Ich kann mich noch sehr gut an die Zeit erinnern als Andy Goldsworthy bekannt wurde. Es muss so in den Neunzigern gewesen sein. Vor allem sein schon 1967 erschienenes Buch `Holz´, das inzwischen meine große Tochter `geerbt´ hat, hat mich aus nachvollziehbaren Gründen (siehe holzpost) fasziniert. Aber auch die Eisplastiken, die es erforderlich machten, nachts bei bitterlichen Minustemperaturen zu arbeiten, damit man das Werk im Licht der Morgensonne dokumentieren konnte, bevor es den Tagestemperaturen zum Opfer fiel.
Was mir damals nicht so bewusst, oder vielleicht doch einfach nicht so wichtig war, ist die Rolle, die die Photographie bei dieser Kunstgattung spielte und auch heute noch spielt. Ähnlich wie bei `Street Art´ und vergleichbar wie bei `Happenings´ nur krasser ist der Faktor Zeit. Das Werk besteht nur kurz und wenn man es nicht ablichtet, verschwindet es ganz schnell, auch aus dem Bewusstsein. Ganz deutlich wird das bei Goldsworthy mit seinen Würfen. Er wirft z.b. roten Staub in die Luft und der Photograph muss den Moment festhalten, in dem diese einmalige Konstellation von Partikeln sozusagen in der Schwebe verharrt, um dann wieder zu Boden zu fallen. Das wirft auch ein Licht auf die Photographie selbst auf das Festhalten des Moments, auf den Mythos des entscheidenden Moments, der ja heute dank Dauerfeuermodus auch gemütlich danach ausgesucht werden kann.
Ich kann mich noch erinnern, dass ich angeregt durch Goldsworthy einem Strauch, der auf meinem Weg Richtung Wald an der Straße lag, die ganzen Jägermeister Fläschchen, die die vorbeifahrenden Alkoholiker aus dem Fenster geworfen hatten, sorgfältig auf toten Ästen drapiert hatte, um so einen Jägermeister-Baum zu schaffen.
Dann geriet das Ganze in Vergessenheit und wurde erst wieder akut als mein Sohn in der Schule ein Projekt zum Thema “Land Art” machen musste/wollte. Wir sind dann zusammen losgezogen und haben kleine Veränderung an Bäumen oder Felsen vorgenommen. Auch wir mussten/wollten die Ergebnisse unseres kreativen Tuns dokumentieren (siehe oben und unten). Das war dann meine Aufgabe. Das ist nicht zur Lebensaufgabe wurde liegt wohl daran, dass sich neue/andere Herausforderungen anmeldeten und angenommen werden wollten.
Dass ich das Thema jetzt aus der Versenkung geholt habe, liegt daran, dass sich von einem Projekt gelesen habe, wo sich das Verhältnis von Kunst und Dokumentation des Kunstwerkes förmlich umgekehrt hat. Der deutsche Photograph Jörg Gläscher hat, um Bilder mit einer bestimmten Aussage machen zu können ähnliche Manipulationen an der Natur vorgenommen wie Goldsworthy mehr als 20 Jahre vor ihm. Hier aber ist das Kunstwerk nicht die veränderte und sich verändernde Natur, sondern die Photos die dabei entstanden sind.
I can still remember very well the time when Andy Goldsworthy became famous. It must have been around the nineties. Especially his book ‘Wood’, which was published as early as 1967 and which my tall daughter has since ‘inherited’, fascinated me for understandable reasons (see woodpost). But also the ice sculptures, which required working at night in bitterly sub-zero temperatures so that the work could be documented in the light of the morning sun before it fell victim to the daytime temperatures.
What I wasn’t so aware of at the time, or perhaps just didn’t care for, is the role that photography played and still plays in this genre of art. Similar to ‘Street Art’ and comparable to ‘Happenings’, only more blatant is the time factor. The work only exists for a short time and if you don’t photograph it, it disappears very quickly, even from your consciousness. This becomes very clear with Goldsworthy’s throws. He throws red dust into the air, for example, and the photographer has to capture the moment when this unique constellation of particles remains suspended, so to speak, only to fall to the ground again. This also sheds light on photography itself, on capturing the moment, on the myth of the decisive moment, which today, thanks to continuous fire mode, can also be comfortably chosen afterwards.
I can still remember that, inspired by Goldsworthy, I had carefully draped all the Jägermeister bottles that the passing alcoholics had thrown out of the window onto dead branches of a shrub that lay by the road on my way towards the forest, in order to create a Jägermeister tree.
Then the whole thing was forgotten and only became acute again when my son had to/wanted to do a project on “Land Art” at school. We then went out together and made small changes to trees or rocks. We also had to/wanted to document the results of our creative work (see above and below). That was then my task. That it did not become a life task is probably due to the fact that new/different challenges announced themselves and wanted to be taken up.
The reason why I have now brought the subject out of hiding is that I have read about a project where the relationship between art and the documentation of the work of art has literally been reversed. The German photographer Jörg Gläscher, in order to be able to take pictures with a certain message, has carried out similar manipulations on nature as Goldsworthy did more than 20 years before him. Here, however, the work of art is not the altered and changing nature, but the photographs that were taken in the process.
Translated with the help of www.DeepL.com/Translator
Interessant und wunderschön.
Da hast Du recht. Auf der persönlichen Ebene, weil man gern Sachen in Fokus nimmt, die ungewöhnlich sind und auf der großen Ebene, weil wir im Anthropozän leben; vom Menschen unberührte Natur gibt es praktisch nicht mehr, Alles ist eigentlich schon modifiziert und die Photographen beginnen sich auf neue Formen von Land-Art zu konzentrieren wie z.B. idyllische Fischernetzreste am Strand usw.
Eine packende Idee!
Wobei bei meiner Bilderflut, die ich täglich erzeuge, manche Funde auch schon wie komponiert erscheinen.