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Udopium fürs Volk /Udopium for the People

Als Anerkennung für unser berufliches Engagement für behinderte Kinder haben 50 Mitarbeiter zum 50. Jubiläum der Klinik eine Freikarte zu einem Udo Lindenberg Konzert ergattert. Seine Stiftung hat wohl einige Karten fürs ehrenamtliches und sonstiges Engagement freigesetzt. Bei Preisen ab 77 € ein durchaus großzügiges Geschenk. Dass man dafür gerade mal einen Stehplatz bekommt, habe ich erst dort gemerkt.

Kurz gesagt, ich bin hin, obwohl ich kein ausgesprochener Udo-Fan bin und es war durchaus ein Erlebnis. Weniger die Musik, in weiten Teilen bekannt und ansonsten zu laut, sondern das Niveau, dass so eine Bühnenshow heutzutage haben muss, um überhaupt noch wahrgenommen zu werden hat mich echt geflasht. In die musikalische Performance eingebaut sind Elemente aus Tanz, theatralische Inszenierungen, Revue-Elemente und kabaretthafte Gags. Ganz zu schweigen von Feuerwerks-Elementen, Papierschlangen-Kanonen und Laser-Effekten. Das Publikum darf bei den langsamen Stücken, damit es ihnen nicht langweilig wird, die Handy Taschenlampe schwenken. Und dahinter, die ganze Show von immerhin fast zweieinhalb Stunden begleitend, eine Multimedia-Show auf höchstem Niveau, gespickt mit realen Bühnen-Accessoires, wie dem bühnenhohen Panik-Jet oder der Mondlandefähre, mit der Udo am Anfang auf die Bühne herunterschwebt.

Und die Multimedia Show im Hintergrund hat einiges zu bieten. Sympathisch ist mir, dass das überbreite Format oft in drei normalformatige Bildanteile unterteilt wird, auf denen Fotos, Videos und/oder Live-Bilder von der Bühne oder aus dem Publikum gezeigt worden. Immer passend zum Song manchmal langsam bei den ruhigeren Songs, oft recht schnell wechseln bei den Flotteren. Speziell bei der Udo-Show noch eingebaut, seine Zeichnungen und animierte Szenen seiner Figuren, Futter für die Augen bis zum Abwinken. Schön fand ich, dass dabei auch viel mit historischen Bildern z.B. von der Reeperbahn der 60er Jahre gearbeitet wurde.

In recognition of our professional commitment to children with disabilities, 50 employees were given a free ticket to an Udo Lindenberg concert on the occasion of the clinic’s 50th anniversary. His foundation must have released some tickets for voluntary work and other commitments. With prices starting from 77 € a quite generous gift. That one gets for it just a standing room, I have noticed only there.

In short, I went, although I’m not an outspoken Udo fan, and it was quite an experience. Less the music, in large parts known and otherwise too loud, but the level that such a stage show must have nowadays to be perceived at all has really flashed me. Built into the musical performance are elements of dance, theatrical staging, revue elements and cabaret gags. Not to mention fireworks elements, paper snake cannons and laser effects. The audience is allowed to wave the cell phone flashlight during the slow pieces, so they don’t get bored. And behind it, accompanying the whole show of almost two and a half hours, a multimedia show on the highest level peppered with real stage accessories, such as the stage-high panic jet or the lunar module with which Udo floats down to the stage at the beginning.

And the multimedia show in the background has a lot to offer. I like the fact that the over-wide format is often divided into three normal-format image parts, on which photos, videos and/or live images from the stage or from the audience were shown. Always matching the song, sometimes slowly with the quieter songs, often changing quite quickly with the more snappy. Especially built in with the Udo show, his drawings and animated scenes of his figures, fodder for the eyes to the excess. I found it nice that this was also worked a lot with historical images, e.g. of the Reeperbahn of the 60s.

Unangenehm berührt hat mich die Art, wie man durch solche Reizüberflutungsinszenierungen mitgerissen und überwältigt wird, anstatt argumentativ mitgenommen zu werden. Denn es gab ja durchaus Botschaften, die transportiert werden sollten. Humanismus, Diversität, Engagement gegen Nazis und so weiter – aber eben mit diesem medialen Holzhammer. Das erinnert mich an Nietzsches Abwendung von Wagner, nach der ersten Euphorie für das emotional Überwältigende dieser Musik merkt er recht schnell, dass die Dampfwalze Wagner Richtung Nationalismus, Antisemitismus und Intoleranz unterwegs ist und wendet sich entsetzt ab.

Ich setze mich Wagner deshalb gar nicht erst aus, weil ich weiß, wie man da mit all seinen Sinnen hineingerissen werden kann. Nun möchte ich keineswegs Udo mit Richard vergleichen, aber die Überwältigungsstrategie des Gesamtkunstwerkes bleibt, mit dem Top-Medien-Mix der jeweiligen Zeit inszeniert, dieselbe.

I was unpleasantly touched by the way one is carried away and overwhelmed by such sensory overload stagings instead of being carried along argumentatively. For there were indeed messages that were to be transported. Humanism, diversity, commitment against Nazis and so on – but with this media sledgehammer. This reminds me of Nietzsche’s turning away from Wagner after the initial euphoria for the emotionally overwhelming nature of this music, he quickly realizes that Wagner’s steamroller is heading in the direction of nationalism, anti-Semitism and intolerance and turns away in horror.

I do not expose myself to Wagner at all, because I know how one can be drawn into it with all one’s senses. Now I don’t want to compare Udo with Richard, but the overwhelming strategy of the Gesamtkunstwerk remains the same, staged with the top media mix of the time.

2 Comments

  1. Rolf Noe

    Es sind ja keineswegs junge Leute auf dem Konzert gewesen. Ich nehme an, dass ich nur wenig über dem Altersschnitt lag. Wenn man ein kleines wenig seiner selbst bewußt ist, kann man solchen Versuchen seine Jugendzeit zu reanimieren nur ambivalent gegenüberstehen. Zum einen ist es natürlich ein gutes Gefühl in die Gefühlsstimmungen der eigenen Jugend einzutauchen und zum anderen spürt man aber auch, dass es eigentlich nicht mehr ganz stimmig ist. Manche Musiker und Gruppen bedienen dieses Bedürfnis sich wieder jung zu fühlen, indem sie sich selbst kopieren. Andere entwickeln sich weiter. Udo ist so ein Mittelding, er hat ja durchaus immer wieder neue Sachen gemacht. Andererseits ist es nach einer Jahrzehnte andauernden Karriere auch nicht verwunderlich, dass achtzig Prozent der Songs alt sind.

  2. Cornelia Puk

    Hallo Rolf, sehr interessant, Dein Bericht und Deine Eindrücke dazu! Ich war ewig nicht in einem Pop-Konzert. Dass Kinder sich heute nicht mehr auf längere Sequenzen konzentrieren können ist mir bekannt, oder dass Fernsehfilme so gemacht werden, dass man sich jederzeit reinzappen kann, aber dass man auch Erwachsenen in einem Konzert nicht mehr zutrauen kann, bei ruhigen Stücken innerlich präsent zu bleiben und sie deswegen mit Aktionen bei der Stange hält, das erschüttert mich ein bisschen. O tempora, o mores, wie es bei Asterix heißt. Ich merke, ich werde alt…

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