Bei der Beschäftigung mit der Frage, was mit Bildern transportiert/erzählt werden kann, haben wir bisher Einzelbilder in den Blick genommen um festzustellen, dass Sie ohne Hilfestellung zwar gut Stimmungen und Gefühle aber kaum Erklärungen oder Geschichten zu vermitteln in der Lage sind. Anders bei längeren Serien wie sie in Reportagen benutzt werden. Hier stützen sich die Bilder gegenseitig und können einen Gegenstand umkreisen oder eine Geschichte erzählen, vor allem wenn Sie zusätzlich noch durch Text gestützt werden. Harald hat jeweils ein Beispiel für additive Serien und Gedanken über mehr Richtung Reportage tendierende Serien beigesteuert. Da ist auch sicher noch nicht das letzte Wort gesprochen.
Menschen, die meine Bilder auf den entsprechenden Plattformen verfolgen haben schon (sofern das Medium das überhaupt zulässt) bemerkt, dass ich Bilder nur noch im Dreier-Packe abliefere. Warum denn das? Wieder so ein Manierismus? Eher eine Übung, eine Disziplin die nicht nur aus der Unzufriedenheit mit der Vereinzelung der Bilder in den geläufigen Kanälen zusammenhängt. Am Anfang stand ein Projekt im lokalen Photoclub. Es sollten heimische Frühblüher in eine Präsentation gezeigt werden. Da hat sich für mich der Dreischritt Kontextaufnahme (Wiese, Bachufer oder Waldboden), Portrait der Pflanze (ganze Ansicht in einem entwickelten Stadium) und Detailaufnahme (Blatt, Blütenblatt, Fortpflanzungsorgane) herauskristallisiert. Nicht als einzige Möglichkeit. Es können immer auch mehr Bilder, mehr Ansichten sein (Z.B. Entwicklungsstadien)aber als das Minimum zur Charakterisierung der Pflanze.
Das hat sich dann weiterentwickelt. Als Blümchenfotograf kamen dann die Entwicklungsstadien dazu (Knospe, volle Blüte, Samenstand z.B. beim Klatschmohn). Es ist fast nicht möglich mehr als zwei dieser Stadien in einem Bild darzustellen (siehe auch HIER) Mit anderen Motiven kamen dann auch andere Dreierschritte dazu. Bei Skulpturen und bei Architektur der Versuch den Eindruck des Dreidimensionalen über mehrere zweidimensionale Bilder zu vermitteln. Meine Arbeit mit Videogestützter Ganganalyse hat mir gezeigt, dass das menschliche Gehirn aus drei zweidimensionalen einen dreidimensionalen Eindruck mühelos extrahieren kann. Diese Art der Darstellung möchte ich gerne als 3X2D bezeichnen und werde in der Folge möglicherweisen nochmal drauf eingehen.
Last but not least und vielleicht noch nicht das letzte Wort in dieser Sache. Drei-Bild-Geschichten. Man kann mit drei Bildern durchaus einen Zeitvektor andeuten und damit eine Geschichte skizzieren. Das behaupte ich jetzt einfach mal und stelle es zur Diskussion.
Dass ich nicht der Einzige bin der mit diesem Dreier- Gedanken unterwegs ist kann man auch an einer kleinen Sammlung sehen, die ich auf flickr zusammengestellt habe: Tripics.
When dealing with the question of what can be transported / told with pictures, we have so far taken into account single pictures to determine that you are able to convey good moods and feelings but hardly explanations or stories without assistance. In longer series as they are used in reports this is different. Here, the images can support each other and can orbit an object or tell a story, especially if they are additionally supported by text. Harald has contributed each an example for additive series and thoughts about series tending more towards reportages . There is certainly not the last word spoken.
People who follow my pictures on the respective platforms have already noticed (if the medium allows this at all) that I only deliver pictures in triplets. Why that? Another mannerism? Rather an exercise, a discipline that is not only due to the dissatisfaction with the separation of images in the common channels. At the beginning there was a project in the local photo club. We wanted to show domestic early bloomers in a presentation. For me, the three steps context shot(meadow, stream bank or forest floor), portrait of the plant (whole view in a developed stage) and detailed picture (leaf, petal, reproductive organs) has emerged. Not as the only option. There may always be more images, more views (e.g., stages of development) but as the minimum to characterize the plant.
That has then evolved. As a flower photographer next came the stages of development (bud, full bloom, seedling, for example, the poppy). It is almost impossible to show more than two of these stages in one picture (see also here)
With other motives then came other threesome steps. For sculptures and architecture, the attempt to convey the impression of the three-dimensional over several two-dimensional images. My work with video-assisted gait analysis has shown me that the human brain can effortlessly extract a three-dimensional impression from three two-dimensional images. I would like to describe this type of presentation as 3X2D and will probably go into it later.Last but not least and maybe not the last word in this matter. Three-picture stories. With three pictures you can hint at a time vector and sketch a story with it. I’ll only say that now and put it up for discussion.That I am not the only one who is traveling with this triplet thought can also be seen in a small collection that I have put together on flickr: Tripics.
Die Zahl 3 ist natürlich bei uns mit Bedeutung aufgeladen: Dreieinigkeit, dreimalige Verleugnung des Petrus, dreiflügelige Altäre, Geburt-Leben-Tod, Hegels dialektischer Dreischritt, aktuell das Triumvirat der SPD ;-). Daher wirkt das erste Bild auch wie ein Triptychon. Interessant finde ich, dass du zum einen bei den Ansichten eines Objekts den Betrachter in eine phantasierte Bewegung versetzen kannst, die Dreierserie könnte also als Aufforderung zur Beweglichkeit verstanden werden. Zum anderen zeigst du Bewegungen des Dargestellten in der Zeit, also Veränderung, Entwicklung. Da wären wir dann bei Hegel. Oder, um noch eine Überinterpretation hizuzufügen, beim Leben selbst. 🙂 Hm, doch lieber Hannes Wader: So vergeht Jahr um Jahr und es ist mir längst klar, dass nichts bleibt, dass nichts bleibt, wie es war…
Und um den Bogen noch ein wenig weiter zu überspannen. Ich irritiere damit den Apparat, der eigentlich nicht für Trplets gemacht ist sondern für Einzelbilder.
Nicht dass ich mir einbilden würde, dass das außer Dir jemand merkt aber mein Gefühl hat sich vom anfänglichen Frust (da guckt mal wieder kein Schwein) hin
zu einem freudigen `” ..und ich machs trotz alledem” gewandelt.
Ja, zunächst einmal vielen Dank für den erhellenden Text. Ich habe mir die Bilder zu den Entwicklungsstadien bei Pflanzen angeschaut und hatte ein echtes AHAAA!-Erlebnis. Die Bilder hatte ich zwar zum Teil bereits gesehen, aber die Intention des Fotografen habe ich erst erkannt, nachdem ich diesenText gelesen hatte. Die immense Vielzahl der Bilder, mit denen man in allen Lebensbereichen konfrontiert wird zeigt Wirkung. Ich habe so das Gefühl, dass man “gelernt” hat, Bilder nur eindimensional zu sehen – also nur als Punkt, gewissermaßen. Und dieses Blog zeigt mir auch wie mühsam es ist, diese engelernte Sehweise zu ändern oder zu erweitern. Ich werde mich also bemühen, Bilder nicht nur mit den Augen, sondern auch “mit dem Kopf” anzuschauen.
Mir geht es genau so, erst durch den Text ist mir klar geworden wie ich die Bilder zu betrachten
habe. Ist die 3X2D Technik vom Autor entwickelt worden? Mir war diese bisher unbekannt. Ich finde diese sehr interessant und finde, dass diese mehr publik gemacht werden sollte.
Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Also die Frage, ob das wirklich von mir ist, hat mich etwas kalt erwischt. Das würde mir so gefallen. Die Idee, dass drei Ansichten genügen ist eine formale Vorgabe, die ich mir selbst gesetzt habe und man kann an entsprechender Stelle (https://www.flickr.com/photos/rolfnoe/albums/72157679134413108 ) sehen, dass ich nicht besonders streng mit mir selbst bin was die Variationen angeht. Deutlich strenger waren diese Pioniere der dokumetarischen Photographie (https://en.wikipedia.org/wiki/Bernd_and_Hilla_Becher) . Wie man an ein paar Beispielen noch verfügbarer Werke ( http://www.artnet.de/k%C3%BCnstler/bernd-and-hilla-becher/) sehen kann haben Sie neben der strengen Frontalperspektive oft noch andere klar definierte Perspektiven hinzugenommen um einen räumlichen Eindruck der von Ihnen photographierten Industrieanlagen etc. zu ermöglichen.