Menu Close

Photographie und Malerei im 19ten Jahrhundert/ Photography and Painting in the 19th Century

Aus heutiger Sicht, da Photographien aus  Ausstellungen, Galerien und Museen kaum mehr wegzudenken sind, denkt man Sie sei schon immer Kunst gewesen. Dass die Photographie ihre handwerklichen Lehrjahre durchmachen musste zeigt die Ausstellung  „Licht und Leinwand“, die zurzeit (bis 2.6.19) in der staatlichen Kunsthalle zu Gast ist.

Abbildung

Die Photographie ist von  Beginn an in immer breiter werdender Front gegen die Malerei angetreten. Sie konnte Portraits machen, die zwar kleiner aber wirklichkeitsgetreuer waren. Sie konnte historische Ereignisse festhalten oder inszenieren,  Aktbilder verfertigen, ferne Orte oder berühmte Bauwerke zeigen, Blumen schön aber leider nur in schwarzweiß abbilden und Landschaften stimmungsvoll in Szene setzen. Bei der Erforschung und Kartierung der Welt hat Sie eine entscheidende Roll gespielt. Astro-,  Macro- und Röntgenaufnahmen dringen sogar in Bereiche ein die dem menschlichen Blick und damit auch der Malerei bis dahin verschlossen waren.  Es ist nicht so, dass die Photographie erst die Frage nach der naturgetreuen Abbildung  aufgebracht hat. Darüber wurde auch schon vorher im Bereich von Zeichnung, Radierung etc. trefflich gestritten. Sie hat allerdings, was man vielleicht erwarten würde diese Frage auch nicht endgültig beantwortet sondern nur weitere Fragen aufgeworfen wie Loraine Daston und Peter Galison in ihrem Aufsatz „Das Bild der Objektivität“ (in: Ordnungen der Sichtbarkeit Hrsg. Von Peter Geimer, 2002) in aller Ausführlichkeit anhand der Diskussionen um Abbildungen in medizinischen und naturwissenschaftlichen Atlanten zeigen. Die Subjektivität des Photographen ist zwar geringer und anders gelagert als die des Malers oder Radierers aber sie ist eben nicht eliminiert nur weil die Abbildung dem Apparat überlassen wird.

„Es ist der Künstler, der die Wahrheit zeigt und es ist die Photographie die lügt; denn in Wirklichkeit steht die Zeit nicht still“ wendet Rodin 1912 ein um die spezifische Leistung der bildenden Künste hervorzuheben, nämlich die Fähigkeit aus vielem das Typische oder gar Symbolische zu extrahieren und es in einem Bild oder einer Skulptur festzuhalten. Aber ganz so einfach ist es eben doch nicht, wie die oben erwähnte Ausstellung ganz schön am Beispiel der Darstellung von Bewegung zeigen kann. Eadweard Muybridge hat mit seinen „Studies of an Animal in Motion“ (letztlich durch Summation von Aufnahmen) gezeigt, dass sich Generationen von Schlachtenmalern in ihrer Darstellung der Bewegung von Pferden getäuscht haben.

Vorlage

Wenig bekannt ist auch dass die Photographie im 19ten Jahrhundert von vielen Malern als Hilfstechnologie herangezogen wurde. Man gab es nicht zu, weil das Malen nach der Natur immer noch ein Ideal war aber man malte nach Photos. Bekannt ist das auch durch die tollen Aufnahmen die Eugène Atget von Paris gemacht hat. „Bedarf für diese Aufnahmen gab es nicht nur bei Touristen und Sammlern, sondern auch bei Malern und Bühnenbildnern, die seine Fotos als Vorlagen für ihre eigene Arbeit nutzten.“ (Zit. nach wikipedia s.o.)

Kunst

Man kann abschließend sagen, dass die Geschichte der Photographie als Kunst erst im zwanzigsten Jahrhundert richtig begann. Im neunzehnten Jahrhundert wurde z.B. die Schärfe der  Photographien und Daguerreotypien als sehr unkünstlerisch empfunden und der Mythos von der exakten Abbildung der Natur war noch jung. Aber es gab auch schon damals Photographen, die dafür stritten, der Photographie als Kunstform Anerkennung zu verschaffen. Z.B. indem Sie bewusst mit Unschärfe experimentierten.  Die bekanntesten sind  wohl  Alfred Stieglitz (1864 –1946) und Edward Steichen (1879 –1973) die z.B. unter dem Stichwort Pictorialismus versuchten die Photographie der Malerei gleichzustellen. Das wird sehr schön auch in dem ausgestellten Selbstportrait von Steichen deutlich der sich mit Pinsel und Malerpalette abgelichtet hat.

Ungeist

Baudelaire hingegen konnte, wie viele andere Künstler dieser Zeit, der neuen Erfindung so gar nichts abgewinnen. Er sagte 1859 in „Die Photographie und das moderne Publikum“:

 „In diesen kläglichen Tagen ist eine neue Industrie hervorgetreten, die nicht wenig dazu beigetragen hat, die Dummheit in ihrem Glauben zu bestärken und auch den letzten Rest an göttlicher Inspiration im französischen Geist zu beseitigen. Diese götzendienerische Masse formulierte ein Ideal, das ihrer würdig ist und ihrer Natur entspricht – das versteht sich.“

From today’s point of view, where photographs in exhibitions, galleries and museums are almost indispensable, one thinks they have always been art. The exhibition “Light and Canvas”, which is currently being exhibited at the Staatliche Kunsthalle in Karlsruhe , shows that photography had to go through its apprenticeship as a craft.

Illustration

From the very beginning photography has taken on an increasingly broad front against painting. She could make portraits that were smaller but more realistic. She was able to capture or stage historical events, make nudes, depict distant places or famous buildings, beautifully depict flowers, but only in black and white and set landscapes in an atmospheric mood. She has played a crucial role in exploring and mapping the world. Astro-, macro- and x-ray-photography even penetrate into areas that were previously closed to the human eye and thus to painting. It’s not that photography has first raised the question of lifelike imagery. This has also been argued before in the field of drawing, etching, etc. excellently. It has, however, what one would might expect, not answered this question definitively but only raised further questions such as Loraine Daston and Peter Galison in their essay “The Image of Objectivity” (in: Ordnungen der Sichtbarkeit ed. By Peter Geimer, 2002) show in great detail with examples from the discussions about illustrations in medical and scientific atlases. The subjectivity of the photographer is smaller and different from that of the painter or eraser, but it is not eliminated simply because the image is left to the apparatus.

“It is the artist who shows the truth and it is the photograph that lies; for in reality time does not stand still “, Rodin said in 1912 to emphasize the specific power of the visual arts, namely the ability to extract from many things the typical or even symbolic and to capture it in a picture or a sculpture. But it is not quite that easy, as the above-mentioned exhibition can show with the example of the depiction of movement. Eadweard Muybridge has shown in his “Studies of an Animal in Motion” (ultimately by summing up pictures) that generations of battle painters have misjudged the movement of horses in their presentation.

Template

It is also little known that in the 19th century photography was used by many painters as an aid technology. You did not admit it, because painting after nature was still an ideal, but you painted on photos. This is also known through the great pictures Eugène Atget has made of Paris. “There was a need for these shots not only for tourists and collectors, but also for painters and stage designers, who used his photos as templates for their own work.” (Quote from wikipedia s.o.)

Art 

In conclusion, one can say that the history of photography as art only really began in the twentieth century. In the nineteenth century, for example, the sharpness of the photographs and daguerreotypes was perceived as very inartistic and the myth of the exact depiction of nature was still young. But even then there were photographers who argued for giving photography recognition as an art form. For example, by consciously experimenting with blurring. The best known are probably Alfred Stieglitz (1864 -1946) and Edward Steichen  (1879 -1973). Under the heading of pictorialism, they attempted to equate photography with painting. We see that very nicely in the exhibited self-portrait of Steichen, where he depicts himself with brush and painter’s palette.

Demon

Baudelaire, on the other hand, like so many other artists of the time, was not willing to win anything from the new invention. He said in 1859 in “The Photography and the modern audience“:

“In these pitiful days, a new industry has emerged, which has done little to reinforce its stupidity in its beliefs and to remove the last remnants of divine inspiration in the French mind. This idolatrous mass formulated an ideal that is worthy of it and conforms to its nature – that understands itself. “.

5 Comments

  1. JOHNDOE

    Das mit den Pferden ist ein guter Vergleich. Früher war es schwer zu sagen, ob ein Pferd für die
    Arbeit oder die Freizeit gebraucht wurde. Heute haben wir Maschinen und benutzen die Pferde fast nur zur Freizeitgestaltung.
    Wenn heutzutage ein Künstler (Fotograf) ein Bild (Fotografie) mit Photoshop manipuliert wird er
    oftmals verpönt, weil er ein Bild manipuliert. Seine Absicht ist aber vielleicht ein Kunstwerk zu schaffen, welches nun mal aus einer Fotografie besteht. Ich denke diese Art von Kunst steht noch am Anfang und ist bei den Betrachtern noch nicht so richtig angekommen. Die Betrachter müssen den manipulierten Bildern offener gegenüber stehen, während die Künstler auch darauf achten müssen, dass die Kunstwerke nicht mit realen Bildern (z.B. Dokumentationen) vermischt werden. Solange Fotografien für beides verwendet werden, ist eine klare Trennung unabdingbar.

    • Rolf Noe

      Ich denke, dass es für die Frage, ob Etwas als Kunst funktioniert nicht entscheidend ist, welche Mittel ich benutze. Man kann mit Photoshop genausoviel Müll produzieren wie mit Fine Art printing oder Weichzeichnern. Entscheidend ist ob es wirklich was mit mir zu tun hat was ich da produziere und was ich damit sagen , ausdrücken, erreichen möchte. Es hängt auch nicht davon ab ob ich diese Mittel perfekt beherrsche oder kunstvoll einsetze. Damit komme ich allenfalls auf das Niveau von Kunsthandwerk. Nicht dass ich das Kunshandwerk herabsetzen möchte. Damit kann man auch Leute erfreuen und ins Staunen versetzen, aber das ist eben nur soviel dass ich meinen Job gut mache. Als Journalist z.B. – es gibt haufenweise Photo-Journalisten, die ihren Job sehr gut machen und ihre Mittel perfekt einsetzen. Aber damit es Kunst ist muss es aus einem ganz persönlichen Beweggrund heraus so sein und nicht anders. Und auch dann ist noch nicht gegeben dass es auch als Kunst anerkannt wird. Da kommt dann Beharrungsvermögen dazu und vieleicht auch ein wenig Glück.

  2. JOHNDOE

    Wie war dies in der früheren Zeit, als es noch keine Fotografie gab? Wurden die Bilder der Maler als Abbildung des Realen oder als Kunst verstanden? Damals wurden Bilder u.a. auch gemalt um Dinge zu dokumentieren. Heute wird dies nicht mehr gemacht und man kann diese Bilder eindeutiger der Kunst zuordnen. Ich denke mit der Fotografie ist es heute genauso und der Übergang ist auch nur schwer zu erkennen, außer die Bilder (Fotografien) werden gezielt in einer Kunstgalerie ausgestellt.

    • Rolf Noe

      Du meinst in etwa so wie es mit den Pferden gegangen ist. Früher wurden Sie noch gebraucht für den Transport, zum drauf reiten und für den Krieg. Nachdem diese Nutzanwendungen nach und nach wegefallen sind haben sich einfach heue Formen des `Gebrauchs´ von Pferden herauskristtalisiert: Kutschfahrten für Touristen, Hobbyreiten und die Gallopp-, Spring- und Military-Wettbewerbe. All diese neuen Formen machen nicht mehr viel Sinn für die Wirtschaft, Mobilität und die Herrschaft aber für Diejenigen, die diese Beschäftigungen pflegen generieren Sie Sinn indem Sie die Freizeit gestalten helfen. Ok, aber was heißt das für die Photographie?

Leave a Comment / Schreib einen Kommentar

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.