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Paris Photo

Harald hat sie schon erwähnt, die große Photo-Messe in Paris, wo vor allem mit hochpreisigeren Bildern gehandelt wird. Gut, dass man dieses Jahr auch ohne nach Paris zu reisen, einen Einblick in die feilgebotene Ware bekommen konnte. In den Online Viewing Rooms  gab es sehr interessante `Best of´-Zusammenstellungen der Kurator*innen. Man konnte aber auch die einzelnen Werke nach verschiedenen Kriterien sortiert sichten. Obwohl ich nicht mit der Absicht reingeschaut habe, Bilder zu kaufen, konnte ich einen Blick auf den Preis nicht vermeiden. Das Bild, das ich gerne gekauft hätte, war aber im Bereich von ca. 10000 € angesiedelt, was meine Geldbörse doch schwer belasten würde. Es ist ein Bild von Stéphane Couturier und heißt `La Havanne – mur n° 1´. Es ist ein C-Print, ca. 80 breit und 1 Meter hoch und zeigt eine Reihe von Mauerdurchbrüchen in diesem im Alter changierenden pastelligen türkis, das man sofort mit Havanna assoziiert. Durch die Form der Durchbrüche bekommt das Bild etwas Strukturiertes, fast Abstraktes, obwohl es, naja, nur ein altes Gemäuer zeigt.

Harald has already mentioned it, the big photo fair in Paris, where mainly high-priced pictures are traded. It was good that this year you could get an insight into the goods on sale without having to travel to Paris. In the online viewing rooms there were very interesting ‘best of’ compilations by the curators. But you could also view the individual works sorted by different criteria. Although I didn’t look in with the intention of buying pictures, I couldn’t avoid a glance at the price. The painting I would have liked to buy was in the range of about 10000€, which would have put a heavy strain on my wallet. It is a painting by Stéphane Couturier and is called ‘La Havanne – mur n° 1’. It is a C-print, about 80 wide and 1 metre high, and shows a series of wall openings in that pastel turquoise that changes with age and that one immediately associates with Havana. The shape of the openings gives the picture something structured, almost abstract, although it shows, well, just an old wall.

Bei meinen Streifzügen durch die Viewing Rooms habe ich zwei Photographen für mich entdeckt, die ich vorher nicht kannte und die mich mit ihren Bildern direkt ansprechen. Zum einen ist das Paul Mpagi Sepuya, der mir aufgefallen ist, da er das Thema Photographieren selbst in seinen Bildern reflektiert. Z.B. hockt ein nackter schwarzer Mann in einer ziemlich artistischen Pose auf einer Art Holzblock und schaut durch den Sucher einer auf dem Stativ montierten Kamera. Die Situation ist klar eine Studiosituation, was durch den schwarzen Stoff angedeutet wird, der den Hintergrund weitgehend verdeckt. Hier ist offensichtlich etwas bei der Rollenverteilung im Studio durcheinandergeraten. Der nackte Mann gehört doch vor und nicht hinter die Kamera, oder? Dieses Spiel mit den Rollen, auch den Geschlechterrollen und mit den Hautfarben hat nicht nur mir, sondern auch dreien der sechs Kurator*innen gut gefallen, unter anderem Sarah Meister, die sich früher im MoMa um die Photographie gekümmert hat und die ich anlässlich eines Online-Workshops auf Coursera  kennenlernen durfte. Heute arbeitet sie für Aperture.

During my wanderings through the Viewing Rooms, I discovered two photographers for myself whom I had not known before and whose pictures speak directly to me. The first is Paul Mpagi Sepuya, who caught my eye because he reflects the theme of photography itself in his pictures. For example, a naked black man squats in a rather artistic pose on a kind of wooden block and looks through the viewfinder of a tripod-mounted camera. The situation is clearly a studio situation, which is indicated by the black fabric that largely obscures the background. Obviously, something has got mixed up in the distribution of roles in the studio. The naked man belongs in front of the camera, not behind it, doesn’t he? This play with roles, including gender roles and skin colours, appealed not only to me but also to three of the six curators, including Sarah Meister, who used to be in charge of photography at the MoMA and whom I met during an online workshop on Coursera . Today she works for Aperture.

Der zweite Photograph, der mir vor allem aufgrund seiner sauberen fast surrealen Architekturaufnahmen aufgefallen ist heißt Vincent Fournier. Obwohl es sich um reale Objekte handelt, sind die Bilder sowas von aus der Welt, dass sie sich auch unabhängig vom Kontext genießen lassen.

Seine anderen futuristischen Projekte erinnern ein wenig an die Weltraumbegeisterung von Tom Sachs, der zurzeit in den Deichtorhallen zu sehen ist. Aber wahrscheinlich ist das nur ein erster Eindruck.

The second photographer who caught my eye, especially because of his clean, almost surreal architectural images, is Vincent Fournier. Although they are real objects, the images are so out of this world that they can be enjoyed independently of the context.

His other futuristic projects are somewhat reminiscent of the space enthusiasm of Tom Sachs, who is currently on show at the Deichtorhallen. But that is probably just a first impression.

Auch sehenswert sind der Curiosa Sector. Auf diesen wurde ich durch `blind´ aufmerksam, wo ein paar eindrückliche Beispiele aus dieser Kategorie gezeigt werden.

Peter Truschner weist auf seinem neuesten  `fotolot´auf die Bücher hin, die für den Aperture Award nominiert sind. Mit den Büchern, die auch einen großen Anteil an der Paris Photo haben und deren Preise von ein paar Zehnern bis hin zu ein paar Tausendern variieren können, je nachdem, ob sie neu oder Sammlerware sind, hab ich mich bisher nicht eingehend beschäftigt. Ein Versäumnis, dass ich eines Tages sicher nachholen werde.

Was mir gut gefallen hat, obwohl es bedeutet, dass die Leser dieses Artikels nicht mehr alles nachvollziehen können, was ich geschrieben habe ist, dass die Online Viewing Rooms mit der Messe geschlossen wurden. Die begrenzte Verfügbarkeit bewahrt den Kunstwerken etwas von ihrer Besonderheit.

Also worth seeing is the Curiosa Sector. I became aware of this through ‘blind’, where a few impressive examples from this category are shown.

Peter Truschner points to the books nominated for the Aperture Award on his latest ‘photolot’. I have not yet dealt in depth with the books that also make up a large part of Paris Photo and whose prices can vary from a few tens to a few thousands, depending on whether they are new or collectors’ items. An omission that I will certainly make up for one day.

What I liked, although it means that readers of this article will no longer be able to follow everything I wrote, is, that the online viewing rooms were closed with the fair. The limited availability preserves something of the specialness of the artworks.

11 Comments

  1. Thomas B. / felixfoto01

    Es zeigt sich mal wieder, wenn man den Preis eines Werks nennt, ist das Werk oft nicht mehr relevant. Preise sind wohl greifbarer, als die Emotion, die man erhält, wenn man ein Werk betrachtet.
    Paris Photo. Ich habe mir die Online Version nicht angesehen. Früher war ich vor Ort und habe Leute getroffen, die Ausstellungen in Paris (nicht nur in der Messe) besucht und die Stadt genossen. Das letzte Mal war ich dort, 2015, als der Bataclan überfallen wurde und habe die Nacht auf dem Polycopies Schiff verbracht, weil wir nicht heraus konnten.

    Das Bild mit den Wanddurchbrüchen ist großartig. Allerdings braucht es eine Wand, die dieses Bild auch würdigen kann. Wenn die Wand zu klein ist, fehlt ihm der Raum zu atmen und man würde erdrückt. Eine Eingangshalle wäre vielleicht ein geeigneter Ort. Der Preis für das Bild würdigt auch diesen Umstand. Ausserdem ist eine besondere Leistung ein Foto in dieser Größe zu belichten. Nicht viele Firmen in Deutschland können das.

    Deine Beschreibung der Online Veranstaltung hat mich für einen kurzen Moment in die Zeit zurückversetzt. Vielen Dank. Eine schöne Erinnerung.

    Ich wünsche Dir einen guten Rutsch in ein hoffentlich gesundes und glückliches neues Jahr!

    • Rolf Noe

      Danke. Das wünsche ich Dir auch. Ein neues Jahr in dem wir vielleicht auch wieder ein wenig Reisen können. Ich selbst war zwar schon mehrfach in Paris, aber nicht zur Paris-Photo. Ist sicher ein Erlebnis.
      Die Geschichte mit den Preisen reflektiert ja auch nur noch zum Teil noch den Wert, den der Betrachter dem Werk zumisst, sondern oft eben auch sozusagen eine Wertanlage, eine schicke Art sein Geld zu verstecken oder zu vermehren.

    • Rolf Noe

      Hallo Bernhard

      Ich schau immer mal wieder bei Dir vorbei und bewundere deine Altglasabenteuer. Ich habe eine alte DP2, die ich manchmal mitnehme, wenn ich bei gutem Wetter rausgehe.
      Früher hab ich sie auch gerne beim Langlaufen dabei gehabt. Hast Du eigentlich irgendwo deine Foveon – Erfahrungen zusammengefasst?

  2. Stefan Brendle

    Klar, es liegt nicht am „Wesen der Dinge”, sondern am regelhaften Sprachgebrauch, dass wir etwas, womit nichts dargestellt wird, normalerweise nicht als Bild bezeichnen. Und es steht dir entsprechend frei, ein Stück aus einer dekorativen Tapete auszuschneiden, es in einen Glasrahmen gesteckt an deine Wohnzimmerwand zu hängen und auf die Fragen eines unbedarften Besuchers „Ein Bild?” und „Was stellt es dar?” zu antworten: „Ja, ein Bild. Aber es stellt nichts dar.” Wobei sich freilich dann zumindest mir die Frage stellt, welchen Zweck du damit verfolgst, dass du etwas, mit dem nichts dargestellt sein soll, unbedingt als Bild bezeichnen willst.

    Meine bisherigen kunstgeschichtlichen Recherchen haben ergeben, dass es, was den Darstellungsaspekt betrifft, beim Bilder-Malen in der sog. abstrakten Kunst darum geht, konkrete Gegenstände und Szenen abstrakt bzw. in abstrakten Formen darzustellen, und nicht darum, wider jeden Darstellungszweck mit Formen und Farben zu spielen. Und auch in der sog. gegenstandslosen Kunst wird mit Bildern nicht etwa nichts dargestellt, sondern abstrakte Gegenstände auf abstrakte Weise. Ja, und auch die Vertreter der von dir angeführten minimalistischen Fotografie, würde ich doch sagen, stellen etwas – und damit Gegenstände – dar, wenn auch auf eine Weise, dass es unklar bleibt, um was – um welche Gegenstände – genau es sich hier handelt.

    Zu Kunstwerken im (klein?)bürgerlichen Kunstbetrieb „erhoben”, können Bilder leicht als „mit einem Leben begabt” erscheinen, das ihnen als schlichten Bildern einzig und allein im Gebrauch durch Menschen zukommt; und dies wirkt dann wohl auch als nicht zu unterschätzender Faktor pro der irrwitzigen Preise, die für nicht wenige von ihnen gezahlt werden.

  3. Stefan Brendle

    Na ja, wenn man mit etwas nichts darstellt, dann ist es, würd ich doch sagen, kein Bild, sondern zum Beispiel eine dekorative Tapete. Und was dich am Foto anspricht, scheint mir sein Verständnis als überaus gelungene Darstellung eines mehrfachen Mauerbruchs zu sein; und dass du dir, indem du´s dir daheim an die Wand pinnst, dann so dauerhaft wie symbolisch vor Augen führen könntest, dass ein menschliches Hirn, das sich um kritischen Durchblick bemüht, in der Lage ist, sich auch gegen massivsten Widerstand zu behaupten.

    Übrigens: Welche Besonderheit von (Foto- und sonstigen) Kunstwerken erscheint dir denn so bewahrenswert? Und wogegen? Gegen den Kommerz? Kunstwerk hin, Kunstwerk her, was Fotos betrifft, als Bilder haben sie Bedeutung und Sinn allein im Gebrauch durch Menschen; und es gilt, sich emanzipatorisch mit ihnen auseinanderzusetzen, wie mir scheint, und nicht irgendeine obskure Besonderheit zu bewahren.

    • Rolf Noe

      Was ist dann für dich abstrakte Kunst, wenn `nur´mit Formen und Farben gespielt wird. Sind das keine Bilder? Okay, es sind keine Abbilder, aber Bilder sind´s ja schon. Minimalistischen Photographie z.B. bildet zwar Realität ab, aber so, dass man meist nicht erkennen kann, was gezeigt wird. Das sind ja auch Bilder, oder?
      Und nein ich denke nicht, dass Kunst einen Wert über das hinaus hat, was sie Menschen bedeutet und was Sie bereit sind dafür zu bezahlen. Aber das ist ja schon recht viel.

  4. Stefan Brendle

    10 000 Euro für ein Foto? Und ein Kauf grundsätzlich möglich, wenn auch deine „Geldbörse schwer belastend“?

    Könnte man sagen: Eine quasi traumhafte Entstehung von Kunst im affirmativen Kunstbetrieb, die eine eindimensionale Propagandafunktion verhindert, wird im affirmativen Kunstbetrieb zugleich als entscheidendes Kunst-Qualitätskriterium vorausgesetzt? Und damit letztlich die Unfähigkeit oder Unwilligkeit von Kunst-Produzenten und -Konsumenten zur radikal-kritischen Auseinandersetzung mit sich selbst und der sozialen Welt, in der sie leben?

    Als was genau darstellend wird das Havanna-Foto verstanden? Oder könnte es verstanden werden? Und in Hinsicht auf welche Verwendung? Und ein zur radikal-kritischen Auseinandersetzung unfähiger oder unwilliger Kunst-Konsument: Als was genau darstellend wird er das Foto verstehen? Und in Hinsicht auf welche Verwendung? Und pro seines reduzierten Darstellungs- und Verwendungsverständnisses: Welche Bewertungsaspekte des Fotos vor allem wird er dann hervorheben?

    • Rolf Noe

      Ok, ich geb zu, dass ich nicht wirklich erwogen hab das Bild zu kaufen. Und auch mein Besuch auf dieser Kunstmesse heißt ja nicht wirklich, dass ich in dieser Liga mitspielen kann/will.
      Was die Darstellung angeht, weiß ich nicht warum Du von einem Bild Darstellung erwartest. Zum einen hat es einen sehr dekorativen Aspekt (man könnte es gut in den grünen Saloon hängen, wenn man einen hätte). Und was mich wahrscheinlich angesprochen hat ist dieser Aspekt von Durchblick, vielleicht auch von `mit dem Kopf durch die Wand´, nein gleich durch mehrere Wände. Das Bild erweckt sozusagen eine Assoziation in mir, die aus welchen Gründen auch immer positiv besetzt ist, und das weckt den Wunsch es zu betrachten oder eben auch zu besitzen.

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