very good, but that’s not how it works when you’re going to take pictures. At least not as long as the sense of lines and proportions is not well-trained. There are very specific decisions to make that lead to a photograph. First the question, where do I stop and consider to take a picture or where do I go, because there are good pictures to take. Then on-site the question of the section I choose and the time when I crook my index finger. In the choice of the cutout, the fine work is then added. Is this still to be in the picture, or must it be hidden? Which focal length suits my choice etc. Here fits another look at the copository elements. How do the lines run into the picture, are there disturbing points or bright areas, and is the whole thing balanced or exciting?

All these decisions can be made intellectually or intuitively. Either way, I have to fall back on experience, which feeds on the viewing of images, the observation of their own images, those of famous photographers, `nature talents’ like Vivian Maier, on photo platforms or, why not, those who frolic in newspapers and other image-using media.

Without a discussion of the image content and the question of how they are supported by the compository elements one will not get the eye.

You cannot learn composition from a book, but of course books can be helpful in training your eyes and constantly developing them. It takes the own argumenting and, if possible, the feedback from others (but we will talk of them another time)

4 Comments

  1. Klaus

    Obwohl das Konzept der Führungslinien überholt ist wird man immer wieder auf deren Bedeutung hingewiesen! Das Auge des Betrachters orientiert sich nicht an irgendwelchen Führungslinien. Insofern sind auch Kompositionslehrbücher mit kritischer Distanz zu lesen. Ich denke auch, eine Schulung des Blicks ist wichtig um eine Vorstellung von Kompositionsmöglichkeiten zu bekommen. Das Bild selbst ist dann eine Kombination von Verstand, Wissen, Intuition und den technischen Möglichkeiten des Geräts.
    Und das ist ein Mysterium!

  2. Andreas

    “Es sind ganz konkrete Entscheidungen zu treffen, die zu einem Photo führen. Zuerst die Frage, wo bleibe ich stehen und erwäge ein Bild zu machen oder wo gehe ich hin, will da gute Bilder zu machen sind.”

    Sagen wir mal, es gäbe keine (objektiv) guten Bilder, sondern nur richtige Bilder. Bilder, die exakt das ausdrücken, was der Fotograf ausdrücken wollte. Zuerst müsste dann ja die Aussage da sein, die zu tätigen ist, das Bild im Kopf. Alle weiteren Entscheidungen werden nur getroffen, um aus dem Bild im Kopf ein Bild auf Papier zu machen.

    Gestaltung ist ein Hilfsmittel, um etwas auszudrücken, kein Selbstzweck (da landet man im Formalismus). Intuition ist im besten Fall verinnerlichtes Wissen. Es kann interessant sein, Bilder vom Unterbewusstsein gestalten zu lassen. Meistens bin ich aber eher frustriert, dass mein Intellekt nicht drauf gekommen ist, und ich nehme solche Bilder gar nicht als meine eigenen wahr. Und, was dazukommt, bei mir geht intuitive Gestaltung meist völlig an dem vorbei, was ich eigentlich zum Ausdruck bringen wollte.

    Gestaltung, Intuition und Selektion sind daher für mich Werkzeuge, um die sagen wir mal “Skizze” im Kopf als Bild umzusetzen. Woher dieses Bild im Kopf kommt, ist mir ein Mysterium. Aber so gesehen sind ja viele Dinge ein Mysterium.

    Wenn das Bild im Kopf da ist, nehme ich mein Handwerkszeug, et voilà! Der Rest ist Arbeit.

    LG, Andreas

    • Rolf Noe

      Das mit dem `richtigen´ statt dem `guten´ Bild ist ein wichtiger Hinweis. Mit dem Bild im Kopf und seinem Weg bis zum Bild auf dem Bildschirm oder im Print beschreibst Du sozusagen deinen workflow. Aber ich denke man kann auch in die andere Richtung losmarschieren. Beim Blick durch den Sucher/aufs Display Ineressantes entdecken, komponieren und dann zu einem Ergebnis kommen das Bilder im Kopf anregt oder erzeugt. Eine Prozessuale Herangehensweise, nicht zu verwechseln mit einfach draufhalten. Das ist zumindest bei mir oft der Weg.

  3. Harald S.

    Wenn man sich als engagierter Amateur weiterentwickeln will, glaubt man zunächst, dass jeder Schritt schon ein Ziel für sich ist. So hat mich die Sache mit den führenden Linien und dem Goldenen Schnitt eine ganze Weile beschäftigt. Ich hatte da so meine AHA!-Erlebnisse. Doch dann fiel mir auch auf, dass dadurch ja die Spontanität und Intuition auf der Strecke bleiben. Hmmm, was nun?
    Was mir bleibt ist die Einsicht, dass es keine Endpunkte in der Entwicklung gibt, sondern Richtungen. Und die können sich auch mal ändern, und es kann Umwege geben. Das Ziel kann nicht sein, lange an festen Standpunkten zu verharren, sondern voranzukommen.

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