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Die Zukunft der Photographiegeschichte / The Future of Photo-History

Das Bild zeigt eine Innenansicht des Centre Pompidou in Paris mit den Worten Galerie de photographie in blau

Lange habe ich geschwankt, ob ich mir einen Band der FOTOGESCHICHTE  bestellen soll. Immerhin sind fast 25 Euro ein stattlicher Preis für ein Periodikum.  Aber dann wurde 2020 ein Band zum Thema `Die Zukunft der Fotografie´ angekündigt und da konnte ich, nicht widerstehen, obwohl ich privat eher der Ansicht bin, dass Zeit eine Illusion ist und dass weder die Vergangenheit noch die Zukunft ein guter Ratgeber für Entscheidungen in der Gegenwart sind. Es ist einfach zu spannend, wenn Medien-Historiker sich mal umwenden und in die andere Richtung schauen sollen. Darin sind sich dann auch fast alle Autoren einig, dass auch mit Geschichte und Gegenwart als Kimme und Korn nur ein ungefährer Blick in die Zukunft möglich sein wird, da gerade das Thema Photographie dauernd in Bewegung ist. 

Miriam Szwast (Museum Ludwig, Köln) vergleicht ein Medaillon aus dem 19. Jahrhundert mit dem Smartphone von heute, in dem man auch seine Lieben am Körper trägt.

Steffen Siegel (Museum Folkwang, Essen) formuliert angesichts der so unterschiedlichen `Zeitzonen der Fotografie´ Wünsche an die Fotografie-Forschung und diejenigen Publikationen, die sich ihr widmen.

Franziska Brons (Leuphana Universität, Lüneburg) vergleicht Zukunftsvisionen von früher – wie das `kinetographische Theater´ von Edison – mit unserer Gegenwart, die dabei ist, ihre eigene Zukunft zu überholen.

Stefanie Diekmann (Universität Hildesheim) sieht eine Zukunft darin, die Archive aufzuarbeiten und neu zu präsentieren.

Valentin Groebner (Universität Luzern) weist zu recht drastisch darauf hin, dass die Zukunft der Photographie auch im digitalen Zeitalter im Verschwinden ihrer materiellen Träger eine Grenze findet oder auch die Aufgabe beinhaltet, die Bilder zu retten bevor sie verblassen, unlesbar werden oder in orange verschwinden.

Ulrich Pohlmann (Stadtmuseum, München) fragt sich, ob in ferner Zukunft unsere Zeit vielleicht als bilderarm empfunden wird, weil die Datenträger nicht mehr zu entziffern sind – all die Bilder verschwunden, wie ein Traum am Morgen.

Monika Schwärzler (Webster University, Wien) sieht die Bildproduktion zukünftig zunehmend in dieHand der Automaten übergehen. Der Photograph wird  überflüssig. Überwachungskameras und `streetview´ übernehmen den Job.

Mirjam Brusius (German Historical Institute, London) fragt sich, wie Sammeln und Archivieren sich auf die Zukunft der Photographie-Forschung auswirken werden.

Rolf Sachsse (Hochschule der Bildenden Künste Saar)  ist enttäuscht darüber, wie im `Futurium´ in Berlin die Zukunft der Fotografie inszeniert wird; als Hintergrund für Selfies nämlich.

Rolf H. Kraus (Fotohistoriker, Stuttgart) macht sich Gedanken über die Erhaltung von photographischen Kunstwerken und kommt zu dem Schluss, dass der Verfall der Originale dazugehört; sozusagen ihrem Status als Kunstwerke immanent ist.

Christina Natlacen (Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig) erinnert daran, dass es ein Leben jenseits der Sichtbarkeit gibt.

Ulrich Hägele (Universität Tübingen) sieht im Smartphone den Haupttreiber einer Entwicklung weg vom Betrachten und sich berühren lassen (punctum) hin zum Leben in Bilderströmen.

Katharina Sykora (Kunsthistorikerin, Berlin) wünscht sich, dass die Zukunft der Fotografie auch darin bestehen möge, die Bildwelten vom kolonialen Blick zu befreien und die Diversität im vollen Umfang zuzulassen.

Monika Dommann (Universität Zürich) freut sich daran, dass in einem Dienst, der Bilder vom Smartphone als Postkarten in analoge Briefkästen verbringt die digitale und analoge Welt miteinander korrespondieren.

Burcu Dogramaci (Universität München) wünscht sich eine Zukunft in der gesellschaftspolitische Photographie und Photographie-Forschung einen hohen Stellenwert einnehmen.

Patrick Rössler (Universität Erfurt) sieht in immersiven Szenarien auch eine Möglichkeit, vergangene Welten zu Re-inszenieren. Vorausgesetzt, sie sind so gut dokumentiert, dass man daraus eine virtuelle Umgebung extrahieren kann.

Jens Ruchatz (Universität Marburg) fragt sich, wie sich das Aussterben derjenigen, die Fotografie noch als analoges Verfahren erlernt haben, auf die Bilderwelt auswirken wird.

Cornelia Brink (Universität Freiburg) sucht die Zukunft in einer alten Holzkiste, mit der afghanische Straßen-Photographen Sofort-Bilder für ihre Kunden gemacht haben. Slow photography.

Katharina Schönegg (Kuratorin C/O Berlin) fordert, dass die Forschung der Entwicklung nachgeht, wonach die Fotografie sich immer mehr aus der Sphäre der Erinnerung verabschiedet, um in den Modus der Kommunikation einzutreten.

Babett Forster (Universität Jena)  fragt sich, was sein wird, wenn die sozialen Medien die Museen erobern und die Inhalte dort bestimmen werden.

Enno Kaufhold (Ostkreuzschule, Berlin) beklagt, dass die Einschränkung der Photographie-Freiheit (DSGVO) dazu führen könnten, dass nicht mehr das Leben sondern die Inszenierung des Lebens Inhalt der Fotografie sein wird.

Bernd Stiegler (Lieraturwissenschaftler, Konstanz) vertraut darauf, dass sich die Fotografie immer wieder neu erfinden wird, um ihre Rolle bei der Konstruktion von Wirklichkeiten weiterspielen zu können.

Okay, eigentlich hatte ich vor jedem einzelnen Artikeln ein bis zwei Sätze zu schreiben. Aber es sind einfach zu viele, und wenn einer sich mit meinem eigenen Denken verhakt, werde ich ohnehin einen eigenen Artikel darüber schreiben. Letztlich sind die möglichen Zukünfte der Fotografie genauso vielfältig wie ihre Vergangenheiten und noch diverser als ihre Gegenwart.

I hesitated for a long time whether I should order a volume of FOTOGESCHICHTE. After all, almost 25 € is a handsome price for a periodical.  But then, in 2020, a volume on the topic of ‘The Future of Photography’ would be announced, and I could not resist, although privately I tend to think that time is an illusion and that neither the past nor the future is a good guide for decisions in the present. It is simply too exciting when media historians have to turn around and look in the other direction. Almost all the authors agree, that even with history as a rear sight and the present as a front sight, only an approximate view of the future will be possible, since the subject of photography in particular is constantly in motion. 

Miriam Szwast (Museum Ludwig, Köln) compares a medallion from the 19th century with the smartphone of today, in which one also carries one’s loved ones on one’s body.

In view of the so different ‘time zones of photography’, Steffen Siegel (Museum Folkwang, Essen) formulates wishes for photography research and those publications dedicated to it.

Franziska Brons (University, Lüneburg ) compares visions of the future from the past, such as Edison’s ‘cinetographic theatre’, with our present, which is in the process of overtaking its own future.

Stefanie Diekmann (University Hildesheim) sees a future in processing the archives and presenting them anew.

Valentin Groebner (University Luzern) rightly points out drastically that the future of photography, even in the digital age, finds a limit in the disappearance of its material carriers, or even includes the task of saving the images before they fade, become illegible or disappear into orange.

Ulrich Pohlmann (Stadtmuseum, München) wonders whether in the distant future our time will perhaps be perceived as lacking in images because the data carriers can no longer be deciphered. All the images disappear, like a dream in the morning.

Monika Schwärzler (Webster University, Vienna) sees image production increasingly passing into the hands of automats in the future. The photographer will become superfluous. Surveillance cameras and ‘streetview’ will take over the job.

Mirjam Brusius (German Historical Institute London) wonders how collecting and archiving will affect the future of photography research.

Rolf Sachsse (Hochschule der Bildenden Künste Saar)  is disappointed about how the future of photography is staged in the ‘Futurium’ in Berlin; as a background for selfies, that is.

Rolf H. Kraus (Photohistorian, Stuttgart) reflects on the preservation of photographic works of art and comes to the conclusion that the decay of the originals is part of it; immanent, so to speak, to their status as works of art.

Christina Natlacen (Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig) reminds us that there is life beyond visibility.

Ulrich Hägele (University Tübingen) sees the smartphone as the main driver of a development away from viewing and being touched (punctum) towards living in streams of images.

Katharina Sikora (Art historian, Berlin) hopes that the future of photography will also consist of freeing the visual worlds from the colonial gaze and allowing diversity to its full extent.

Monika Dommann  (University Zürich) is pleased that the digital and analogue worlds correspond with each other in a service that sends pictures from smartphones as postcards to analogue letterboxes.

 Burcu Dogramaci (University Munich) wishes for a future in which socio-political photography and photography research are given high priority.

Patrick Rössler (University Erfurt) also sees immersive scenarios as a possibility to re-enact past worlds. Provided they are so well documented that a virtual environment can be extracted from them.

Jens Ruchatz (University Marburg) wonders how the extinction of those who still learned photography as an analogue process will affect the world of images.

Cornelia Brink (University Freiburg) looks for the future in an old wooden box that Afghan street photographers used to take instant pictures for their customers. Slow photography.

Katharina Schönegg (Curator C/O Berlin)  calls for research into the development that photography is increasingly leaving the sphere of memory to enter the mode of communication.

Babett Forster (University Jena) wonders what will happen when social media conquer museums and determine the content there.

Enno Kaufhold (Ostkreuzschule, Berlin) laments that the restriction of photographic freedom (dsgvo) could lead to a situation in which the content of photography will no longer be life but the staging of life.

Bernd Stiegler (Literature, Konstanz) trusts that photography will always reinvent itself in order to continue to play its role in the construction of realities.

Okay, actually I had intended to write one or two sentences on each article. But there are just too many and if one gets caught up with my own thinking, I’ll write a separate article about it anyway. Ultimately, the possible futures of photography are as diverse as its pasts and even more diverse than its present.

Translated with the help of www.DeepL.com/Translator

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1 Comment

  1. Harald S.

    Das ist ja ein schöner Strauß von Miniaturen! Zwei haben sich spontan mit meinen eigenen Gedenken verhakt, um Deinen Ausdruck zu gebrauchen. Zum einen der von Katharina Schönegg, dass Fotografie dazu tendiert, mehr der Kommunikation anzugehören als der Erinnerung. Ich schätze, das ist dem Medium geschuldet: das mobile Endgerät – wo die meisten Bilder heute ihre kurzlebige Existenz haben – dient nicht als Fotoalbum (höchstens bei der Großelterngeneration: „… und das ist unsere jüngste Enkelin am Tag der Einschulung…“)

    Erinnerung hingegen ist die Sphäre der Archive. Und ich bin gerade dabei, bei mir den „Keller aufzuräumen“, wie man sagt. Ich habe beschlossen, meinen eigenen Bestand an digitalen Bildern zu archivieren. Es ist mühsam, einer Strafarbeit nicht unähnlich. Zum einen ärgert es mich immer, wenn ich ein bestimmtes Bild suche und es nicht finde. Zum anderen habe ich die Ahnung, dass ein gut verschlagwortetes eine zusätzliche Dimension bekommt und ich bin gespannt, was es mir danach zu sagen hat.

    Ansonsten freue ich mich schon darauf Deine „Verhakelungen“ zu lesen, Rolf!

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