Gern hätte ich mehr von der „düsseldorf photo+“ mitbekommen, aber das hat nicht gepasst. Stattdessen bin ich in der Heinrichshütte Hattingen vorbeigefahren. Nicht so sehr, weil mich die verrostende Industriearchitektur angezogen hätte (die aber auch sehr photogen ist), sondern weil ich, seit ich von der Ausstellung „Krieg und Frieden“ von Nanna Heitmann gehört hatte, wusste, dass ich sie mir anschauen muss. Und ich wurde nicht enttäuscht. Ich kann diese Ausstellung nur empfehlen, die bis 13.10.2024 in Hattingen zu sehen sein wird.
In der Gebläsehalle der Hütte sind die großformatigen Bilder ansprechend in den Raum gestellt und werden von Stelen begleitet, auf denen der Begleittext für zwei bis vier Bilder zu lesen ist. Aus eine sehr unaufgeregte Weise, die ich gerade angesichts des Themas als sehr angenehm empfunden habe, zeigt Nanna Heitmann Bilder vor allem aus dem heutigen Russland, dass sehr stark aber nicht ausschließlich von dem imperialen Krieg geprägt ist, den die Herrschenden meinen der eigenen Geschichte schuldig zu sein. Auf eine sehr subtile Art und Weise wird deutlich, wie die Menschen jenseits des neu aufgerichteten eisernen Vorhangs ebenfalls nur Opfer der Großmachtbestrebungen eines autokratischen Herrschers sind, dem sie mehr oder weniger gezwungenermaßen zur Gefolgschaft verpflichtet zu sein glauben.
Die Bilder zeigen Menschen, die vom Krieg betroffen sind, weil sie eingezogen wurden oder weil sie sich zu entziehen versuchen, weil sie nicht mehr, wie gewohnt, an internationalen Wettkämpen teilnehmen können oder auch nur weil sie wirtschaftlich die Folgen des Krieges zu spüren bekommen. Sie zeigen auch Situationen wie verfallene Fabrikgebäude oder das Feuerwerk auf einer der Jubelfeiern des Systems. Sie zeigen Situationen, in denen Rekrutierte indoktriniert werden sollen oder schon indoktrinierte Muslims beim Gebet vor dem Kampf gegen das dekadente Abendland. Besonders anrührend fand ich die Bilder aus einer Reportage über die Altgläubigen, eine Glaubensgemeinschaft, die schon zu Zeiten der Zaren unterdrückt wurden, die im Kommunismus sich in entlegenste Gebiete zurückziehen mussten und die auch jetzt aus Überzeugung nicht bereit sind, sich mit dem jetzigen Regime gemein zu machen.
Nanna Heitmann ist diejenige, die das fast schon ikonische Panzerbild geschossen hat, mit dem das TIME-Magazin vom Angriff von Putins Truppen auf die Ukraine berichtet hat. Sie ist in der heute seltenen Lage, dadurch, dass Sie in Moskau wohnt, Bilder aus Russland auch für westliche Augen zugänglich machen zu können. Sie hat aber ein durchaus breiteres Spektrum an Themen wie z.B. Umweltschutz bzw. das Auftauen der Tundra-Böden und sie wurde mit zwei sehr persönlichen Reportagen über Menschen in Tuva und eine Zechenschließung in Bottrop für den Magnum Award 2019 nominiert. Ihre Bilder sind nie aufdringlich, aber dafür umso eindrücklicher.
I would have liked to see more of the “düssledorf photo+”, but that didn’t work out. Instead, I drove past Heinrichshütte Hattingen. Not so much because I was attracted by the rusting industrial architecture (which is also very photogenic) but because I knew I had to go and see the exhibition “War and Peace” by Nanna Heitmann as soon as I heard about it. And I was not disappointed. I can only recommend this exhibition, which will be on display in Hattingen until 13 October 2024.
In the blower hall of the hut, the large-format pictures are attractively placed in the room and are accompanied by steles on which the accompanying text for two to four pictures can be read. In a very unagitated manner, which I found very pleasant, especially in view of the subject matter, Nanna Heitmann shows pictures mainly from today’s Russia, which is strongly but not exclusively characterised by the imperial war that the rulers believe they owe to their own history. In a very subtle way, it becomes clear how the people on the other side of the newly erected Iron Curtain are also only victims of the great power endeavours of an autocratic ruler to whom they believe they are more or less obliged to obey.
The pictures show people who are affected by the war because they have been drafted or because they are trying to evade it, because they can no longer take part in international competitions as they used to, or simply because they are feeling the economic consequences of the war. They also show situations such as dilapidated factory buildings or the fireworks at one of the system’s celebrations. They show situations in which recruits are to be indoctrinated or already indoctrinated Muslims praying before the fight against the decadent West. Especially touching I found the pictures from a reportage about the Old Believers, a religious community that was already oppressed in the times of the tsars, who had to retreat to the remotest areas under communism and who are not prepared to make common cause with the current regime out of conviction.
Nanna Heitmann is the one who shot the almost iconic picture of an armoured vehicle that TIME magazine used to report on the attack by Putin’s troops on Ukraine. She is in the rare position today of being able to make images from Russia accessible to Western eyes because she lives in Moscow. However, she covers a much broader range of topics, such as environmental protection and the thawing of tundra soils, and she was nominated for the Magnum Award 2019 with two very personal reportages about people in Tuva and a coal mine closure in Bottrop. Her images are never intrusive but all the more impressive for that.
Translated with the help of DeepL.com
Mir neu, dass du dich für Fußball interessierst. Ich krieg da (nach wie vor) so ziemlich gar nix mit.
Eigentlich interessiert sich mein Sohn für Fußball. Aber bei größeren Events schaue ich mir, wenn’s passt
gern auch mal ein Spiel an. Die Spanier haben gestern sehr schön gespielt und die Franzmänner rausgekickt.
Als Metaphernlieferant für (kriegerische) Auseinandersetzungen taugt Fußball allemal.
Was hat´s denn mit dem Foto der beiden Pseudo-SS-Bubis auf sich (drittes Foto von oben)? Zwei Pre-War-SS-Reenactors?
Ja, tatsächlich sollen sie die bösen Nazis darstellen (was ihnen nur bedingt gelingt) in Szenarien, mit denen Putin das Narrativ speist, es würde sich bei dieser Militäraktion um die zweite große Abwehrschlacht gegen den Faschismus handeln. Wir sehen ja beim Fußball, dass die zuversichtliche Haltung, man habe ja letztes Mal gewonnen, nicht unbedingt so ohne weiteres hilft, den Sieg zu wiederholen.