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Gedanken zu Tourismus und Fotografie / Thoughts on tourism and photography

Arashiyama Bambushain

Die gefürchteten Diashows

„Ich werde Dir die Dias von unserem letzten Urlaub zeigen,“ sagte mein englischer Gastgeber. Ich war damals – sagen wir, freiwilliger Gemeindehelfer – in Ilford, Essex.  „… und ich werde Dich zu Tränen langweilen.“, fügte er lachend an.

Ich vermute, jeder Mensch über 40 Jahren kennt solche Diashows und die damit verbundene Folter. Was den Hobbyfotografen so fasziniert hat, als er den Auslöser seiner Kamera drückte, teilt sich allenfalls seinen damaligen Reisebegleitern mit. Alle anderen bleiben außen vor. „… und das hier ist Ursula auf dem Nebelhorn.“ „Na und?“ denkt der Besuch und hofft, dass die Tortur ist bald vorbei ist.

Warum fotografiert man auf Reisen?

Wer verreist, macht Bilder, und in der Regel macht er die nicht nur für sich selbst. Die Motivation dafür ist vielschichtig. Da ist zunächst der Wunsch nach einer Reiserinnerung. Man möchte aber auch gerne teilen, was man schön findet. Ich erinnere mich an meinen Besuch in der Präfektur Yamanashi, wo ich mitunter die Kamera kaum absetzen wollte – so überwältigt war ich von der schönen Landschaft. Doch Gefühle lassen sich schwer mit Film oder Sensor bannen.

Man möchte gerne zeigen, wo man gewesen ist (Seychellen, die Anden, Kyoto…) und/oder mit dem neuen Equipment angeben: „Das neue 200er 1:2,8 hat einfach eine sagenhafte Auflösung! Schau mal, bis in die Ecken!“ Distinktionsgewinn nennt man so etwas.

Sehen oder Fotografieren?

Dabei ergibt sich für den fotografierenden Touristen ein Dilemma: Erleben oder Fotografieren? Beides gleichzeitig geht eben nicht. Das Fotografieren selbst kann natürlich auch ein Erlebnis sein, aber man fotografiert ja nicht sich beim Fotografieren…

Da helfen Selfiestick und Frontkamera. Ich habe eine Touristin in der Nähe des Berges Fuji bestaunt, die über einen kommentierten Life-Stream die Lieben zu Hause an ihrem Erlebnis teilhaben ließ.

Berühmte Ansichten und ich

Die modernen sozialen Medien bringen eine zusätzliche Dynamik in das touristisch-fotografische Geschehen. Der Instagram-Fluch trifft manche berühmten Plätze ganz heftig. Wenn ein Instagram Promi sich irgendwo ablichtet, zieht das seine Follower in Scharen dorthin und alle machen dasselbe Selfie an der exakt gleichen Stelle. Das kann schon mal größere Schäden in kanadischen Sonnenblumenfeldern anrichten. Das Sonnenblumenfeld zwei Kilometer vom eigenen Zuhause sieht zwar genauso aus, aber es ist eben nicht dasselbe… Auch der wunderschöne Nachbarstrand der Blauen Lagune auf der Fidschi-Insel Nanuya Levu ist für Instagram-Fotos viel weniger interessant als der Original-Drehort des beliebten Kitschfilms aus dem Jahr 1980.

Der Tourist verachtet die (anderen) Touristen

Ich habe den Massentourismus als eine destruktive Kraft empfunden, wenn ich auf Reisen war. Es höhlt meiner Meinung nach die Orte aus, die er in Beschlag nimmt und lässt nur eine leere Hülle zurück. Das spürte ich auch in Bamberg, einer Stadt, die sich ganz dem Musealen verschrieben hat, seit sie sich zum Weltkulturerbe zählen darf.

Mitunter empfinde ich das Verhalten der Touristen als bizarr. Die meisten meiner Mitreisenden kamen am Reiseziel an, besuchten in rascher Folge alle Sehenswürdigkeiten in der Nähe, machten dort Selfies und zogen dann schnell weiter. Ich frage mich, was haben sie gesehen, haben sie überhaupt etwas gesehen oder haben sie nur etwas fotografiert? Sie haben den Beweis auf dem Smartphone, dass sie dort gewesen sind. Aber waren sie das wirklich?

Aber – auch ich war zur gleichen Zeit als Tourist an den gleichen Orten unterwegs, auch ich habe Fotos gemacht, auch ich habe kaum etwas gesehen und bin nach ein paar Tagen wieder weitergereist. Und vermutlich hält sich jeder Tourist für etwas Besseres als seine Mitreisenden, unterstellt sich edlere Motive und bessere Absichten. Das war schon immer so, wie Valentin Groebner in seinem Buch „Retroland“ beschreibt.

Das Fremde ist überall

In China und anderswo gibt es Nachbauten berühmter Orte, etwa Paris mit dem (2/3 kleineren) Eiffelturm, das österreichische Hallstatt oder das Schloss Neuschwanstein. Und viele Menschen machen dort das, was sie auch an den Originalplätzen tun würden – sie fotografieren und machen Selfies – Andenken von einer Reise, die nie stattgefunden hat.

Doch das Fremde gibt es nicht nur in der Fremde. Ich denke da gerade an die schöne barocke Moschee in Schwetzingen oder die vielen japanischen und chinesischen Gärten hierzulande – alles beliebte Fotomotive.

Die Realität allein reicht nicht

Um zum Abschluss nochmal auf die gefürchteten Diashows zurückzukommen. Sie zeigen die Realität, so wie sie der Fotograf erlebt hat. Aber das reicht nicht, um etwas Substantielles zu vermitteln. Die Chronologie ist kein Ersatz für einen Zusammenhang, eine Reise ist kein Ereignis. Daher versuche ich, meine Bilder in den Dienst einer Story zu stellen. Das kann eine sorgfältig ausgewählte thematische Serie sein oder eine Multimedia-Show, in der ich zusätzliche Ebenen von gesprochenem Text, Hintergrundgeräuschen und Musik verwende, um mehr von dem zu vermitteln, was mich auf der Reise bewegt hat.

The dreaded slide shows

“I’m going to show you the slides from our last holiday,” said my English host. I was then – shall we say, community worker – in Ilford, Essex. “… and will bore you to tears,” he added with a laugh.

I suspect every person over the age of 40 is familiar with such slide shows and the torture they entail. What fascinated the amateur photographer so much when he pressed the shutter release of his camera is shared at best with his travelling companions. Everyone else is left out. “… and this is Ursula on the Nebelhorn.” “So what?” the visitor thinks and hopes that the ordeal is soon over.

Why do people take pictures when they travel?

People who travel take pictures, and as a rule they don’t just take them for themselves. The motivation for this is complex. First of all, there is the desire for a travel memory. But you also want to share what you find beautiful. I remember my visit to Yamanashi Prefecture, where I sometimes hardly wanted to put the camera down – I was so overwhelmed by the beautiful landscape. But feelings are difficult to capture on film or sensor. You want to show off where you’ve been (the Seychelles, the Andes, Kyoto…) and/or show off your new equipment: “The new 200 f/2.8 has incredible resolution! Look, right into the corners!” Distinction gain, that’s what it’s called.

Seeing or photographing?

This creates a dilemma for the photographing tourist: experience or photograph? You can’t do both at the same time. The photographing itself can of course also be an experience, but you don’t take pictures of yourself taking pictures…

That’s where the selfie stick and the front camera come in handy. I saw a tourist near Mount Fuji who shared her experience with her loved ones at home via a commented life stream.

Famous views and me

Modern social media brings an added dynamic to the tourist-photographer experience. The Instagram curse hits some famous places quite hard. When an Instagram celebrity photographs themselves somewhere, it draws their followers there in droves and they all take the same selfie in the exact same spot. This can sometimes cause major damage to Canadian sunflower fields. The sunflower field two kilometers from your own home may look the same, but it’s just not the same… The beautiful neighboring beach of the Blue Lagoon on the Fiji island of Nanuya Levu is also much less interesting for Instagram photos than the original filming location of the popular kitsch film from 1980.

The tourist’s contempt for tourists

I have found mass tourism to be a destructive force when I have travelled. In my opinion, it hollows out the places it hogs and leaves only an empty shell. I also felt this in Bamberg, a city that has devoted itself entirely on being a museum since it can count itself a World Heritage Site.

Sometimes I find the behavior of tourists bizarre. Most of my fellow travellers arrived at their destination, visited all the nearby sights in quick succession, took selfies there and then quickly moved on. I wonder what they saw, did they see something or did they just take a picture of something? They have proof on their smartphone that they have been there. But were they really?

But – I too was a tourist in the same places at the same time, I too took photos, I too saw hardly anything and moved on again after a few days. And presumably every tourist thinks he is better than his fellow travellers, assumes nobler motives and better intentions. That has always been the case, as Valentin Groebner describes in his book “Retroland”.

The foreign is everywhere

In China and elsewhere there are replicas of famous places, such as Paris with its (2/3 smaller) Eiffel Tower, Austria’s Hallstatt or Neuschwanstein Castle. And many people do there what they would do at the originals – they take photos and selfies – souvenirs from a trip that never took place.

But the foreign does not only exist abroad. I’m thinking of the beautiful baroque mosque in Schwetzingen or the many Japanese and Chinese gardens in my home country – all popular photo motifs, by the way.

Reality is not enough

To conclude, let’s return to the dreaded slide shows. They show reality as the photographer has experienced it. But that is not enough to convey anything substantial. Chronology is no substitute for context; a journey is not an event. So I try to put my images in the service of a story. This can be a carefully selected thematic series or a multimedia show in which I use additional layers of spoken text, background sounds and music to convey more of what moved me on the journey.

 

Translated with www.DeepL.com/Translator (free version)

3 Comments

  1. wanderlustig

    Natürlich hast du recht. Aber es ist sehr schwer, sich an Orten wie Kyoto, wo es soviel zu sehen und zu erleben gibt, nicht wie ein Tourist zu verhalten. Während meiner Japanreise habe ich zwei Tage in Fukuoka verbracht, wo ich mir kein Programm zurecht gelegt hatte und mich einfach treiben ließ. Es war der authentischste und aufschlussreichste Teil meiner Reise.
    PS: Auf deinem Photo des Bambuswaldes von Arashiyama ist es geradezu leer …

    • Harald S.

      Ja, das stimmt schon, es ist schwer, sich nicht wie ein Tourist zu verhalten, wenn man doch einer ist… Und dennoch halte ich den Tourismus für einer der kulturellen Katastrophen unserer Zeit. Vor allem dort wo er zum Massenphänomen geworden ist. Man kann sich ein Stück weit antizyklisch verhalten, wie Du es in Fukuoka gemacht hast. Es ist immer die Frage, ob man zum Instrument des Mediums wird, das man zu nutzen glaubt.
      Der Bambushain (und Kyoto überhaupt…) so schön.

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