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Kann man der Darstellung entkommen? / Can we escape representation?

Das Bild zeigt das innere einer Galerie gesehen durch die vergitteretn Fenster. Das Gitter und die gegenüberliegende Straßenseite spiegeln sich in der Fensterscheibe vor den ausgestellten Bildern

Das Unausdrückbare ist nicht in einem Jenseits, einer anderen Welt oder einer anderen Zeit beheimatet, sondern darin, daß es geschieht, daß etwas geschieht. In der bildenden Kunst ist das Unbestimmte, das Es geschieht, die Farbe, das Bild. Die Farbe, das Bild ist als Vorkommnis, als Ereignis nicht ausdrückbar, und davon hat sie Zeugnis zu geben.

Jean-François Lyotard: Das Erhabene und die Avantgarde. In: Merkur(1984)

Es stand in der Lokalpresse (Pforzheimer Zeitung vom 16.1.2021). Überschrift  “Kapitulation keine Option”. Studenten der Fachhochschule für Gestaltung in Pforzheim hatten eine Ausstellung geplant (15.1.-14.2.2021). In der `Galerie Brötzinger Art´. Und obwohl diese Galerie recht findig ist im Umgehen der Zwangsschließung – noch im Herbst gab es lokale Kleinkunstwerke dort zu sehen und zu kaufen; eine Verkaufsveranstaltung  und deswegen nicht verboten – geht jetzt Anfang 2021 nur noch, dass man durch die Fenster der Galerie von außen reinschauen und so ein Teil der Ausstellung sehen kann (siehe Bilder).

Oder man bedient sich des anderen Fensters, dass man daheim oder unterwegs auf seinem mehr oder weniger mobilen Gerät öffnen kann. Die Gruppe von Studenten, die von der Hochschulprofessorin Silke Helmerding betreut wird hat kurzerhand einen Internetauftritt zusammengestellt der einen, finde ich, recht guten Einblick in das Konzept der Gruppe und die Ausstellung insgesamt erlaubt.

Inklusive eines Video-Rundgangs durch die Galerie, der einen ungefähr das Raumerlebnis dort nachempfinden lässt. Ich bin, ehrlich gesagt, kein Fan der virtuellen Rundgänge mit ihren Verzerrungen und komischen Sichtwinkeln. Daher kommt mir diese Kombi aus Video und Vorstellung der einzelnen gezeigten Bilder (was man in der virtuellen Ausstellung auch gezeigt bekommt, wenn man  auf die Bilder klickt) recht gut entgegen.

Das Motto der Ausstellung  ist: das Universum ist nicht darstellbar. Man bezieht sich auf Jean-Francois Lyotard und – hier beginnt meine Interpretation – benutzt fotografische Verfahren so, dass sie möglichst nicht in den Verdacht geraten etwas darzustellen.

 Markus Feifel Pargas zeigt spannende Muster, die er vermittels Cyanotypie erzeugt hat. Blau gefällt mir.

Konstantyn Koposov fokussiert so, dass man gerade noch zu erahnen meint, was da an seiner Kamera vorbeigehuscht ist. Der tiefere Sinn erschließt sich mir nicht unmittelbar.

Jeaine Pyo hat mit Licht und Chemie Spuren auf Fotopapier hingezaubert. Sehr zart und an abstrakte Aquarelle erinnernd.

 Jasper O’Callaghan zeigt eine extreme Variante der gestischen Fotografie in der nur noch Licht-Spuren zu sehen sind.

Ästhetisch finde ich die Ansätze durchaus ansprechend wenn auch nicht ganz neu. Ich frage mich halt, ob man etwas über die Darstellbarkeit sagen kann, indem man die Darstellung flieht? Was auf jeden Fall gelungen ist, ist die Emanzipation vom Zwang zur Darstellung. Alle benutzen die Phototechnik, um etwas anderes zu machen also etwas darzustellen. Aber was?

It was in the local press (Pforzheimer Zeitung of 16.1.2021).  Headline “Surrender not an option”. Students of the Fachhochschule für Gestaltung in Pforzheim had planned an exhibition (15.1.-14.2.2021). In the ‘Gallery Brötzinger Art’. And although this gallery is quite resourceful in circumventing the forced closure – as late as autumn, local small art works could still be seen and bought there; a sales event and therefore not forbidden – now, at the beginning of 2021, the only way is to look in through the gallery’s windows from the outside and thus see part of the exhibition (see pictures).

Or you can use the other window that you can open at home or on the road on your more or less mobile device. The group of students, supervised by the university professor Silke Helmerding, has quickly put together a website that I think gives a good insight into the group’s concept and the exhibition as a whole.

Including a video tour through the gallery, which gives you a rough idea of the spatial experience there. To be honest, I’m not a fan of virtual tours with their distortions and strange viewing angles. That’s why this combination of video and presentation of the individual pictures shown (which you also get in the virtual exhibition when you click on the pictures) suits me quite well.

The motto of the exhibition is: the universe is not representable. There is a reference to Jean-Francois Lyotard and – this is where my interpretation begins – photographic processes are used in such a way that they are not suspected of representing anything.

 Markus Feifel Pargas shows exciting patterns that he created by means of cyanotype. I like blue.

Konstantyn Koposov focuses in such a way that you can just guess what has scurried past his camera. The deeper meaning is not immediately apparent to me.

Jeaine Pyo has conjured up traces on photographic paper with light and chemistry. Very delicate and reminiscent of abstract watercolours.

 Jasper O’Callaghan shows an extreme variation of gestural photography in which only traces of light can be seen.

Aesthetically, I find the approaches quite appealing, even if they are not entirely new. I just wonder if one can say something about the representability by fleeing the representation? What has succeeded in any case is the emancipation from the compulsion to represent. All of them use photographic technology to do something else, to represent something. But what?

Translated with the help of www.DeepL.com/Translator (free version)

The unrepresentable is not located in a beyond, another world or another time, but in the fact that it happens. In the visual arts the indeterminate, that happens, is the colour, the image. The colour, the image, as an occurrence, as an event is not expressible, and to this it has to bear witness.

Jean-François Lyotard: The Sublime and the Avant-garde. In: Mercury(1984)

4 Comments

    • Rolf Noe

      Ich hab mir jetzt immer mal wieder mehrere Arbeiten von diesem Herren Ostarhild angeschaut und ich werd einfach nicht warm damit. Möglicherweise liegt das daran, dass diese Art des konzeptuellen Arbeitens eher diesen kühlen Eindruck hinterlässt und es kaum schafft auch ein wenig das Herz zu wärmen. Abgesehen vielleicht von den Nadelbäumen, die irgendwo in Berlin mühevoll hochgepäppelt werden um ihre Entwicklung zu medialisieren. Da kann man als Bewohner des Nordschwarzwaldes nur ganz müde lächeln…

  1. Rolf Noe

    So wie das, was Jemand sagt, oft mehr über ihn selbst aussagt als über das worüber er spricht, ist es wahrscheinlich auch in der Kunst. Warum wir denken, dass ein Stückchen Zelluloid oder ein Licht aufzeichnender Sensor die Welt besser einfangen kann als ein in Aquarell ausgeführtes Bild, ein Roman von Salman Rushdie oder ein Klavierkonzert von Beethoven ist sowieso rätselhaft.

  2. gkazakou

    Ich meine, die Nicht-Darstellbarkeit hat mit dem Leben, dem Denken und Fühlen, nicht aber mit der Dingwelt zu tun. Letztere zu verfremden oder zu verwischen, fügt dem Thema nichts hinzu. Natürlich kann es trotzdem, wie du sagst, ästhetisch ansprechend sein.

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