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Malerei im Zeitalter des technischen Bildes / Painting the age of the technical picture

Das vielleicht vielschichtigste Bild, vor allem wenn man die, bist in die jüngste Vergangenheit andauernden, Diskurse über das Original berücksichtigt – eine Dekonstruktion der Meninas von Velázquez.

Ihr Name ist mir vorher nie begegnet, aber als ich ein Bild in einer der kostenlosen Kunst-Zeitungen sah, die so in den Museen rumliegen, wusste ich sofort, dass ich mir diese Werkschau in Baden-Baden anschauen muss. Das Bild zeigte den Blick durch eine Jalousie in ein eingerichtetes Wohnzimmer war aber definitiv kein Foto. Das Bild erinnerte mich an einige New York-Photos von Saul Leiter, die durch Schaufensterscheiben und andere Blick-Hindernisse im Vordergrund gekennzeichnet sind.

Karin Kneffel lockte also Harald und mich ins Frieder Burda Museum nach Baden-Baden. Frieder Burda hat scheinbar diese Künstlerin, die mit Links und mit ganz feinen Pinseln malt, schon früh entdeckt und gesammelt. Jetzt endlich kam es in Zusammenarbeit mit der Kunsthalle Bremen zu dieser Werkschau.

Als Fassade wahrgenommen habe ich die Feuer-, Früchte- und Tierbilder, die Karin Kneffel wohl in den 90er Jahren als Reaktion auf die Verbannung des Schönen aus der Kunstwelt verfertigt hatte. Sie selbst bezeichnet diese Bilder als unnatürlich schön. Die Bilder sind beeindruckend und vor allem in ihrer Monumentalität ein Statement, aber was die Malerin im Hintergrund beschäftigt und in die verschiedenen Traditionen der Kunst- und Fotografie- Geschichte einbindet sind ihre mehrschichtigen Bilder.

Diese zeigen eigentlich alle Räume, Kunst im Architektur-Rahmen, Innenräume mit Kunstwerken in meist von Mies-van-der-Rohe entworfenen Gebäuden.

Gleich zu Beginn zeigen Bilder den Glaskubus im Lehmbruckmuseum, Duisburg den Karin Kneffel sichtbar macht indem sie in mehreren Variationen, Szenen malt in denen Reinigungskräfte das Glas von innen einshampoonieren und damit für den Blick des Betrachters greifbar machen. Das zieht sich dann auch weiter durch. Wassertropfen, angelaufene Scheiben, verschmierte Scheiben oder Verkratzte liegen vor fast allen Bildern. Als wollten diese darauf hinweisen, dass der Blick in die Welt nie unmittelbar ist sondern immer durch unsere `Sonnenbrille´ getönt.

Solche Ansichten können unmöglich in die Malerei kommen ohne die Fotografie. Die Spiegelungen in den Wassertropfen sind so flüchtig dass sie nur auf Fotos Bestand haben. Manche Bilder zeigen Perspektiven, die die Verkippung der Kamera hervorruft. In den Innenräumen die Karin Kneffel malt rekonstruiert sie zum Teil minutiös nach unscharfen Schwarz-Weiß-Fotos die Einrichtung z.b. in den Villen `Haus Lange´ und Haus Esters´ in Krefeld. Sie rekonstruiert z.b. eine Ecke, in der ein Chagal-Bild, der Droschkenkutscher zu sehen ist, der von zwei Lehmbruck Torsi flankiert wird. Und zwar nach Fotos in verschiedenen Perspektiven, auf denen man nur schwer erkennen kann, welcher Chagall das überhaupt ist.

Ihre Bilder zitieren ihre Quellen, versuchen nicht zu verbergen, dass sie nach Fotos gemalt sind. Die Bilder gehen aber in ihrer Vielschichtigkeit über ihre Inspirationsquellen hinaus. Wie die verschiedenen Ebenen funktionieren, sieht man sehr schön an den drei Bildern, die Kneffels Bremer Schüler vor einem „Portrait“ ihres Lehrers Gerhard Richter zeigen. Im Vordergrund ist eine beschlagene Glasscheibe auf der die Malerin Smileys gezeichnet hat. Dahinter sieht man die Schüler in Rückenansicht. Diese wiederum schauen sich das Bild “Betty” von Richter an. Das ist ein Portrait, dass Keines ist, weil sich Betty abwendet und man ihr Gesicht nicht sieht. So (und so ähnlich) setzt sich Karin Kneffel mit ihrem Lehrer Gerhard Richter auseinander. Aber auch in den anderen Bildern wird seine Auseinandersetzung mit Bildmedien konsequent weitergeführt.

Bei Kneffel geht es dann auch noch einen Schritt weiter, wenn z.b. der Fernseher ein anderes Bild zeigt als seine Spiegelung im Parkett oder wenn der Blick aus dem Fenster auf eine leicht gruselige Nachtszene in einem Wohngebiet kommentiert wird von dem Spiegelbild eines Hitchcock Streifens im Fernseher an der Fensterscheibe. Hier macht sich die Malerei von ihren Traditionen los, erkundet und kreiert eine neue Seh-Welt.

Der Besuch in dieser Ausstellung wird zu Entdeckungsfahrt (vor allem, wenn man den Audioguide nutzt) ich könnte noch eine ganze Reihe von Beobachtungen aufschreiben (z.B.- die Sache mit den Hunden) aber wahrscheinlich ist es spannender das alles selbst zu erleben – noch bis 8.3.2020 in Baden-Baden.

I never met her name before, but when I saw a picture in one of the free art newspapers, that are lying around in museums, I knew immediately that I had to take a close look  at this exhibition in Baden-Baden. The picture showed the view through a blind in a furnished living room but was definitely not a photo. It reminded me of some New York pictures of Saul Leiter with windowpanes and other obstacles in the foreground.

So Karin Kneffel lured Harald and me to the Frieder Burda Museum in Baden-Baden. Frieder Burda early discovered and collected this artist , who paints lefthanded and with very fine brushes. Now, finally, in cooperation with the Kunsthalle Bremen, this exhibition of her work has come about.

I perceived them as facad, the fire, fruit, and animal paintings that Karin Kneffel made in the 1990s probably as a reaction to the banishment of beauty from the art world. She herself describes these pictures as unnaturally beautiful. The pictures are impressive and above all their monumentality makes a statement, but what the painter is more concerned with in the background and what integrates her  into the various traditions of art and photography history are her multi-layered pictures.

These actually show all rooms, art in an architectural frame, interiors with works of art in buildings mostly designed by Mies-van-der-Rohe.

Right at the beginning of the exhibition, pictures show the glass cube in the Lehmbruckmuseum, Duisburg in several variations, which Karin Kneffel makes visible by painting, scenes in which cleaning staff shampoo the glass from the inside and thus make it tangible for the viewer. This then continues. Drops of water, tarnished panes, smeared panes or scratches can be seen in front of almost all pictures. As if they wanted to point out that the view into the world is never immediate but always tinted by our ‘sunglasses’.

Such views cannot possibly come into painting without photography. The reflections in the water drops are so fleeting that they only last in photographs. Some pictures show perspectives that are caused by the camera’s tilted plane. In the interiors, Karin Kneffel paints, she reconstructs the furnishings, for example in the villas ‘Haus Lange’ and ‘Haus Esters’ in Krefeld, meticulously after blurred black and white photos. She reconstructs e.g. a corner, in which a Chagal picture, the cab driver, can be seen, flanked by two Lehmbruck torsos. And this after photos in different perspectives, where it is difficult to recognize which Chagall this is at all.

Her pictures quote her sources, do not try to hide the fact that they are painted after photos. But the pictures go far beyond their sources of inspiration in their complexity. How the different levels work can be seen very nicely in the three pictures that show Kneffel’s Bremen students in front of a “portrait” of her teacher Gerhard Richter. In the foreground there is a steamed up glass pane on which the painter has drawn smileys. Behind it you can see the pupils in back view. These in turn are looking at the painting “Betty” by Richter. This is a portrait that isn´t one, because Betty turns away and her face cannot be seen. This (and similar) is how Karin Kneffel deals with her teacher Gerhard Richter. But also in the other pictures his examination of visual media is consistently continued. In Kneffel’s work, things go a step further, for example, when the television shows a different image than its reflection in the parquet floor or when the view out of the window of a slightly creepy night scene in a residential area is commented by the reflection of a Hitchcock stripe in the television on the window pane. Here, painting breaks away from its traditions, explores and creates a new world of vision.

A visit to this exhibition becomes a journey of discovery (especially if you use the audio guide). I could write down quite a few more observations (e.g. – the thing with the dogs) but probably it is more exciting to experience all this yourself – until 8.3.2020 in Baden-Baden.

Translated with the help of www.DeepL.com/Translator

4 Comments

  1. Harald S.

    Ja, eine wirklich beeindruckende Ausstellung und eine absolute Empfehlung für alle, die sich gerne Gedanken über Fotografie und das Sehen machen. Und schön hast Du das zusammengefasst, Rolf! Manche Bilder wirken wie vielschichtige Bilderrätsel, in denen man sich verlieren kann. So viele Arten des Sehens kann man darin finden, vom natürlichen Sehen, über das Fernsehen, das Kino und die Fotografie bis zum Blick in ein Spiegelbild. Karin Kneffels Ausstellung ist unbedingt sehenswert!

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