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Partizipative Photographie /Participative Photography

Kürzlich bekam ich von Thomas  einen Link zugeschickt. Er schrieb: „diese Doku habe ich bei YouTube gefunden. Ich wusste darüber seit 2020, leider war sie nie öffentlich sichtbar. Jetzt habe ich sie gefunden. Es geht um Ricky Powell. Er starb, 59-jährig, am 1. Februar 2021. In den 1980er Jahren hat er viele Leute fotografiert, weil er Teil der Szene war und weil er immer seine Kamera dabeihatte. Mein fotografischer Mentor, David Alan Harvey, hat [auch] ein Buch über Hip Hop gemacht. Sehr emotional, und doch von außen. Ricky Powell hat das von innen gemacht.“

Obwohl Hip Hop nicht so ganz meine Welt ist, habe ich mir die Doku fasziniert angeschaut. Hier war wirklich jemand, der die Kamera immer dabeihatte, aber eben auch immer zur richtigen Zeit am richtigen Fleck war. Er hat z.B. Andy Warhol zusammen mit Basquiat vor einem Club angehalten und da er Basquiat kannte, haben die beiden sich ganz ungezwungen photographieren lassen. Das erinnert mich etwa an Stephen Shore, der ja, als er noch ganz jung war in Andy Warhols Factory abhing und dort auch Bilder machen konnte, die keinem Außenstehenden je gelingen würden. Das Buch, das Shore dazu gemacht hat, ist ein echtes Zeitdokument.

Aber zurück zu Ricky Powell. Er hat nicht mal ne anständige Website und ich hab keine Ahnung, wer seinen Instagram-account betreibt aber er war damals immer dabei. Ganz intensiv bei den Touren der Beastie Boys. Er war so nah an den Jungs dran, dass er gelegentlich auch der vierte Beastie Boy genannt wurde. Zumindest so lange bis sich die `Boys´ dem Buddhismus  und der `Rickster´ den Drogen zugewandt haben. Die Doku zeigt auch sehr schön, wie er aus dem Sumpf wieder errettet wird und dann bis zu seinem Tod ein wenig von seinem Ruhm genießen kann. Er konnte noch nicht mal besonders gut photographieren, aber da er immer dabei war, ist es ihm gelungen, unvergessliche Momente festzuhalten, die heute zur Kultur-Geschichte der damaligen Gegenkultur dazu gehören.

Nebenbei hat mich Thomas noch auf andere Beispiele dieser speziellen Spielart der Photographie hingewiesen. „Annie Leibovitz ist früh auf Tour mit den Rolling Stones gewesen, auch diese Fotos sind sehr intim. Die Formel hierfür heißt Zugriff. Wenn man Teil der Band, der Community ist, die man fotografiert, gelingen Fotos, die niemand anders machen kann. In der Skateboard Community ist das Ed Templeton.“ 

Zu den Stones kann ich immerhin einen persönlichen Bezug herstellen, auch wenn ich sie nie live gesehen habe, aber da ich mich schon bei meinem ersten Versuch auf ein Skateboard zu steigen, schmerzhaft auf den Steiß gesetzt habe, ist mein Bezug zum Skaten eher geprägt von einer Bewunderung aus der Ferne.

Soweit die Beispiele, die Thomas beigesteuert hat. Ich wollte eigentlich immer schon etwas über Danny Lyon machen, weil ich ihn immer als ein Beispiel engagierter Photographie angesehen habe. Seine Bilder einer Motorrad-Gang  konnten schließlich auch nur entstehen, weil er bereit war mitzufahren und so einen mitfahrenden und keinen von außen beobachtenden Blick zeigen kann. Aber irgendwie habe ich nie so richtig den Bezug dazu herstellen können. Meine Motorrad-Zeit, fiel in die frühen Achtziger und hatte mehr damit zu tun, dass ich nicht genug Geld für ein Auto hatte, sodass ich auch im Winter mit meinem etwas untermotorisierten Zweirad zur Uni gefahren bin.

Natürlich fällt einem in diesem Zusammenhang auch Nan Goldin ein, die zunehmend von einer Zeugin der Subkulturen zu einer gefeierten Künstlerin der Inklusion aufgestiegen ist. Sie wird in Berlin geehrt  und in Arles gezeigt. Zu Recht denke ich, denn Sie hat Themen, die heute ganz hoch im Kurs stehen, angegangen, als noch kaum jemand darüber zu sprechen, geschweige denn Bilder dazu zu zeigen wagte.

Noch eine Subkultur, die mir einfällt und noch ein Photograph, der sich ihr gewidmet hat. Chris Killip, der vor allem mit seiner Reihe über `The Station´ soweit ich es beurteilen kann, das Lebensgefühl der Punks der achtziger Jahre sehr eindrücklich eingefangen hat, so eindrücklich wie das eben geht, mit Bildern. Mit recht dunklen Schwarz-Weiß-Bildern in diesem Fall, was dem Thema ja auch durchaus entspricht.

Vielleicht reicht das ja an Beispielen für etwas, was ich gerne partizipative Photographie nennen würde. Die Liste könnte sicher noch weiter fortgesetzt werden. Was mir ein wenig zu schaffen macht, ist, dass ich als jemand, der sich keiner der genannten Subkulturen zugehörig fühlt, eine Haltung zu diesen Photos einnehme, die trotzdem von außen draufschaut oder reinschaut in die zumeist exklusiven Kreise derjenigen, die nicht im Mainstream inkludiert werden. Ich will nicht sagen, dass mein Blick dadurch voyeuristisch wird, aber es hat schon auch was von einer Faszination, die nicht weit von der Faszination für das Exotische entfernt ist. Bestenfalls könnte ich von Neugierde sprechen, eine Neugierde, irgendwo reinzuschauen, wo man nicht dazu gehört.

Recently I received a link from Thomas. He wrote: “I found this docu on YouTube. I knew about it since 2020, unfortunately it was never publicly visible. Now I found it. It is about Ricky Powell. He died, 59-years-old, on February 1, 2021. He photographed many people in the 1980s because he was part of the scene and because he always had his camera with him. My photographic mentor, David Alan Harvey, [also] did a book on hip hop. Very emotional, yet from the outside. Ricky Powell did it from the inside.”

Although hip hop is not quite my world, I watched the documentary with fascination. Here was really someone who always had the camera with him, but was also just always in the right place at the right time. For example, he stopped Andy Warhol together with Basquiat  in front of a club, and since he knew Basquiat, the two of them let themselves be photographed quite informally. This reminds me of Stephen Shore, who hung out in Andy Warhol’s Factory when he was very young and was able to take pictures there that no outsider would ever be able to take. The book, that Shore made about it, is a real document of the time.

But back to Ricky Powell. He doesn’t even have a decent website and I have no idea who runs his Instagram account  but he was always there then. Very intensely on the Beastie Boys tours. He was so close to the boys that he was occasionally called the fourth Beastie Boy. Only until the `Boys’ turned to Buddhism  and the `Rickster’ turned to drugs. The documentary also shows very nicely how he is rescued from the swamp again and then gets to enjoy a little of his fame until his death. He couldn’t even photograph very well, but since he was always there, he managed to capture unforgettable moments that are now part of the cultural history of the counterculture of that time.

In passing, Thomas pointed me to other examples of this particular style of photography. “Annie Leibovitz went on tour with the Rolling Stones early on, and these photos are also very intimate. The formula for this is called access. When you are part of the band, the community you are photographing, you succeed in taking photos that no one else can. In the skateboarding community, that’s Ed Templeton.” 

I can relate to the Stones personally, even though I’ve never seen them live, but since I painfully sat on my rump the first time I tried to get on a skateboard, my relationship to skating is more one of admiration from afar.

So much for the examples Thomas has contributed. I’ve always wanted to do something about Danny Lyon because I’ve always considered him an example of dedicated photography. After all, his pictures of a motorcycle gang could only be created because he was willing to ride along and thus can show a riding view and not an observing view from the outside. But somehow I have never really been able to relate to it. My motorcycle time, fell in the early eighties and had more to do with the fact that I did not have enough money for a car, so that I drove even in winter with my somewhat underpowered two-wheeler to the university.

Of course, Nan Goldin, who has increasingly risen from a witness to subcultures to a celebrated artist of inclusion, also comes to mind in this context. She is being honored in Berlin and shown in Arles. Rightly so, I think, because she has tackled issues that are very high on the agenda today, when hardly anyone dared to talk about them, let alone show pictures of them.

Another subculture that comes to mind and another photographer who dedicated himself to it. Chris Killip, who, as far as I can tell, has captured the attitude to life of the punks of the eighties very impressively, as impressively as pictures can do, especially with his series about ‘The Station’. With quite dark black and white pictures in this case, which corresponds to the topic quite well.

Perhaps that’s enough examples of what I would like to call participatory photography. The list could certainly go on. What bothers me a bit is that I, as someone who doesn’t feel part of any of the subcultures mentioned, take an attitude to these photos that nevertheless looks at them from the outside or looks into the mostly exclusive circles of those who are not included in the mainstream. I don’t want to say that my view becomes voyeuristic, but it has something of a fascination, which is not far from the fascination for the exotic. At best, I could speak of curiosity, a curiosity to look into somewhere where one does not belong.

 

Translated with the help of www.DeepL.com/Translator

2 Comments

  1. Thomas

    Danke für die Aufnahme dieses Themas in Deinen Blog. Ich finde nicht, dass die Betrachter zu Voyeuren werden, sondern ihnen wird eine Welt geöffnet, die ihnen sonst verschlossen wäre. Diese Einstellung hat mir Ed Templeton näher gebracht, als ich mit ihm über seine Fotos und den Fotos, die Larry Clark (zB Tulsa) gemacht hatte, sprach. Ed wies darauf hin, dass Larry Clark kein Mitglied dieser Community, die er fotografierte, war. Man muss da aber schon sehr genau hinsehen, um die Unterschiede zu erkennen.

    • Rolf Noe

      Du hast wahrscheinlich recht. Der Blick in vorher verschlossene Räume kann auch dazu führen, dass das Verständnis dafür, was darin abgeht, wächst und somit (hoffentlich) auch die Toleranz und das Mitgefühl.

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