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Les Rencontres d’Arles 2022

Ich hab‘s tatsächlich getan. Statt es auf eines der nächsten Jahre zu verschieben, habe ich mich in den Zug gesetzt und bin nach Arles gefahren. Les Rencontres d’Arles, einfach ein weiteres Photofestival? Nein! Eher ein Blick über den Horizont, eine Erweiterung des deutschen oder auch des europäischen Blickes durch die Begegnung mit den Werken von Künstlern aus fast allen Erteilen.

Natürlich war durch den späten Zeitpunkt meines Besuches (Das Festival geht von Anfang Juli bis Ende September) schon ein wenig der Schwung raus. So waren einige Ausstellungen schon wieder abgebaut. Aber das Festival ist so umfangreich, dass ich in den drei Tagen, die ich da war, gar nicht noch mehr Ausstellungsbesuche hätte unterbringen können. Auch so habe ich ca. zehn Ausstellungen pro Tag gesehen und ca. 15 km zurückgelegt. Das Schöne an Arles ist, dass man sich, wann immer man eine Auszeit braucht, irgendwo in ein Café oder Bistro setzen und so lange in der Sonne auftanken kann, bis man wieder bereit ist Neues aufzunehmen.

I actually did it. Instead of putting it off until one of the next years, I got on the train and went to Arles.

Les Rencontres d’Arles, just another photo festival? No! Rather a look over the horizon, a broadening of the German or even the European view through the encounter with the works of artists from almost all parts of the world.

Of course, due to the late timing of my visit (the festival runs from the beginning of July to the end of September), the momentum was already a little bit gone. Some exhibitions had already been dismantled. But the festival is so extensive that I would not have been able to fit in more exhibition visits in the three days I was there. Even so, I saw about ten exhibitions per day and covered about 15 km. The nice thing about Arles is that whenever you need a break, you can sit down somewhere in a café or bistro and recharge your batteries in the sun until you are ready to take in something new again.

Abgesehen von den üblichen Sehenswürdigkeiten in Arles (Reste vom Amphitheater und Römischem Zirkus sowie die Arena) zog es mich zu den Orten an denen es während des Sommers besonders gebündelt Ausstellungen  zu sehen gibt. Aber letztlich waren die Ausstellungen  über das ganze Stadtgebiet verteilt.

Am „Place de la Republique“ gab es zum einen die Ausstellung mit Bildern von Babette Mangolte über Tanz und Tanztheater. Eine schöne Gelegenheit, über Bewegung und das Einfrieren von Bewegung zu meditieren. Gegenüber eine umfangreiche, aber wenig erbauliche Ausstellung mit Bildern aus dem Archiv des roten Kreuzes in Genf und im Kloster Saint Trophisme unter anderem eine der interessantesten Ausstellungen mit Werken von Arash Hanei/Morad Montazami, einem Team aus Photograph und Berater/Kurator, die z.B. ausgehend von dem Kristallisationspunkt eines aufgelassenen, sternförmigen Beton-Baukomplexes in Ivry sur Seine eine ganze Multimedia-Präsentation rund um die Frage, wie wir Städte wieder bewohnbarer machen können entspinnen. Einzelbilder, Videos von einem Parcours-Akrobaten und einer Tänzerin, die sich in den menschenleeren Räumen bewegen, ein Dialog zwischen zwei Avataren, eine holographische Darstellung der Architektur usw. vermitteln einem eine guten Eindruck davon, was hier zur Debatte steht.

Apart from the usual sights in Arles (remains of the amphitheatre and Roman circus as well as the arena), I was drawn to the places where exhibitions are particularly concentrated during the summer. But in the end, the exhibitions were spread all over the city.

At the “Place de la Republique” there was an exhibition with pictures by Babette Mangolte about dance and dance theatre. A nice opportunity to meditate on movement and the freezing of movement.

Opposite, an extensive but not very edifying exhibition of images from the archives of the Red Cross in Geneva, and in the Saint Trophisme monastery, among others, one of the most interesting exhibitions with works by Arash Hanei/Morad Montazami, a team of photographer and consultant/curator, who, for example, starting from the crystallisation point of an abandoned, star-shaped concrete housing complex in Ivry sur Seine, develop an entire multimedia presentation around the question of how we can make cities more habitable again. Individual images, videos of a course acrobat and a dancer moving around the deserted spaces, a dialogue between two avatars, a holographic representation of the architecture, etc. give you a good idea of what is at stake here.

In der „Croissiere“ schlägt das Herz der Arler Photowelt. Hier finden auch in der Eröffnungswoche Podiumsdiskussionen und Vorführungen ausgewählter Präsentationen  von Bild-Künstlern statt. Einige davon konnte man noch in einem Raum des sehr weitläufigen Gebäudes sehen. Es gibt so viele Ausstellungen, dass man aufpassen muss nichts Wichtiges zu übersehen. Erwähnen möchte ich die, in der von den beiden Kurator:innen „Untitled Duo“ kuratierten Ausstellung „Si un arbre tombe dans une foret“ (Wenn ein Baum in einem Wald umfällt) zusammengestellten internationalen Künstler, die jede:r auf seine:ihre Art Photographie benützt, um `Dinge´ sichtbar zu machen, die keine Dinge sind, sondern Gedanken, Empfindungen, Obsessionen, Auseinandersetzungen mit den eigenen Wurzeln etc.

The heart of the Arles Photoworld beats in the “Croissiere”. This is also where panel discussions and screenings of selected presentations by visual artists will take place during the opening week. Some of them could still be seen in one room of the very spacious building. There are so many exhibitions that you have to be careful not to miss anything important.

I would like to mention the exhibition “Si un arbre tombe dans une foret” (When a tree falls in a forest), curated by the two curators “Untitled Duo”, which brings together international artists who each use photography in their own way to make visible ‘things’ that are not things but thoughts, sensations, obsessions, preoccupations with one’s own roots, etc.

Standbild aus „Exhumation. En Dialogue“ (2017) von Belinda Kazeem-Kaminski  / Still from „Unearthing. In Conversation“ (2017) by Belinda Kazeem-Kaminski

Im „Monoprix“, einem riesigen Supermarkt gibt in einem rundum Beton-Ambiente verschiedene Polyptychen von Lukas Hoffmann zu sehen.

Daneben aber auch  eine von Kathrin Schönegg kuratierte Ausstellung verschiedenster Künstler, die sich mit den Wolken/der Wolke (Cloud) beschäftigen. Diese Ausstellung war wohl auch schon in Berlin im C/O zu sehen und es wäre schön, wenn sie auch noch an andern Orten auftaucht. So interessant, dass ich evtl. nochmal gesondert darauf eingehen werde.

In the “Monoprix”, a huge supermarket, various polyptychs by Lukas Hoffmann  can be seen in an all-round concrete ambience.

In addition, there is an exhibition curated by Kathrin Schönegg of various artists who deal with clouds. This exhibition was probably already on show in Berlin at the C/O and it would be nice if it were to appear at other venues as well. It’s so interesting that I might go into it again separately.

Auf dem „LUMA-Gelände“ in dem von Frank Gehry gestalteten Turm gibt es eine Retrospektive zu James Barnor einem Photographen aus Ghana, der in den siebziger Jahre auch einige Jahre in London photographiert hat. Auch spannend mal nicht was Neues, sondern etwas bisher noch nicht sichtbares präsentiert zu bekommen. In der großen Maschinenhalle dann eine große Ausstellung über „Eine feministische Avantgarde“. Sehr spannende und zur Diskussion anregende Zeitdokumente aus den siebziger Jahren, auf die ich vielleicht nochmal zurückkommen werde.

On the “LUMA site” in the tower designed by Frank Gehry, there is a retrospective on James Barnor, a photographer from Ghana who also spent several years photographing in London in the 1970s. It was also exciting to be presented not with something new but with something that had not been seen before. In the large machine hall there was a large exhibition on “A feminist avant-garde”. Very exciting and discussion-stimulating contemporary documents from the seventies, which I might come back to again.

Am Bahnhof Ist ein Lagerhaus zur Ausstellungshalle „Ground Control´ umgebaut. Statt Air Conditioning stehen riesige Ventilatoren in den Räumen, um ein wenig zu kühlen. Interessant hier die von Ravi Agaval zusammengestellte Vorstellung von Künstlern aus dem Mittleren Osten und dem indischen Subkontinent. Die Ausstellung heißt „Imagined Documents“ und die Künstler spielen mit dem Begriff des Dokumentarischen, erfinden Welten, projizieren Bilder auf Menschen (Krishen Khanna), collagieren Erinnerungen (Yamini Najar, Sukanya Gosh), Re-inszenieren historische Ereignissen (Azadeh Akhlangi), inszenieren Alltagsszenen im Djungel (Sharbendu De) oder auf den Straßen der Großstadt (Bani Abidi)  und bauen Räume (Dia Mehta Bhupal) um das dann zu photographieren und zu präsentieren. Und damit sind noch nicht mal Alle Künstler genannt.

At the railway station, a warehouse has been converted into an exhibition hall called ‘Ground Control’. Instead of air conditioning, there are huge fans in the rooms to cool things down a bit. Interesting here is the presentation of artists from the Middle East and the Indian subcontinent put together by Ravi Agaval. The exhibition is called “Imagined Documents” and the artists play with the concept of the documentary, invent worlds, project images onto people (Krishen Khanna), collage memories (Yamini Najar, Sukanya Gosh), re-stage historical events (Azadeh Akhlangi), stage everyday scenes in the jungle (Sharbendu De) or on the streets of the big city (Bani Abidi) and build spaces (Dia Mehta Bhupal) in order to photograph and present them. And that’s not even all of the artists.

11 Bilder aus der Serie „Imagined Homelands“ (2018-2019) von Sharbendu De. Die Dschungel-Bilder beziehen sich auf die Mythen eines, im Dschungel zwischen Indien und Myanmar lebenden, Stammes den `Lisu´. / 11 images from the series “Imagined Homelands” (2018-2019) by Sharbendu De . The jungle images refer to the myths of a tribe living in the jungle between India and Myanmar, the ‘Lisu’.

Aber auch im Sommer-Park (Bruno Serralongue über die `Water Protectors´ von Standing Rock), in Kirchen  (Susan Meiselas & Marta Gentolucci mit ihren Videoinstallation `Cartographies du Corps in der Èglise Saint-Blaise) und an vielen anderen Stellen (Lee Miller Retrospektive in der `Espace Van Gogh´)  in der Stadt kann man bis zum 25.9. Ausstellungen anschauen, in Galerien reinschnuppern oder Photographie als Street Art bewundern. In diesem Zusammenhang fällt mit ein, dass es möglicherweise ein kleiner Kommentar von Thomas zu meinem oben verlinkten Artikel gewesen sein könnte, der in mir den Wunsch geweckt hat, mal nach Arles zu fahren.

Nächstes Jahr wieder?

But also in the summer park (Bruno Serralongue on the ‘Water Protectors’ of Standing Rock), in churches (Susan Meiselas & Marta Gentolucci with their video installation ‘Cartographies du Corps’ in the Èglise Saint-Blaise) and in many other places (Lee Miller retrospective in the ‘Espace Van Gogh’) in the city you can see exhibitions until 25.9. in galleries, or admire photography as street art.

In this context, it occurs to me that it might have been a small comment by Thomas on my above-mentioned article that awakened in me the desire to go to Arles.

Again, next year?

4 Comments

  1. Gerhard

    10 Ausstellungen am Tag?!
    Ich meisterte vor Jahren mal etwa 12 in 5 Tagen.
    Ich glaube nicht, dass ich die Kondition hätte, unabhängig vom jeweils gezeigten.

    • Rolf Noe

      Zum einen hab ich immer Pausen gemacht (Café, Pastis, Bière) zum anderen habe ich mich gezwungen, mir zu jeder Ausstellung Notizen zu machen. Und die Ausstellungen sind unterschiedlich groß. Manchmal nur ein oder zwei Räume. Trotzdem war das viel und will natürlich auch verarbeitet werden. Da kommt sicher noch das eine oder andere, was mir hier berichtenswert erscheint.

    • Rolf Noe

      Sagen wir mal so: man möge 1-2 Stunden extra einplanen und sich beim Buchen der Fahrt nicht auf die DB verlassen. Außerdem ist es nervig, in Paris von der Gare de l’Est zur Gare de Lyon zu kommen. Aber die TGVs sind sehr schnell. Von Karlsruhe nach Arles ca. 8 Std.

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