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Bilder erklären /Explaining Pictures

Kann leider nicht mehr nachvollziehen, aufgrund welcher meiner Aktivitäten ich per Post eine Einladung zu dieser Ausstellung bekommen habe, aber auch auf Instagram hat Torsten Dodillet darauf hingewiesen, indem er einen eigenen Account für diese Ausstellung /dieses Thema  eröffnet hat. Ich erinnere mich gerne an seine Serie beim Foto Herbst 21 in der die grüne Badehose nur im Titel vorkam und an ein paar nette Worte, gewechselt bei der Finissage.

So musste ich mir einfach diese Ausstellung anschauen. Ich war dann sowohl von den Bildern als auch von der Hängung im Weinkeller-Ambiente des Ausstellungsraums des Kunstvereins im MIK in Ludwigsburg beeindruckt.

Begeistert spazierte ich kreuz und quer durch die Ausstellung und schaute mir die Diptychen (Bildpaare) aus allen möglichen Perspektiven an. Allmählich wurde ich auf ein etwas ratlos umherwanderndes älteres Ehepaar aufmerksam. Aus den Konversationsfetzen, die ich heraushörte, würde schnell deutlich, dass sie vergeblich um ein Verständnis des Gezeigten ringen mussten. Das fand ich spannend. Dann wanderte ein dynamischer junger Mann, zack-zack, durch die Ausstellung und erklärte (s)einer Frau bei jedem (!) Bild ganz genau, welche:s Objekt:e darauf zu sehen sei:en. Es gab einfach keine Zeit für eine abweichende Wahrnehmung oder Widerspruch. Und schon waren sie wieder weg. So, dachte ich, kann man die Bilder natürlich auch sehen. Als eine Art Ratespiel, wie in alten Illustrierten das `Rätselphoto´: “Wie heißt das Objekt auf dem Detailphoto?”

Vorn im Vorraum traf ich das Ehepaar wieder. Der Mann ließ gerade frustriert die Kopie der Vernissage-Rede sinken und sagte zu seiner Frau, dass daraus auch nicht viel Erhellendes zu entnehmen sei. Irgendwie kamen wir ins Gespräch und plötzlich fand ich mich in der Rolle des Kunst-Erklärers wieder. Es ginge eben nicht darum, Dinge abzubilden, sondern Linien, Farbflächen und Verteilungen oder Verhältnisse so ins Bild zu setzen, dass sie eine interessante Anordnung gegeben. “Ach ja, und warum diese Doppelbilder?“

Dazu mussten wir noch mal in die Ausstellung zurück, zu den Bildern mit der roten Fläche auf hellem Grund und der hellen Fläche auf rotem Grund (s. o.). Das sei ein einfaches Beispiel, wie die Bilder miteinander in Beziehung treten. Sie sprechen darüber zueinander. Damit hatten wir dann auch den Schlüssel für die Diptychen in der Hand. Die runde Lehne des Plastikstuhls spiegelt die Rundung der vergessenen Langspielplatte; die Aschenbecher auf dem geblümten Tisch wiederholen sich irgendwie in den Flecken auf der grauen Fußbodenfläche (s.o.) und so weiter. Wir gingen natürlich nicht noch mal alle Bilder durch, aber ich konnte inzwischen für fast alle Paare benennen, über welche Aspekte sich die Bilder für mich verbinden. Durch das Erklären wurde mir etwas, was ich vorher vielleicht auch schon wusste, noch mal in einfachen Worten gegenwärtig.

Natürlich muss man nicht alles erklären, aber es hilft doch ein Zugang zu finden.  Michael H. Webster hat einen kleinen Artikel dazu geschrieben, der das Spannungsfeld aufzeigt, zugesteht, dass man Bilder auch ohne Erklärung genießen kann und dann behauptet, dass die Erklärung den Bildern selten etwas wegnimmt, gelegentlich aber etwas sehr Wertvolles hinzufügt. So ähnlich würde ich das auch sehen.

Der Mann blieb bis zum Schluss eher skeptisch, aber die Frau, die anscheinend auch selbst photographiert, sagte zum Schluss, dass sie mal mit ihren eigenen Bildern versuchen werde, wie diese zusammen wirken. Sie hatte zumindest die Idee begriffen. Zwischendurch liefen auch halbwüchsige Mädels durch, die offensichtlich mit den Bildern gar nichts anfangen konnten. Das lag aber daran, dass sie sich an keinem Bild mehr als einen Blick gönnten und das reicht eben nicht für diese Art von Bildern.

Can unfortunately no longer trace, due to which of my activities I have received by snail-mail an invitation to this exhibition, but also on Instagram Torsten Dodillet has pointed out by opening an own account for this exhibition / this theme. I fondly remember his series at Fotoherbst 21 in which the green swimsuit was only in the title and a few nice words, exchanged at the finissage.

So I just had to have a look at this exhibition. I was then impressed both by the pictures and by the hanging in the wine cellar ambience of the exhibition space of the art association in the MIk in Ludwigsburg.

Enthusiastically, I walked criss-cross through the exhibition and looked at the diptychs (pairs of pictures) from all possible perspectives. Gradually, I became aware of an elderly couple wandering around, somewhat perplexed. From the snippets of conversation I overheard, it quickly became clear that they were struggling in vain to understand what was being shown. I found that exciting. Then a dynamic young man wandered, zig-zag, through the exhibition and explained to his/some woman at each (!) picture exactly which:s object:s were to be seen on it. There was simply no time for a deviating perception or contradiction. And they were gone again. So, I thought, one can also see the pictures naturally. As a kind of guessing game, like the photo-riddles in old illustrated magazines: “What kind of object is shown in this detail photo?”

Up front in the anteroom, I met the couple again. The husband just dropped the copy of the vernissage-speech in frustration and told his wife that there wasn’t much enlightening to be gleaned from it either. Somehow we got to talking and suddenly I found myself in the role of the art explainer. It was not about depicting things, but about putting lines, color areas and distributions or ratios into the picture in such a way that they gave an interesting arrangement. “Oh yes, and why these double images?”

For that, we had to go back to the exhibition, to the pictures with the red area on a light background and the light area on a red background (see above). Let this be a simple example of how the images relate to each other. They speak about it to each other. With this, we had the key for the diptychs in our hands. The round back of the plastic chair mirrors the roundness of the forgotten long-playing record; the ashtrays on the flowered table are somehow repeated in the stains on the grey floor surface (see above) and so on. We didn’t go through all the pictures again, of course, but I was able by now to name for almost all the pairs about which aspects the pictures connect for me. By explaining something, which I already knew before in simple words, it became present to me again.

Of course, you don’t have to explain everything, but it helps to find access.  Michael H. Webster has written a small article about this, which shows the tension in this question, admits that you can enjoy images without explanation and then adds the assertion that the explanation rarely takes something away from the images, but occasionally adds something very valuable. That’s pretty much how I would see it.

The man remained rather sceptical until the end, but the woman, who apparently also photographs herself, said at the end that she would try her own pictures to see how they worked together. She had at least grasped the idea. In between, some adolescent girls walked through, who obviously couldn’t do anything with the pictures. But that was because they didn’t allow themselves more than one look at any picture, and that’s just not enough for this kind of pictures.

Translated with the help of www.DeepL.com/Translator

Persönliche Eindrücke aus der Ausstellung, die bis zum 22.3.23 zu sehen sein wird / Personal impressions from the exhibition, which will be on display until 22.3.23

7 Comments

  1. Klaus

    “…dass man Bilder auch ohne Erklärung genießen kann und dann behauptet, dass die Erklärung den Bildern selten etwas wegnimmt, gelegentlich aber etwas sehr Wertvolles hinzufügt. So ähnlich würde ich das auch sehen.”
    Ich auch!

  2. Stefan Brendle

    Die Sinn und Bedeutung betreffende Frage, die sich mir hier freilich sofort stellt: Was tut man bzw. was könnte man tun, indem man Fotos in Zweiergruppen präsentiert, die jeweils durch bestimmte Darstellungsaspekte verbunden sind? Oder konkreter: Was tut man bzw. was könnte man tun, indem man Fotos in Zweiergruppen präsentiert, durch die rote Flächen auf hellem Grund kontrastiert werden mit hellen Flächen auf rotem Grund; oder Rundungen in der einen Darstellung gespiegelt werden in Rundungen der anderen; oder sich bestimmte Formen und Flächen der jeweiligen Darstellungen wiederholen?

    • Rolf Noe

      Ich verstehe es als eine Einladung zu einer Art Spiel. Komm, lass dich drauf ein, entdecke mit meinen Bildern Zusammenhänge, die du sonst vielleicht nicht beachten würdest. Vielleicht verändert oder erweitert es ja deine Wahrnehmungsfähigkeit. Es könnte, wenn es gut läuft, darauf hinauslaufen, Sehgewohnheiten infrage zu stellen oder gar zu verändern. Es könnte im schlimmsten Fall dazu führen, dass man merkt, wie man medial an der Nase herumgeführt wird. Werbung, Propaganda, all das basiert darauf, dass Sehgewohnheiten benutzt werden, um Gefühle in uns auszulösen, die uns in die gewollte Richtung bewegen.

  3. Andreas

    Danke für den Ausstellungsbericht erstmal, und für die gelungene Dokumentation der interessanten Hängung. Und des interessanten Raums.

    Ich habe mir die Dyptichen mal auf der Homepage von Torsten Dodillet angeschaut, da kann man deine Geschichte noch besser nachvollziehen. Bei dem Bild mit den Spülbürsten und den Hinterläufen des Karussellponys musste ich lachen.

    Den Webster habe ich gelesen und der hat mich sehr nachdenklich gemacht. Ich habe selbst schon mehrmals die Erfahrung gemacht, dass ich mutmaßliche Käufer verloren habe, wenn ich auf meiner eigenen Interpretation bestanden habe. Wenn ich die Geheinmisse profan erkläre.

    “I am afraid that there are more people than I can imagine who can go no further than appreciating a picture that is a rectangle with an object in the middle of it, which they can identify.”, schreibt W. Eggleston im Nachwort zum Democratic Forest. Die Frage ist ja, ob man diese Menschen alle dumm sterben lassen will.

    Bei meinen letzten Projekten haben mich bemüht, den Betrachter gewissermaßen mit Botschaft zu erschlagen. Also mit Hinweisen auf eine beabsichtigte Deutung. Manchmal denke ich, das hat einen gegenteiligen Effekt nach sich gezogen.

    Im Augenblick muss ich jedenfalls oft darüber nachdenken, wie viel ich über mein Storytelling erklären will, wenn ich mich beim Fotoherbst bewerbe …

    • Rolf Noe

      Hallo Andreas, ich danke dir für die wertvolle Ergänzung zu meinen Gedanken. Natürlich kann man es auch übertreiben mit den Erklärungen.
      In diesem Falle war ich in der komfortablen Lage, nicht meine eigenen Bilder erklären oder gar verteidigen zu müssen. Und ja, wenn jemand nicht verstehen will, ist der Erklärende machtlos.
      Ich hatte bei deinem Subreal-Projekt tatsächlich den Eindruck, dass du zu viel erklären willst. Für mich war das kein Problem, weil ich verstehen konnte, was du herausstellen möchtest. Aber ich könnte mir auch gut vorstellen, dass es dem einen oder anderen zu viel war. Diesen Aspekt des `zu viel´ hab ich in dem Artikel unterschätzt.

      • Andreas

        “Ich hatte bei deinem Subreal-Projekt tatsächlich den Eindruck, dass du zu viel erklären willst.” Im Nachhinein denke ich fast, ich musste mir das alles selbst erstmal erklären.

        Nachdem ich beim Fotobuch-Workshop die Vokabeln “geschwätzig” und “grafisch” gelernt habe, ist für mich in Hinsicht auf erklärbare Stories eine Welt zusammengebrochen, hinter der aber glücklicherweise am Horizont eine neue sichtbar wird, die vielleicht aufs Erklären verzichten kann.

  4. kopfundgestalt

    Ein eigentlich ungewöhnliches Konzept, diese Bildpaare.
    In der Kunst gab es seit jeher aber auch Zusammenstellungen wie “Van Gogh und die von ihm Beeinflussten”.

    Verführerisch ist es als Besucher, den Raum der Hängung miteinzubeziehen.
    So wird man in jedem Fall Ästhetik erleben, wenn auch die die Ideen und Konzepte dabei zweitrangig werden.

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