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Wie ein Profi / Like a Pro

“As an amateur you have an advantage over photographers – you can do as you wish… This should make amateurs the happiest of photographers.” 

>>Andreas Feininger<<

Wie oft wird versucht Photoamateure mit dem Versprechen in mehr oder weniger sinnvolle Tutorials oder Workshops zu locken, sie könnten dort lernen zu Photographieren wie ein Profi. Nicht selten kommt es vor, dass Amateure sich professionelle Kameras kaufen in der Hoffnung dann auch professionelle Ergebnisse abliefern zu können – was oft zu desaströsen Enttäuschungen führt. Aus der Sicht des Amateurs ist die professionelle Fotografie eine Art Eldorado. Die Realität sieht anders, oft deutlich weniger aufregend aus. Ich habe einem alten Bekannten, der auch schon an diesem Blog mitgearbeitet hat und als Beruf Photograph angibt, ein paar Fragen dazu gestellt: 

Rolf: Wenn ich das richtig verstanden habe, arbeitest du vorwiegend für Zeitschriften und andere Printmedien. In welchem Rahmen sind dabei die Aufträge formuliert und wie viel Spiel enthalten sie für kreative Ideen deinerseits?

Bernhard: Das hat sich über die Jahre deutlich verschoben von reinen Auftragsarbeiten hin zu selber recherchierten und produzierten Fotostrecken. Vor dem Hintergrund eines gewissen Erfahrungsschatzes meine ich heute ganz gut zu wissen, was „draußen“ benötigt wird, und wo ich mit welchem Material reüssieren kann. Ich kann auch öfter Projekte bearbeiten, die mich wirklich interessieren. Ein Beispiel aus 2021: Eine Architektin realisierte auf eigentlich unbebaubarem Grundstück am Steilhang unterhalb der Herrenberger Kirche ein Miniwohnhaus. Das war auch wegen der sehr schmalen Zufahrt nur mit einem für Entwicklungsländer produzierten Baukasten-System möglich, bei dem zwei Personen die auf handliche Größe vorgefertigten Komponenten problemlos zur Baustelle transportieren können. Einer Bausparkassenzeitschrift schlug ich das Thema erfolgreich vor, nachdem die deutsch-japanische Familie signalisiert hatte, sich ebenfalls mit ablichten zu lassen („People“ sind bei dem Zielmedium ein Muss). Bei der Umsetzung hatte ich nur gewisse redaktionelle Anforderungen zu beachten (mit Inhalt zu füllende Anzahl der Seiten, ein markanter Aufmacher sollte dabei sein und sowohl Quer- als auch Hochformate), ansonsten freie Hand. 

Vor meinem geistigen Auge füllt sich dann während des Shootings schon das Layout. Auch Platz für die potenzielle Titelzeilen wird mitbedacht. 

Rolf: Wenn man annimmt, dass es ein mehr oder weniger kontinuierliches Spektrum gibt, das vom Handwerker über den Kunsthandwerker bis hin zum Künstler reicht, wo würdest du dich da mit deiner Arbeit einstufen?

Bernhard: Ich denke, da ist von allem etwas dabei. In erster Linie wurden und werden die meisten Fotos, die ich bislang gemacht habe, kommerziell verwertet – in den genannten Zielmedien, beispielsweise aber auch online. Es sind Fotos mit relativ kurzer Halbwertszeit, und bislang war keines dabei, das ich hätte `printen´ und wie ein Kunstwerk an die Wand hängen wollen, obwohl sich bei dem einen oder anderen Motiv vielleicht künstlerische Maßstäbe anlegen ließen. Mein Ziel – und vermutlich das vieler Leser dieses Blogs – ist es, mehr freie Projekte zu bearbeiten. Die können dann gerne auch durchgängig eine gewisse künstlerische Qualität erreichen.  

Rolf: Gibt es in deiner Arbeit Momente, in denen der Spaß am Photographieren oder am Gestalten allgemein stattfindet und wie hat sich das im Laufe deiner Berufstätigkeit entwickelt?

Bernhard: Die Momente haben mit dem Shift zu selbst recherchierten kommerziellen Geschichten deutlich zugenommen. Spaß war aber eigentlich fast immer dabei. Toll, wenn sich zum Beispiel Shootings im Flow zeitlich verdichten, einfach weil man so intensiv bei der Sache ist. Oder wenn man gar nicht mehr aufhören will zu fotografieren, da sich mit dem konzentrierten Sehen das Objekt immer mehr offenbart. Und klar, wenn sich die Ergebnisse gleich auf dem Display checken lassen, ist das was anderes, als wenn man, wie früher, die Rollfilme erst ins Labor bringen und dann ein paar Stunden darauf warten muss. Obwohl das auch einen gewissen Thrill hatte, vor allem, wenn nach der Entwicklung auf dem Zelluloid nichts drauf war.

Rolf: Zum Abschluss wüsste ich noch gerne, wie du zu deiner Ausrüstung stehst. Was ist dir dabei wichtig und was wird allgemein überschätzt?

Bernhard: Bei meinen Jobs bereite ich mich in Sachen Ausrüstung auf jede Eventualität vor. Heißt: Ich nehme eher zu viel als zu wenig mit. Es ist immer ein von der Bedienung her quasi identisches Zweitgehäuse dabei, und es sind immer mehrere Blitze dabei. Sollte ein Gerät streiken, was, toi, toi, toi, äußerst selten vorkommt, ist Ersatz also griffbereit. Auch Akkus sind immer mehr als genug an Bord, ebenso Speicherkarten. Dann kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. (Außer das Wetter macht nicht mit, oder ich stehe irgendwo plötzlich in einem Mega-Stau, oder…) Für denjenigen, der mit Fotografie sein Geld verdient, ist es gut, mit Kameras zu arbeiten, deren Hersteller einen Profiservice bietet. Dann gehen Reparaturen im Fall des Falles deutlich schneller. Fremdobjektive sehe ich in diesem Zusammenhang eher kritisch, denn notfalls muss ich zum Fehlercheck die Kamera-/Objektivkombi einschicken können. Auch streut, meiner Erfahrung nach die Qualität bei diesen Linsen mehr. Meine derzeitige Brennweiten-Range reicht von 12 bis 200 mm (Vollformat). Es sind eher die lichtstärkeren Linsen aus dem Programm des Herstellers. Denn um größere Blenden zu erzielen, wird ein technischer Aufwand betrieben, der sich auch in der sonstigen optischen Performance, z.B. in der Auflösung niederschlägt, die wiederum für bis ins Eck scharfe größere Drucke relevant ist. Ein solches Objektiv kann nicht klein und leicht sein. Im Umkehrschluss heißt das: Ich bin oft mit relativ schwerer Ausrüstung unterwegs. Vollformat ist für mich gesetzt, weil sich mit den Sensoren ein höheren Dynamikumfang bei weniger Rauschen erzielen lässt (für mich z.B. wichtig, wenn ich in Innenräumen bei wenig Licht aus der Hand fotografieren muss). Auch sind fürs Vollformat interessante Tilt-/Shiftobjektive verfügbar. Dies alles ist für speziell meine Arbeit wichtig, mag sich aber für viele Fotografen ganz anders darstellen. Die sind dann selbstverständlich auch beispielsweise mit der tollen APS-C- oder MicroFourThirds-Technik optimal aufgestellt.

How often are amateur photographers lured into more or less useful tutorials or workshops with the promise that they can learn to photograph like a professional. It is not uncommon for amateurs to buy professional cameras in the hope that they will be able to deliver professional results – which often leads to disastrous disappointments. From the amateur’s point of view, professional photography is a kind of Eldorado. Reality looks different, often much less exciting. I asked an old acquaintance, who has also worked on this blog and claims photography as his profession, a few questions about this:

 

Rolf: If I have understood correctly, you work mainly for magazines and other print media. How are the assignments formulated and how much room do they give you for creative ideas?

Bernhard: Over the years, there has been a clear shift from purely commissioned work to photo series that I have researched and produced myself. Against the background of a certain wealth of experience, I think I know quite well today what is needed “out there” and where I can succeed with which material. I can also work more often on projects that really interest me. An example from 2021: An architect realised a mini-residential building on what was actually an unbuildable plot on the steep slope below the Herrenberg church. Because of the very narrow access road, this was only possible with a modular system produced for developing countries, in which two people can easily transport the components, prefabricated to a manageable size, to the building site. I successfully proposed the theme to a building society magazine after the German-Japanese family had signalled that they also wanted to be photographed (“people” are a must with the target medium). In the implementation, I was only limited by the editorial guidelines (number of pages to be filled with content, a striking lead should be included and both landscape and portrait formats).

In my mind’s eye, the layout was already filling up during the shoot. Space for potential headlines is also considered.

 

Rolf: If you assume that there is a more or less continuous spectrum ranging from craftsman to artisan to artist, where would you classify yourself with your work?

Bernhard: I think there is a bit of everything. First and foremost, most of the photos I have taken so far have been and will be commercially exploited – in the target media mentioned, but also online, for example. They are photos with a relatively short half-life, and so far there have been none that I would have wanted to ‘print’ and hang on the wall like a work of art, although artistic standards could perhaps be applied to one or two motifs. My goal – and probably that of many readers of this blog – is to work on more free projects. These can then also reach a certain artistic quality throughout. 

Rolf: Are there moments in your work when the fun of photography or design in general takes place and how has that developed in the course of your professional life?

 

Bernhard: The moments have clearly increased with the shift to self-researched commercial stories. But fun was almost always part of it. It’s great, for example, when shoots become more intense in terms of time, simply because you’re so intensely involved. Or when you don’t want to stop taking pictures because the object reveals itself more and more as you concentrate on seeing it. And of course, when you can check the results immediately on the display, it’s different from having to take the roll films to the lab first and then wait a few hours, as you used to do. Although that also had a certain thrill, especially when there was nothing on the celluloid after development.

 

Rolf: Finally, I’d like to know how you feel about your equipment. What is important to you and what is generally overrated?

Bernhard: In my jobs, I prepare myself for every eventuality in terms of equipment. In other words, I tend to take too much with me rather than too little. I always have a second housing that is almost identical in terms of operation, and I always have several flashes with me. If a unit goes on strike, which, good luck, is extremely rare, a replacement is always at hand. There are always more than enough batteries on board, as well as memory cards. Then nothing can really go wrong. (Unless the weather doesn’t cooperate, or I suddenly find myself in a mega traffic jam somewhere, or…) For those who earn their living with photography, it is good to work with cameras whose manufacturer offers a professional service. Then, if the worst comes to the worst, repairs are much quicker. In this context, I tend to take a critical view of third-party lenses, because if necessary I have to be able to send in the camera/lens combination for a fault check. In my experience, the quality of these lenses also varies more. My current focal length range is from 12 to 200 mm (full format). It tends to be the faster lenses from the manufacturer’s range. Because in order to achieve larger apertures, a technical effort is made that is also reflected in the other optical performance, e.g. in the resolution, which in turn is relevant for larger prints that are sharp to the corner. Such a lens cannot be small and light. Conversely, this means that I often travel with relatively heavy equipment. Full-frame is the choice for me because the sensors allow a higher dynamic range with less noise (important for me, for example, when I have to take hand-held photos indoors in low light). There are also interesting tilt/shift lenses available for full-frame. All this is important for my work in particular, but may be quite different for many photographers. Of course, they are also optimally positioned with the great APS-C or MicroFourThirds technology, for example.

“Photographers — idiots, of which there are so many — say, “Oh, if only I had a Nikon or a Leica, I could make great photographs.” That’s the dumbest thing I ever heard in my life. It’s nothing but a matter of seeing, and thinking, and interest.” 

>>Andreas Feininger<<

Bernhard zu seinen Bildern:

Die beiden Bilder oben sind aus der Herrenberger Serie. Von dem Gebäude hatte ich zuvor nur Handyfotos aus der Bauphase gesehen, wusste also nicht so recht, was auf mich zukommt. Das Haus liegt steil am Hang, mit dem Auto kommt man nicht direkt hin, sondern muss Luftlinie mehrere hundert Meter entfernt parken. Also habe ich versucht zu antizipieren und einen großen Akkublitz nebst zwei kleineren Blitzen in den Rucksack gepackt, separat ein Gehäuse (ein zweites ließ ich im Auto) und zwei Objektive in eine Umhängetasche. Für das linke Foto musste ich dann tatsächlich in den extremen Superweitwinkel gehen, und das rechte wäre ohne starkes Aufblitzen von links (siehe die Schatten) nicht möglich gewesen, da gegen das Sonnenlicht aufgenommen. Zum Glück ließen sich die anfangs sehr zögerlichen Damen des Hauses (erst die Mutter, später auch noch die Tochter) überreden, sich mit ablichten zu lassen. Bis dahin stand die Geschichte auf der Kippe, da `People´, wie gesagt, redaktionsseitig Bedingung waren. 

Das Schwimmbad (ganz oben) war ein Auftrag mit ebenso ungewissem Ausgang. Mir lag ein Foto aus der Sanierungsphase vor, da war nur das von den alten Fliesen befreite Becken zu sehen. Bei der Terminfindung war ich zum Glück mal vom Wetter unabhängig. An einem trüben Tag lud ich morgens das ganze Auto voll mit Blitzen, Stativen, Kameras und Objektiven, und fuhr zweieinhalb Stunden zum Zielort. Dort stellte sich heraus, dass ich nur ein kleines Zeitfenster haben würde, und dass die Blitze wegen der vielen spiegelnden Flächen außen vor bleiben mussten. Auch das zeitlich deutlich aufwändigere vom Stativ arbeiten fiel flach. Da ist dann eine gewisse Erfahrung durchaus hilfreich… Die mehrere Motive umfassende Serie ist in einer derzeit am Kiosk erhältlichen Fachzeitschrift veröffentlicht. 

Bernhard on his pictures:

The two pictures below are from the Herrenberg series. I had only seen mobile phone photos of the building from the construction phase, so I didn’t really know what to expect. The house is on a steep slope, you can’t get there directly by car, you have to park several hundred metres away as the crow flies. So I tried to anticipate and packed a large battery flash and two smaller flashes in my backpack, a separate housing (I left a second one in the car) and two lenses in a shoulder bag. For the photo on the left I actually had to go to the extreme super wide angle, and the one on the right would not have been possible without strong flashing from the left (see the shadows), as it was taken against the sunlight. Fortunately, the ladies of the house (first the mother, later the daughter), who were very hesitant at first, were persuaded to be photographed as well. Until then, the story was on the back burner, as ‘people’ were an editorial condition.

The swimming pool (above) was an assignment with an equally uncertain outcome. I had a photo from the renovation phase, there was only the pool freed from the tiles. Fortunately, I was independent of the weather when it came to finding an appointment. On a gloomy day in the morning, I loaded the whole car full of flashes, tripods, cameras and lenses, and drove two and a half hours to my destination. There it turned out that I would only have a small window of time, and that the flashes had to be left out because of the many reflective surfaces. Working from a tripod, which was much more time-consuming, also fell through. A certain amount of experience is quite helpful… The series, which includes several motifs, is published in a trade magazine that is currently available on the newsstand.

Translated with the help of www.DeepL.com/Translator

2 Comments

    • Rolf Noe

      Ja, richtig! Das läßt sich nicht so ohne weiteres trennen. Aber es ist ja trotzdem interessant, wie sich jemand selbst in diesem Kontinuum einordnet.

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