Im Jahr 1992 besuchte ich die Insel Onikawa Honto mit meiner Familie zu ersten Mal. Vom Haus der Schwiegereltern zum Meer hin zogen sich Felder mit Zuckerrohr und Taro. Der Strand war wild, keine Promenade, keine Touristen Location, damals. Die Familie wohnte in einem zeitgemäßen, geräumigen Haus in Betonständerbauweise. Meine Frau zeigte mir das alte Haus der Familie. Das Häuschen, in dem sie geboren wurde, war inzwischen vermietet. Es war ein einstöckiges Gebäude aus Hohlblocks mit dem traditionellen gemauerten Ziegeldach. Die Bauweise war ein Fortschritt gegenüber den ursprünglichen Holzhäusern, die durch die Taifune im Frühsommer gefährdet waren. Die alten Häuser waren meist klein, von einer Steinmauer oder einer immergrünen Hecke umgeben.
Heute sind solche Häuser selten geworden. Bei meinem Besuch im Frühjahr 2025, während ich das Thema Brutalismus in der Architektur Okinawas erkundete, fand ich dennoch einige wenige überdauernde Beispiele. Sie hielten sich teilweise recht tapfer inmitten des allgegenwärtigen Beton. Nur noch wenige der alten Häuschen sind bewohnt, der Zerfall setzt bald ein, wenn sie aufgegeben werden. Denkmalschutz wie hierzulande habe ich in Okinawa nicht festgestellt. Die alten Häuser Okinawas werden vermutlich nach und nach verschwinden. Hier gründet auch meine Motivation: etwas von dem festzuhalten, was jetzt noch da ist.
Bei aller Modernität der heutigen Architektur Okinawas findet sich doch auch einige Nostalgie. Typische traditionelle Bauelemente wie gemauerte Ziegeldächer werden teilweise bei aktuellen Bauten verwendet.
Einen einzigen Ort habe ich gefunden, wo noch nach traditioneller Art gebaut wird: auf Taketomi entstehen neue Okinawahäuser in Holzbauweise. Die kleine Insel gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO und ist ein Touristenmagnet.
I visited the island of Oikawa Honto with my family for the first time in 1992. There were fields of sugar cane and taro stretching from my parents-in-law’s house to the sea. The beach was wild, no promenade, no tourist location back then. The family lived in a contemporary, spacious house with a concrete frame construction. My wife showed me the family’s old house. The little house where she was born had been rented out in the meantime. It was a single-storey building made of hollow blocks with a traditional brick tiled roof. The construction method was a step up from the original wooden houses, which were at risk from the typhoons in early summer. The old houses were usually small, surrounded by a stone wall or an evergreen hedge.
Today, such houses have become rare. However, during my visit in spring 2025, while exploring the theme of brutalism in Okinawan architecture, I found a few surviving examples. Some of them were holding up quite bravely amidst the ubiquitous concrete. Only a few of the old houses are still inhabited, and decay will soon set in when they are abandoned. I didn’t notice any monument protection in Okinawa.
Despite the modernity of Okinawa’s architecture today, there is also some nostalgia. Typical traditional building elements such as brick tiled roofs are sometimes used in modern buildings. Okinawa’s old houses will probably disappear bit by bit. That is also my motivation: to capture something of what is still there.
I found only one place where traditional architecture is still being used: on Taketomi, new wooden Okinawan houses are being built. The small island is a UNESCO World Heritage Site and a magnet for tourists.











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Das haben die Brieftauben gebracht (von Stefan):
Bekanntlich betreibt der Mensch im Kapitalismus seine Reproduktion nicht (direkt) zur Befriedigung seiner Bedürfnisse. Seine Reproduktion ist ihm ganz und gar zum Mittel der selbstzweckhaften Aus-Geld-mehr-Geld-Macherei geworden. Und reproduzieren kann er sich nur noch, wenn´s ihm gelingt, sich als Konkurrent an dieser Aus-Geld-mehr-Geld-Macherei mehr oder weniger erfolgreich zu beteiligen.
Wie der alltägliche und mich dennoch immer wieder erschütternde Anblick der weitgehend betriebswirtschaftlich durchkalkulierten Kanaren-Architektur um mich rum so provoziert auch dein Japan-Foto-Set bei mir die Frage: Wie sähe eine Architektur aus (bzw. wie wäre die gegenwärtige zu verändern), würde man sich die Potentiale der dritten industriellen Revolution vom Todfeind (der sie im Kapitalismus sind) zum Freund machen; würde man bedürfnisorientiert beraten und sich absprechen, vor allem auf mikroelektronischer Basis, von lokal bis weltweit, dann entsprechend gemeinsam produzieren und schließlich verteilen, was jede(r) und auch die Gesellschaft als Ganze braucht?
Der Weg vom traditionellen Haus zum modernen Betonbau zeichnet auch den Wandel einer weitgehend landwirtschaftlich geprägten zur modernen Dienstleistungsgesellschaft nach. Ich weiß nicht, was die Leute in Okinawa so alles bedenken, wenn sie bauen. Aber es gibt eindeutige Vorlieben, einen großen Formenreichtum und offensichtlich einige Freiheiten für Bauherren. Ob es tatsächlich je eine Welt-Baukultur gibt? Und wäre das wünschenswert?
„Wir leben für euch nicht in einem Museum“, hört man gelegentlich Einheimische zu Touristen sagen, die aus ihren inzwischen gesichts- und traditionslosen, funktionalen und autogerechten Städten in Orte mit noch traditioneller, aber sich wandelnder Bebauung kommen. Tradition als Ausdruck der Gemeisamkeit und Dazugehörigkeit in die moderne Architektur zu übertragen, gelingt nicht so oft und überzeugend.
Die Idee des Ursprünglichen ist ein illusionäres Konstrukt. Die Bauformen werden immer von den technischen Möglichkeiten geprägt. Mein Blick auf die sich wandelnde Architektur Okinawas ist schon auch kontaminiert von romatischen Vorstellungen. Doch der Wandel hat seine Berechtigung. Der urbane Raum ist sehr dynamisch und ich will die Veränderungen im Bild festhalten.