Das ist der Titel einer programmatischen Schrift von Joachim Schmidt aus dem Jahre 1987. Sie erschien in „Hohe und niedere Fotografie“, Begleitheft zu Ausstellung im Kunsthaus Rhenania, Köln 1988 und ist im Internet nachlesbar. Schmidt beklagt, nicht als Erster und schon gar nicht als Letzter (man bedenke – die digitale Zeit war noch nicht angebrochen), die Bilder-Flut. Er zieht genüsslich über Knipser, Kunstfotografen und deren Gehilfen, die Kunstkritiker und Theoretiker her, und fordert schließlich die konzeptionelle Beschäftigung mit dem vorhandenen Material.
Das Thema hat bei mir Widerhall gefunden, weil ich zunehmend weniger photographiere, mir aber zunehmend mehr Gedanken mache, wofür ich die Bilder eigentlich verwenden will. Zu meiner eigenen Produktion der letzten 30 Jahre kommt dann noch die 600 Filme, die mein Vater belichtet hat und die Frage, ob und wie man diese sinnvoll verwenden könnte. Ich denke, damals bezog sich das Manifest vor allem darauf, “Photos” konzeptionell zu verwenden und hat so auch, zumindest in der Kunstwelt, Umsetzung gefunden.
Aber die Frage kann auch auf die Entwicklung der gesamten Bildproduktion der letzten zwei Jahrhunderte angewendet werden. Die Zahl der gemachten Bilder ist stetig angestiegen. Die Digitalisierung hat zu einer noch dramatischeren Explosion der Bilderwelten geführt, aber, das muss man zugeben, sie hat auch dafür gesorgt, dass Unmengen von Bildern auf relativ kleinem Raum abgespeichert werden können. Meine Familienbilder aus den 90ern und frühen 00-er Jahren füllen noch ein ganzes Regal, während die 20 Jahre digitale Bildproduktion mit 100000den von Bildern auf zwei bis drei größeren Festplatten Platz finden, die man in einem Schuhkarton verstauen kann.
In den letzten 10 bis 15 Jahren ist vor allem im Zusammenhang mit den Vor- und Nachlässen der Fotografen des 20. Jahrhunderts und mit dem Anwachsen der Archive, die Frage aufgekommen, wie man mit diesem kulturellen Erbe verfahren solle. Dazu gehört auch die Diskussion über ein Photoinstitut, in welcher Stadt auch immer, die man in den PhotoNews verfolgen hätte können, wenn man den Nerv gehabt hätte, die Artikel alle zu lesen.
Spannender finde ich zwei Ansätze, die ich hier gerne kurz anreißen möchte:
Erstens die Initiative “Artist meets Archive“, die von der `Internationalen Photoszene Köln´ 2024/25 zum vierten Mal durchgeführt wird. Hier werden Kooperationen zwischen Künstlern und Archiven vermittelt, es wird sich ausgetauscht und die Ergebnisse werden unter anderem auf dem Festival der Photoszene gezeigt, das nächstes Jahr stattfinden wird. Man kann auf der Homepage einiges auch über die bisherigen Projekte lesen, aber ich freue mich darauf nächstes Jahr im Mai/Juni auch mal live zu sehen, was bei diesen Tauchgängen in die Archive so zutage gefördert wird. Wer jetzt schon einen Eindruck bekommen will, kann auf Instagram nachschauen. Die in den Archiven tätigen „artists in residence“ übernehmen zurzeit den Insta-Kanal der Kölner Photoszene und berichten von ihren Projekten.
Zweitens gibt es da die Homepage namens `Lightning the archive´. Zuerst hab ich von diesem Projekt im Podcast von Alexander Hagmann (die Motive) gehört, und zwar in der Folge mit Rebecca Wilton. Auf der Homepage werden Interviews zusammengeführt, in denen Künstler und Kuratoren über ihre Vorstellung davon befragt werden, wie sie ihre Arbeiten sortieren und archivieren und wie mit den Ergebnissen ihrer Arbeit verfahren werden soll, wenn sie selbst nicht mehr darüber entscheiden können. Gerne hätte ich die Zeit, mir die ganzen Interviews mal durchzulesen. Leider bin ich aber bisher noch nicht dazu gekommen.
Und damit wären wir beim kritischsten Punkt dieses Themas. Es brauch Zeit, Geduld und den Raum dazu, sich mit den `noch nicht aufgebrauchten´ Bildern zu beschäftigen, sie zu sichten, neu anzuordnen und abzuspüren, ob sie durch diese Arbeit für mich oder Andere wieder interessant werden können.
This is the title of a programmatic essay by Joachim Schmidt from 1987, which appeared in “Hohe und niedere Fotografie”, a booklet accompanying an exhibition at the Kunsthaus Rhenania, Cologne 1988, and can be read online. Schmidt is not the first, and certainly not the last (remember – the digital age had not yet dawned), to lament the flood of images. He gleefully criticises photographers, art photographers and their assistants, art critics and theorists, and ultimately calls for conceptual engagement with the available material.
The topic has resonated with me because I am taking fewer and fewer photographs and I am thinking more and more about what I actually want to use the images for. In addition to my own production over the last 30 years, there are the 600 films that my father exposed and the question whether and how they could be used sensibly. I think that at the time, the manifesto mainly referred to the conceptual use of “photos” and that’s how it was realised, at least in the art world.
But the question can also be applied to the development of image production as a whole over the last two centuries. The number of images produced has steadily increased. Digitalisation has led to an even more dramatic explosion in the world of images, but, it must be admitted, it has also ensured that vast quantities of images can be stored in a relatively small space. My family photos from the 90s and early 00s still fill an entire shelf, while 20 years of digital image production with 100,000s of images can be stored on two or three larger hard drives that you can stow away in a shoebox.
In the last 10 to 15 years, the question of how to deal with this cultural heritage has arisen, particularly in connection with the legacies and estates of 20th century photographers and the growth of archives. This also includes the discussion about a photo institute, in whatever city, which you could have followed in PhotoNews if you’d had the nerve to read all the articles.
I find two approaches more exciting, which I would like to briefly outline here:
Firstly, the “Artist meets Archive” initiative, which is being organised by the `Internationale Photoszene Köln’ for the fourth time in 2024/25. Here, collaborations between artists and archives are arranged, there is an exchange of ideas and the results are shown at the Photoszene Festival, which will take place next year. You can also read a lot about the previous projects on the homepage, but I’m looking forward to seeing live next year in May/June what is brought to light during these dives into the archives. If you want to get an impression now, you can take a look at Instagram. The “artists in residence” working in the archives are currently taking over the Insta channel of the Cologne photo scene and reporting on their projects.
Secondly, there is the homepage called ‘Lightning the archive’. I first heard about this project in Alexander Hagmann’s podcast (die Motive) in the episode with Rebecca Wilton. The homepage brings together interviews in which artists and curators are asked about their ideas on how to sort and archive their work and what to do with the results of their work when they can no longer make decisions about it themselves. I would love to have the time to read through all the interviews. Unfortunately, I haven’t got round to it yet.
And that brings us to the most critical point of this topic. It takes time, patience and the space to deal with the ‘not yet used up’ images, to sift through them, to rearrange them and to sense whether they can become interesting again for me or others through this work.
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Solche Gedanken über den Umgang mit den eigenen Bildvorräten bewegen mich seit Monaten auch, und die ständig sich vergrößernde Masse bremst meine Fotografierfreude zur Zeit fast völlig aus.
Es ist wohl natürlich, dass alle Leidenschaften auch mal eine Pause brauchen. Die könnte man gelassen gewähren, wenn da nicht der unbehagliche Gedanke an das mögliche vollständige Ende wäre.
Deinen Links werde ich in der nächsten Zeit noch folgen. Danke für diesen Beitrag, der mir wohltut, weil er mir zeigt, dass ich nicht die einzige bin, die solche Gedanken bewegt.