Wir beginnen mal an einem naheliegenden Zipfel, dem `Pays De Haguenau´. Und zwar aus rein sentimentalen Gründen. Dahin führte uns ein kleiner Tagesausflug im July 2018.
Ja, es war ein interessanter Tagesausflug in das für uns nahegelegene Elsass. Ich habe mir gerade nochmals die damals mitgebrachten Fotos angesehen: das Museum von Hagenau, das Schiffshebewerk von Saint-Louis-Arzwiller. Und ich erinnere mich an eine kleine Pause in einem Städtchen auf dem Heimweg, das so herrlich still und stressfrei war – es waren in Frankreich gerade große Ferien. Bedauerlicherweise habe ich die Fotos zwar in einen datierten und beschrifteten Ordner gepackt, aber nicht verschlagwortet. So weiß ich also nicht, wo die schöne zugewachsene Grundstückseinfahrt war, oder die herrlichen Läden aus den 50er-Jahren.
Es gibt dort auch Zuckerrüben-Berge, vertikale Badegelegenheiten, hell blaue Wasserreservoirs und hölzerne Aussichtspunkte. Man erreicht diese wunderlichen Landmarken, indem man im „Atlas des Régions Naturelles“ auf das entsprechende Fleckchen auf der Landkarte tippt und RECHERCHER anklickt.
Diese Karte stellt die vierhundertfünfzig `natürlichen Regionen´ Frankreichs dar, kleine territoriale Einheiten mit oft unbestimmten Grenzen, die sich auf die vorrevolutionäre Geschichte beziehen, also den heutigen administrativen Departements vorausgehen. Aber auch wenn es unmöglich ist, ihre genauen Grenzen nachzuvollziehen, zeichnen ihre geologischen, historischen und kulturellen Grenzen in einer Art mündlicher Tradition die Konturen einer Geografie, deren Lebendigkeit sehr real bleibt. So haben Semur-en-Auxois, Sucy-en-Brie, Bourg-en-Bresse oder Verdun-en-Lauragais in ihrem Toponym den Namen der früheren Region beibehalten, zu der sie gehörten. Der Atlas hat somit auch eine ganz klare politische Richtung, nicht unbedingt zurück in der Zeit aber auf jeden Fall weg von der Globalisierung in der Welt, der Zentralregierung in Paris und den willkürlichen Verwaltungseinheiten der Departements.
Leider sind die Bilder in diesem Atlas nicht individuell verlinkbar. Wir hätten nämlich gerne auf ein paar hingewiesen, die uns besonders beeindruckt haben. Dafür gibt es eine Art Datenbank in der man außer nach Regionen auch nach der Zeit der Aufnahme (ANNÉE), dem Format (CADRAGE), den Jahreszeiten (SAISON) aber auch nach Formen (FORMES), Farben (COULEURS) bestimmten Pictogrammen (PICTOGRAMMES), die sich auf Serien beziehen oder nach thematischen Serien von Bildern(SÈRIES) suchen kann.
Zum Teil kann man die Suchkriterien auch kombinieren, also nach katholischen Kirchen in einer Region suchen, oft geht dieser Weg aber auch in die Irre z.B. wenn es keine Mittelgebirge in der ausgesuchten Region gibt, dann findet die Maschine eben 0 Bilder.
Nun, die beiden Fotografen des „Atlas des Régions Naturelles“ sind gezielt unterwegs, nennen ihre fotografischen Erkundungen Expeditionen und fördern wirkliche Kostbarkeiten zutage. Viele skurrile – Rolf hat das Wort schon benutzt und mir will kein passenderes einfallen – Monumente sind dabei. Materie gewordene Ideen, die teilweise etwas verloren in der Land- oder Ortschaft stehen. Während die Ideen vielleicht schon längst vergessen sind, existieren die Bauwerke weiter und geben nicht selten ein etwas peinliches Zeugnis vom Denken ihrer Erbauer.
Wenn einem die Sucherei zu anstrengend ist, kann man auch nur auf der Hauptseite (https://atlasrn.fr/) eine Auswahl der erwerbbaren Bilder anschauen und sich über die teils extrem skurrilen Funde freuen. Von dort aus kann man sich aber auch über die Stichworte in kleine Sammlungen führen lassen. Z.B. zu Infraskulpturen und anderen Wegrandobjekten, Diskotheken oder verlassenen Tankstellen.
Aber, man wird dem „Atlas des Régions Naturelles“ nicht gerecht, ihn auf Kurioses zu reduzieren. Es ist eine Topologie menschlicher Kreativität einer speziellen sehr französischen Spielart mit deutlichen regionalen Variationen.
Eric Tabuchi und Nelly Monnier sagen zu ihrem Werk:
„Selbst, wenn der Atlas der natürlichen Regionen eine dokumentarische Dimension hat, wenn er mehr auf der Seite der Funktion als der Fiktion steht, betrachten wir ihn als ein künstlerisches Abenteuer, ein Werk von langer Dauer, dessen Zukunft wir ständig improvisieren.“
Die Suchfunktion der Seite ist wirklich herrlich und lädt zum Spielen ein. Wer gelbe Restaurants sucht, oder runde Gebäude wird fündig! Und mir wird dabei deutlich, wie viel Wert eine systematische und gründliche Verschlagwortung eines Archivs hat. Wer weiß, wie lange der Lock Down noch andauert – die Zeit könnte reichen, mein Archiv nachzuarbeiten …
Rolf und Harald
Let’s start at a nearby tip, the ‘Pays De Haguenau’. For purely sentimental reasons. That’s where we went on a little day trip in July 2018.
Yes, it was an interesting day trip to Alsace, which is close by for us. I just looked again at the photos I brought with me: the museum of Hagenau, the ship lift of Saint-Louis-Arzwiller. And I remember a little break in a small town on the way home that was so wonderfully quiet and stress-free – it was just the big holidays in France. Unfortunately, although I put the photos in a dated and labelled folder, I didn’t keyword them. So I don’t know where the beautiful overgrown property driveway was, or the lovely 1950s shops.
There are also sugar beet mountains, vertical swimming pools, bright blue water reservoirs and wooden lookout points. You can reach these whimsical landmarks by tapping on the corresponding spot on the map in the “Atlas des Régions Naturelles”.
This map depicts the four hundred and fifty natural regions of France, small territorial units with often indeterminate boundaries that refer to pre-revolutionary history, i.e. precede today’s administrative departments. But even if it is impossible to trace their exact borders, their geological, historical and cultural boundaries draw, in a kind of oral tradition, the contours of a geography whose vividness remains very real. Thus Semur-en-Auxois, Sucy-en-Brie, Bourg-en-Bresse or Verdun-en-Lauragais have retained in their toponym the name of the former region to which they belonged. The atlas thus also has a very clear political direction, not necessarily back in time but certainly away from globalisation in the world, the central government in Paris and the arbitrary administrative units of the departments.
Unfortunately, the pictures in this atlas cannot be linked individually. We would have liked to point out a few that particularly impressed us. Instead, there is a kind of database in which you can search not only by region, but also by the time the picture was taken (ANNÉE), the format (CADRAGE), the seasons (SAISON), but also by shapes (FORMES), colours (COULEURS), certain pictograms (PICTOGRAMMES) that refer to series or thematic series of pictures (SÈRIES).
Sometimes you can combine the search criteria, i.e. search for catholic churches in a region, but often this way goes astray, e.g. if there are no low mountain ranges in the selected region, the machine finds 0 pictures.
Well, the two photographers of the “Atlas des Régions Naturelles” are specifically on the road, call their photographic explorations expeditions and unearth real treasures. Many bizarre – Rolf has already used the word and I can’t think of a more appropriate one – monuments are included. Ideas that have become matter, some of which stand somewhat lost in the countryside or in the village. While the ideas may have been forgotten long ago, the buildings continue to exist and not infrequently bear somewhat embarrassing witness to the thinking of their builders.
If the search is too tiring for you, you can just go to the main page (https://atlasrn.fr/) and look at a selection of the purchasable pictures and enjoy the sometimes extremely bizarre finds. From there, however, you can also be led to small collections via the keywords. For example, to infrasculptures and other wayside objects, discotheques or abandoned petrol stations.
However, one cannot do justice to the “Atlas des Régions Naturelles” by reducing it to curiosities. It is a topology of human creativity of a special, very French variety with clear regional variations.
Eric Tabuchi and Nelly Monnier say of their work:
“Even if the Atlas of Natural Regions has a documentary dimension, if it is more on the side of function than fiction, we consider it an artistic adventure, a work of long duration whose future we are constantly improvising.”
The site’s search function is truly delightful and invites play. If you’re looking for yellow restaurants, or round buildings, you’ll find what you’re looking for! And it makes me realise how much value a systematic and thorough keywording of an archive has. Who knows how long the lockdown will last – there might be enough time to rework my archive …
Harald and Rolf
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Danke für die Information, eindrucksvolle Dokumentation der Fotografen!
Gerne, es war mir ein Anliegen. In dieser enzyklopädischen Breite würde ich sowas nicht machen wollen und können, aber es ist ja auch eine Anregung das für eine Gegend zu tun wie Du z.B. für die schwäbische Alb.
Froonkreisch Froonkreisch. Danke für den wundervollen Hinweis. Mein nächstes Projekt, so Corona will, führt mich nach Frankreich, und dieser Atlas sieht aus, als wäre er für meine Recherche gemacht, ganz abgesehen von den wirklich sehr guten Fotografien. Da ist viel Inspiration drin.
Harald und ich sind auch begeistert von dem Atlas und seiner Verweisstruktur. Leider waren meine/unsere bisherigen Expeditionen ins Nachbarland eher experimentell und ohne bestimmten Fokus. Das werden wir nächstes Mal sicher anders planen. Natürlich nicht ohne doch auch wieder Raum für unerwartete Entdeckungen zu lassen.