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Frühe Experimente /Early Experiments

Faszination Celluloid. Nach dem Tod meines Vaters habe ich jetzt auch seine Negative geerbt und die sind wahrscheinlich interessanter als die Dias, die ich schon länger eingelagert habe. Schließlich stammen die Filme aus der Zeit meiner Kindheit und Jugend. Ein besonderer Fund waren ein paar Schwarzweiß-Filme, die ich so im Alter von 15 bis 18 selbst belichtet hatte. Was mich schwer getroffen hat ist die Erkenntnis, dass ich damals schrecklich schlecht photographiert habe. Vieles ist ohne Aussage, da der emotionale Kontext inzwischen nicht mehr abrufbar ist. Diese herrliche Berglandschaft könnte sonstwo photographiert worden sein. Und selbst wenn ich noch rekonstruieren kann, wo, weiß ich nicht mehr, warum ich draufgehalten und eines der wertvollen Bilder auf dem begrenzten Film verschwendet habe. Es ist eine wilde Mischung aus schlecht belichteten, unscharfen und einigen wenigen mehr oder weniger gelungenen Experimenten. Auf manchen Filmstreifen sind nur ein bis zwei belichtete Bilder drauf.

Mit einem kleinen Filmscanner habe ich das Material gesichert. Das war hilfreich, weil zum Teil eben durch missglückte Transportvorgänge des Filmes Bilder überlappen. Wenn man selbst scannt, kann man auch selbst entscheiden welcher Teilabschnitt die Rettung wert ist. Es war eine Zeit des gemeinsamen Abhängens (wie man es heute nennen würde). Wenn dann eine Kamera dabei war, wurde damit rumgespielt. Meist eher weniger systematisch. Zum Teil spielte der Zufall bei den interessanten Ergebnissen auch eine Rolle.

Fascination Celluloid. After the death of my father, I have now also inherited his negatives and they are probably more interesting than the slides that I have stored for some time. After all, the films are from the time of my childhood and youth. A special find were a few black and white films that I had exposed myself between the ages of 15 and 18. What hit me hard is the realization that I photographed terribly badly back then. Much of it is without meaning, because the emotional context is no longer retrievable. This magnificent mountain landscape could have been photographed anywhere else. And even if I can still reconstruct where, I don’t remember why I held on and wasted one of the precious images on the limited film. It’s a wild mix of poorly exposed, blurred, and a few more or less successful experiments. Some film strips have only one or two exposed images on them.

I used a small film scanner to back up the material. This was helpful, because some of the images overlap due to failed transport processes of the film. When you scan yourself, you can also decide for yourself which section is worth saving. It was a time of hanging out together (as one would call it today). If there was a camera around, we played around with it. Mostly rather less systematically. Partly the coincidence also played a role in the interesting results.

Mein erstes Panorama (ausbelichtet und mit Klebeband zusammengefügt) / My first panorama (exposed and taped together)

Einen Teil eines früheren Triple-Selfies habe ich schon in meinem Beitrag über Elina Brotherus gezeigt.  Zum Teil ging das Experimentieren in der Dunkelkammer meines Vaters weiter; vor allem die Solarisierung oder um ganz exakt zu sein die Pseudo-Solarisation  oder der  Sabattier-Effekt (siehe ganz oben) hat es mir angetan. Für Menschen, die noch nie in einer Dunkelkammer waren, sei erklärt, dass durch eine nicht zu lange Nachbelichtung des belichteten Photopapiers interessante Invertierungen und Lichtsäume auftreten. Das wohl bekannteste Beispiel sind Photos von Man Ray, der diesen von Lee Miller  entdeckten Effekt gekonnt einsetzte.

Aber letztlich war das nur eine Phase in den späten 70er Jahren. Filme von mir gibt es erst wieder aus den 90ern. Da fängt dann die Familie an und damit natürlich auch die Erinnerungsphotographie. Celluloid spielt eine Rolle bis 2004/05 und verschwindet dann komplett in der Euphorie der Digitalisierung.

Dann habe ich noch mal um 2011 bis 2013 Filme belichtet. Damals hauptsächlich aus meiner Begeisterung für alte Kameras heraus. Da gab es mit jedem erbeuteten Schätzchen zwei bis drei Filme zum Testen. In letzter Zeit bekomme ich auch wieder Lust analog zu photographieren bisher noch ohne begeisternde Ergebnisse.

I have already shown a part of an earlier triple selfie in my article about Elina Brotherus.  Part of the experimentation continued in my father’s darkroom, especially the solarization or to be quite exact the pseudo-solarization  or the Sabattier-effect (see above) has done it to me. For people who have never been in a darkroom, it should be explained that interesting inversions and light fringes occur by exposing the exposed photographic paper with some extra light. Probably the best known example are photos by Man Ray, who skillfully used this effect discovered by Lee Miller.

But in the end this was only a phase in the late 70s. There are films of me only again from the 90s. Then the family starts and with it of course also the memory photography. Celluloid plays a role until 2004/05 and then disappears completely in the euphoria of digitization.

Then I exposed films again around 2011 until 2013. At that time, mainly out of my enthusiasm for old cameras. There were two to three films to test with each captured sweetheart. Lately, I also get back the desire to photograph analog, so far without inspiring results.

7 Comments

  1. Klaus

    Das dritte Foto der Reihe zeigt doch viel über die damalige Zeit, weist also über dich als private Person im Bild hinaus. Und du könntest deine damaligen fotografischen Aktivitäten in einem milderen Licht sehen, die damalige Begeisterung ist doch nicht verschwunden sondern hat sich bis heute fort gesetzt!

  2. Stefan Brendle

    Um uns Klarheit über ihre sinnvolle Verwendung zu verschaffen, ein paar erste Überlegungen meinerseits zur Herstellungszeit der thematischen Fotos:

    In den späten 70er und auch frühen 80er Jahren war, was die soziale Welt betrifft, das Gefühl, in einer „hohlen Scheiße“ zu leben, noch nicht derart verdrängt wie heute. Und die Subkultur war kulturindustriell und „verwertungs-mentaliter“ noch nicht komplett verschluckt und besetzt. Es gab noch größere Nischen, in denen man zumindest halbwegs kritisch sprachlich und auch nicht-sprachlich agierte. Die 68er-Revolution schien in Anpassung verpufft und obwohl Marx auch bei oberflächlicher Lektüre als „doppelter“ und damit eben nicht nur als der des „Marxismus“, sondern auch als radikaler Kritiker irgendwie auffallen musste, schien er ziemlich tot und out zu sein. Auf Basis der Lektüre diverser französischer Poststrukturalisten erschienen Vernunft, Rationalität und Subjekt (Person) als Kategorien der „hohlen Scheiße“. Das Freud´sche „Es“ wurde nicht dem Zwang, sondern der Freiheit zugeordnet. Man betrieb eine recht bodenlose Moral- und Normen-Kritik, Marcuse´sche „Lust-Utopie“ und ein hippieeskes „Lust-Konzept“ schienen angesagt und zudem – via drugs – Grenzerfahrungen, die vor allem das durch und durch an seine Sprache gebundene Verhältnis des Menschen zur Welt und sozusagen in letzter Instanz die Wirklichkeit betrafen, an die sich die menschliche Sprache bei ihrer evolutionären Entstehung angepasst haben muss.

  3. Stefan Brendle

    Wie ward das damals (in den späten 70er Jahren)? Fotos wurden aus einem heute vergessenen/nicht mehr nachvollziehbaren emotionalen (affektiven, stimmungsmäßigen?) Zusammenhang heraus hergestellt? Und daraus ergab sich für die Fotos dann eine damals undurchschaute und heute geradezu unmögliche Verwendung? Denn es sind zum einen ja nicht Fotos, die etwas aussagen, sondern Menschen, die damit etwas aussagen, dass sie Fotos (anderen oder auch nur sich selbst) zeigen; und zum anderen ist das bildlich-kommunikative Handeln, worin die Verwendung von Fotos besteht, ja nicht aufs „Aussagen“ beschränkt: Man kann eine Menge tun, indem man Fotos zeigt …

    • Rolf Noe

      Ganz konkret könnte die Frage heißen: “Was mach ich, wenn ich diese alten Bilder hier in diesem Blog benutze?”

  4. Andreas

    Schöne Eindrücke aus der Vergangenheit. Technisch sollte man nicht so streng mit sich sein, war man damals auch nicht. Hauptsache, man kann solche Bilder überhaupt aus irgendeiner Kiste ziehen!

  5. juergenkuester

    Tja, an die Zeit der Solarisation erinnere ich mich auch noch gut. Die Irringen und Wirrungen Deiner fotografischen Entwicklung kann ich gut nachvollziehen. Liebe Grüße, Jürgen

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