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Körperbilder / Body Images

Manchmal frage ich mich, ob der Welle-Teilchen-Dualismus auch für Leben gleich Bewegung und Bild gleich Zeitpunkt gilt. Das heißt, dass ich entweder Leben und Bewegung in Zeit und Raum erleben oder mir ein Bild davon machen kann. Interessant wird dieser Gedanke, wenn man den Blick nach innen wendet und diejenigen Bilder betrachtet, die sozusagen unter die Haut gehen. Über Röntgenbilder habe ich ja schon geschrieben. Hier kann man die Knochen und damit auch die Gelenke abgebildet sehen, aber nicht welche Bewegung diese Gelenke zu machen imstande sind. Das muss der Arzt aus seiner Erfahrung heraus und aus den klinischen Daten ergänzen. Dieses Dilemma bleibt ein Stück weit, obwohl die Bildgebung immer weiter fortschreitet und zum Teil (z. B. was die Durchblutung von Gehirnarealen angeht) auch physiologische Vorgänge abbilden kann. Das Dilemma ist alt. Schon seit den ersten Leichenöffnungen wurden Strukturen beschrieben. Deren Funktion aber mussten dann dazu gedacht werden.

In meiner eigenen Biografie gibt es nur eine punktuelle Berührung mit der Anatomie. Ein Teil meiner Physiotherapie-Ausbildung. Einen Tag bei den graubraunen Leichen und spannende Einblicke in Muskeln und Sehnen. Die Faszination dieser Blicke nach innen hat erst mal verdeckt, was sich an ethischen Fragen an dieses Zerschnitzeln von Leichen heraus ergibt. Dann, auch noch in meinen Anfangsjahren als Physiotherapeut, kam der Hype mit den plastinierten Leichen des eigenartigen Herrn von Hagen, der sich mit seinem Hut als so eine Art zweiter Beuys inszeniert hat. Auch hier hat die effekthascherische Präsentation uns damals nicht sonderlich gestört als wir mit Kolleginnen einen Betriebsausflug zu den appetitlichen Leichen unternommen haben.

Im digitalen Zeitalter hat sich ein Teil dieser Innenschau ins Virtuelle verlegt. Das “visible human project” hat einen Freiwilligen mit dem MRT in ca. 1800 je 1 mm dicke Scheiben geschnitten, die man sich einzeln oder in schneller Folge einsehen kann. Hier werden so ziemlich alle Körperstrukturen sichtbar, aber ob und wie schnell das Blut fließt oder ob die Lymphe ordentlich Richtung Körpermitte transportiert wird, kann man aus diesem Schichtaufnahmen auch nicht sehen. Hier möchte ich bitte nicht falsch verstanden werden. Der Beitrag, den all diese Bilder zu unserem Verständnis der körperlichen Vorgänge geliefert haben, ist natürlich sehr wertvoll, aber es ist eben nicht das Leben und es beantwortet möglicherweise auch nicht die Frage, warum mir der Rücken weh tut, solange sich auf dem Bild kein Korrelat dafür sich findet. Insofern sind die Bilder vom Inneren auch nicht frei von der Ambivalenz, gleichzeitig objektive Strukturen abzubilden und nicht oder nur indirekt das subjektive Erleben des lebendigen Menschen in den Blick zu bekommen. Ganz zu schweigen von Dingen wie dem eigenen Körperbild oder Körperschema und den damit verbundenen Emotionen wie Stolz/Selbstbewusstsein oder Angst und Scham.

Sometimes I wonder if the wave-particle dualism also applies to life equals motion and image equals time. This means that I can either experience life and movement in time and space or form an image of them. This idea becomes interesting when you turn your gaze inwards and look at those images that get under your skin, so to speak. I have already written about X-ray images. Here you can see the bones and thus also the joints, but not what movement these joints are capable of. The doctor has to supplement this from his experience and from the clinical data. This dilemma remains to some extent, although imaging is advancing more and more and in part (e.g. with regard to the blood flow to areas of the brain) can also depict physiological processes. The dilemma is old. Structures have been described since the first corpse openings. Their function, however, had to be thought of in addition.

In my own biography, there is only a selective contact with anatomy. It was part of my physiotherapy training. One day with the grey-brown corpses and exciting glimpses of muscles and tendons. The fascination of these glimpses inside first obscured the ethical questions that arise from this shredding of corpses. Then, even in my early years as a physiotherapist, came the hype with the plastinated corpses of the strange Mr von Hagen, who staged himself with his hat as a kind of second Beuys. Here, too, the sensational presentation didn’t bother us much when we went on a company outing with colleagues to see the appetising corpses.

In the digital age, part of this introspection has moved to the virtual. The “visible human project” has cut a volunteer with an MRI into about 1800 slices, each 1 mm thick, which can be viewed individually or in quick succession. Almost all body structures are visible here, but whether and how fast the blood flows or whether the lymph is transported properly towards the centre of the body cannot be seen from these slice images either. Please do not misunderstand me here. The contribution that all these pictures have made to our understanding of bodily processes is of course very valuable, but it is not life, and it may not answer the question of why my back hurts as long as there is no correlate for it in the picture. In this respect, the images of the interior are not free of the ambivalence of simultaneously depicting objective structures and not, or only indirectly, getting to grips with the subjective experience of the living human being. Not to mention things like one’s own body image or body schema and the emotions associated with it, such as pride/self-consciousness or fear and shame.

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4 Comments

  1. Klaus

    Vor Jahren hatte ich mal Arbeiten von John Coplans gesehen, er zeigte seine Form der Selbsterforschung des eigenen Körpers. Meine erste Reaktion: Langweilig! Dann begannen die Fotos auf mich zu wirken.

    • Rolf Noe

      Danke für die Ergänzung. Das ist dann schon wieder ein eigenes Thema. Sozusagen die subjektive Seite. Wie sehe ich mich? Was zeige ich von mir? Das sind tatsächlich Fragen, die auch in den Bilder von Copelans implizit gestellt werden. Ich bin erst einmal in Stuttgart in der Staatsgällery mit seinen Bildern konfrontiert worden (siehe Link unten). Mein erste Reaktion war ähnlich: Unverständnis, was soll das jetzt schon wieder? Aber ja in der Auseinandersetzung erschließt es sich dann womöglich…
      https://photo-philosophy.net/wordpress/wp-content/uploads/2022/08/20220226_140402c-scaled.jpg

  2. kopfundgestalt

    Da funktionale Gestalt bis hinein in Makromoleküle zu finden ist, helfen diese Scheiben wenig .
    Man kann die blitzschnelle Faltung dieser Moleküle mittlerweile abbilden, nichtsdestotrotz oder gerade deswegen ist das Mysterium Organismus rätselhaft und unverständlich.

    • Rolf Noe

      Ja, stimmt, man kann inzwischen noch weit tiefer blicken als ich es hier andeuten konnte und weiter raus ins All und wir wissen immer mehr und wir verstehen immer weniger

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