Den Preis hätte ich gerne selbst gewonnen. Die DGPH hatte Mitte letzten Jahres Preise zu `Thinking Photography´ und `Writing Photography´ ausgelobt. Auf Zweiteren hatte ich mich mit diesem Blog beworben, in der Hoffnung, dass nicht nur akademische Texte Chancen haben. Es sollte um Photographie-Vermittlung gehen. Nun bin ich ja nicht nachtragend und werde als guter Verlierer den Gewinner des Preises würdigen. Es ist Stefan Vanthuyne und, so geht es aus der Begründung der Jury hervor, die von ihm maßgeblich gestaltete belgische Seite über Photobücher.
Konkret hat Vanthuyne den Preis für ein E-Mail Interview bekommen, dass er mit Stanley Wolukau-Wanambwa über dessen bei ROMA publiziertes Photobuch „One Wall a Web“ geführt hat. Es ist ein komplexes Projekt, das aus mehreren Bild-Welten und zum Teil collagierten Texten besteht und dessen Entstehung sich über mehr als vier Jahre hingezogen hat, bevor es dann 2018 erschienen ist. Ich kann und werde das Interview nicht darzustellen versuchen. An einer Stelle darin versucht Stanley Wolukau-Wanambwa die komplexen Schwierigkeiten/Chancen bei der Vermittlung von Lebenswirklichkeit und dem Empfinden von Brüchen und Gefahren in dieser zu zeigen. Erstes Paradox ist, dass man seine künstlerisch dokumentarischen Inhalte, die man nun mal leider nicht in die Formate der Massenmedien hinein passen, versucht auf dem Wege des Photobuchs unter die Menschen zu bekommen, obwohl man weiß, dass die gleichen Menschen, die sich mehr oder weniger intensiv damit beschäftigen der Kunstwelt und nicht der Welt angehören, in der die Machtverhältnisse verhandelt und festgeschrieben werden. Zweites Paradox ist, dass man mit so einem Photobuch Bilder zeigt, die davon ausgehen, dass derjenige, dem sie gezeigt werden bereit ist sich auf ein Wagnis einzulassen, dass seine Wahrnehmungswelt verändern könnte. Dazu ist es hilfreich über so viel Meta-Kompetenz und emotionale Intelligenz zu verfügen, dass man seine erste Reaktion auf die Bilder analysieren und einordnen kann.
Hier kommt die Besucherin des Buch-Standes in London ins Spiel von der Stanley Wolukau-Wanambwa erzählt. Sie schaut sich das Buch an und äußert mit zwei Fragen präzise ihre doppelte Skepsis bezüglich der gezeigten Bilder von weißen Frauen in unästhetisch Posen und heruntergekommener Umgebung. Sie fragt zum einen „Warum in aller Welt sollte jemand solche Fotos machen wollen?“ Und sie fragt dann auch „Warum in aller Welt sollte ich mir diese Bilder anschauen wollen?“ In diesen Fragen kommt die Rezeptionshaltung zum Ausdruck, die unterstellt, dass das ästhetisch Angenehme den Photographen zum photographieren motivieren würde. Und, dass der Betrachter Bilder nicht betrachtet, um sich damit auseinanderzusetzen, sondern um sich von den schwierigen Rahmenbedingungen seines alltäglichen Lebens zu erholen.
Das wirft ganz radikal die Frage auf, was uns beim Betrachten der photographischen Bilder eigentlich Spaß macht. Dieser Frage geht der letzte der drei Teile des Interviews nach. Natürlich wird diese Frage aus der Sicht der exklusiven Photobuch-Sammler und -Liebhaber beantwortet. Diese Bemerkungen zu lesen würde deutlich mehr Spaß machen, wenn man auch nur eines der exemplarisch erwähnten Werke kennen würde. Ich gönne Stefan Vanthuyne den Preis aber ich würde mir wünschen, dass Photographie-Vermittlung auch für die normalen ambitionierten Hobbyphotographen etwas hergibt und Sie nicht mit allzu akademischen Erwägungen abschreckt. Ich werde meinen Teil dazu beitragen – auch ohne Preis.
I would have liked to win the prize myself. In the middle of last year, the DGPH offered prizes for ‘Thinking Photography’ and ‘Writing Photography’. I applied for the latter with this blog, hoping that not only academic texts would have a chance. It was supposed to be about photography mediation. Now I am not vindictive and as a good loser I will pay tribute to the winner of the prize. It is Stefan Vanthuyne and, according to the jury’s statement, a Belgian site on photo books, which he was instrumental in creating.
Specifically, Vanthuyne received the prize for an e-mail interview he conducted with Stanley Wolukau-Wanambwa about his photo book “One Wall a Web” published by ROMA. It is a complex project consisting of several image worlds and partly collaged texts, which took more than four years to create before it was published in 2018. I cannot and will not attempt to present the interview. At one point in it, Stanley Wolukau-Wanambwa tries to show the complex difficulties/opportunities in conveying the reality of life and feeling the ruptures and dangers in it. The first paradox is that one tries to get one’s artistic documentary contents, which unfortunately do not fit into the formats of the mass media, to the people by way of the photo book, although one knows that the same people who deal with it more or less intensively belong to the art world and not to the world in which power relations are negotiated and fixed. The second paradox is that with such a photobook, one shows pictures that assume that the person to whom they are shown is prepared to take a risk that could change his or her world of perception. To do this, it is helpful to have enough meta-competence and emotional intelligence to be able to analyse and clasify one’s initial reaction to the images.
This is where the visitor to the book stand in London comes in, the one Stanley Wolukau-Wanambwa tells us about. She looks at the book and, with two questions, precisely expresses her double scepticism about the images shown of white women in unaesthetic poses and run-down surroundings. First, she asks “Why on earth would anyone want to take such photographs?” And she then also asks “Why on earth would I want to look at these pictures?” These questions express the attitude of reception that assumes that the aesthetically pleasing would motivate the photographer to take the picture. And that the viewer does not look at pictures in order to deal with them, but to recover from the difficult conditions of his or her everyday life.
This radically raises the question of what we actually enjoy when we look at photographic images. This question is explored in the last of the three parts of the interview. Of course, this question is answered from the perspective of exclusive photobook collectors and lovers. Reading these remarks would be considerably more fun if one knew even one of the exemplary works mentioned. I don’t begrudge Stefan Vanthuyne the prize but I would like to see mediation of photography also offer something for the ordinary ambitious hobby photographer and not scare you off with overly academic considerations. I will do my part – even without a prize.
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